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Unions-Haushaltsexperte Austermann legt
Finanzminister Eichel Rücktritt nahe

27. Apr 07:31


Dietrich Austermann, CDU: `Eichel ist für den Posten des Finanzministers völlig ungeeignet`
Foto: ddp

Unions-Haushaltsexperte Austermann hat die Haushaltspolitik von Finanzminister Eichel scharf kritisiert. Eichel stehe vor einem «Scherbenhaufen», am besten nehme er seinen Hut, sagte der CDU-Politiker der Netzeitung.



Von Dietmar Neuerer
Die Weigerung von Finanzminister Hans Eichel (SPD) angesichts anhaltender Haushaltsrisiken in Milliardenhöhe keine Gegenmaßnahmen zu ergreifen, ist von der Union scharf kritisiert worden. «Ich finde es unglaublich, wie die Lage ignoriert wird», sagte der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dietrich Austermann, der Netzeitung. «Entweder Eichel ändert seine Politik oder er nimmt seinen Hut», sagte der CDU-Politiker.



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Eichel bewege sich mit seiner Politik «weit ab von der Realität», sagte Austermann weiter. So, wie sich der Minister verhalte, bleibe die wahre Situation im Unklaren. Ein rechtzeitiges Reagieren auf die Haushaltsrisiken sei unter diesen Umständen kaum möglich.



Steuerschätzung im Mai

Nach Austermanns Berechnungen belaufen sich die Haushaltsrisiken auf mindestens 16 Milliarden Euro in diesem Jahr. Damit sei die aktuelle Nettokreditaufnahme von 29,3 Milliarden nicht mehr zu halten. Überdies, so Austermann, werde die Lage nach der Steuerschätzung im Mai noch dramatischer aussehen. Bund, Länder und Gemeinden müssten demnach mit Steuerausfällen von bis zu sechs Milliarden Euro rechnen, so der CDU-Haushaltsexperte. Allein zwei Milliarden davon beträfen den Bund. Wie Austermann der Netzeitung sagte, sei deshalb damit zu rechnen, dass Eichel für das laufende Jahr neue Schulden in Höhe von mindestens 47 Milliarden Euro aufnehmen müsse.

Eichel stehe vor einem «Scherbenhaufen», betonte Austermann. «Die Löcher im Haushalt sind so evident, dass sie eigentlich jeder sehen müsste – nur Eichel will sie anscheinend nicht sehen.» Eichel mache den Fehler, dass er von «völlig falschen» Annahmen ausgehe.



Dauerstagnation

So rechne der Finanzminister im Haushalt 2004 mit einem Bundesbankgewinn, der nicht eintreten werde. Auch die bereits verbuchten Einnahmen aus der Maut werden nach Austermanns Einschätzung weit geringer ausfallen, als ursprünglich angenommen. Als weitere Risiken nannte der CDU-Politiker zu hoch veranschlagte Einnahmen aus der Bekämpfung von Schwarzarbeit und aus der Steueramnestie. Belastungen ergäben sich zudem aus der nicht erfolgten (aber eingeplanten) Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe sowie aus Arbeitmarktausgaben des Bundes aufgrund der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit.

Austermann bezweifelt überdies die Wachstumsprognosen der Bundesregierung. «Wir befinden uns in einer Dauerstagnation», sagte der CDU-Haushaltsexperte der Netzeitung. Es sei derzeit nicht zu erkennen, dass sich daran in absehbarer Zeit etwas ändern werde. Nach Austermanns Einschätzung gibt es für das im Haushalt 2004 angenommene Wachstum des Bruttoinlandsproduktes um 1,5 Prozent keine «vernünftigen Anhaltspunkte». «Wenn wir ein Prozent erreichen, dann sind wir gut.»



Haushaltssicherungsgesetz

Austermann empfahl Eichel unter diesen Umständen damit aufzuhören, den «Leuten dauernd Sand in die Augen zu streuen». «Der Minister muss sofort eine Haushaltssperre verhängen.» Danach müsse er auf einen Sparkurs drängen, einen Kassensturz vornehmen sowie einen Nachtragshaushalt erstellen. Außerdem müsse Eichel ein Haushaltssicherungsgesetz auf den Weg bringen.

Ein solches Gesetz, das Einschnitte auch beim Arbeitslosengeld und anderen Sozialgesetzen erlaubt, hatten auch schon Politiker aus den Reihen der Koalition gefordert. Haushaltsexperten von SPD und Grünen hatten demnach auf die milliardenschweren Risiken im Etat 2004 hingewiesen und von Finanzminister Eichel verlangt, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, um die Neuverschuldung von 29 Milliarden Euro zu halten.



Für den Posten ungeeignet

Austermann sieht sich durch die Reaktionen innerhalb der Koalition in seinen Aussagen bestätigt. Dies zeige einerseits, dass die Lage «dramatisch» sei, anderseits bedeute dies aber auch, dass Eichel in den eigenen Reihen keine Unterstützung mehr habe. «Der Mann ist für den Posten des Finanzministers völlig ungeeignet», sagte Austermann der Netzeitung. «Entweder er ändert seine Politik oder er nimmt seinen Hut».
 
aus der Diskussion: Jedes Jahr die gleiche Volksverdummung
Autor (Datum des Eintrages): OnkelWilli  (27.04.04 07:47:38)
Beitrag: 2 von 6 (ID:12886548)
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