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1746 von bluemoons 06.07.04 18:33:44 Beitrag Nr.: 13.625.519 13625519
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Quergedacht: Was viele denken aber wenige auszusprechen wagen
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spatzseite.de


" Freiheit, Freiheit hört man sie rufen..." 04.07.2004

DIESE WOCHE
Politik, Markt und Armut: Diese Woche überlegt der Spatz, wer einst und jetzt die Elite stellt, wer einst die Nationalstaaten regierte und wer das jetzt tut. Er überlegt, welche Folgen der Markt für die sozial Schwachen hat und welche Rolle der Terrorismus dabei spielt: ein Beitrag, den viele dem Spatz nicht zugetraut hatten. Aber lesen Sie selbst!


Philosophie ist Scheiße


" Zu philosophisch" klang es einigen, als der Spatz von der " transzendentale Einheit der gesellschaftlichen Apperzeption" piepste - und auch zu einseitig. " Symptome, Symptome" meckerte ein Intelleller beleidigt, weil der Spatz nicht die wahren Ursachen des Bösen in der falschen " Zins- oder Geldtheorie" anerkannte, über die dieser seine Diplomarbeit geschrieben hatte - und der nun meint, den Spatz deshalb bei anderen madig machen zu müssen. So bekämpfen sich die Vertreter dieser oder jener Theorie über die je einzige Ursache des Übels und stellen sicher, daß dieses ungestört seinen Lauf nehmen kann. Das böse Fremdwort bezog sich ja gerade auf das Vorverständnis, von dem alle wie selbstverständlich ausgehen, wenn sie sich auf einen " Not wendenden" Sachverhalt einigen wollen. In der Politik nennt man das gerne " Konsens" (auch ein Fremdwort). Konsens ist heute meist Wunschdenken, immer häufiger jedoch der Schlips, an dem man Gutgläubige über den Tisch zieht. Wo liegt der Konsens heutiger Politik? Die wenigsten wissen es.

Besteht Konsens darüber, daß wir uns in einer weltweiten Hyperinflation befinden, die sich - ehe sie auf die Güter des täglichen Lebens überspringt - zunächst im sintflutartigen Überhandnehmen der Zahlungsmittel, die ja immer die Zahlungsverpflichtungen anderer sind, äußert. Man kann auch von Überverschuldung reden, gemeint ist das Gleiche. Besteht Konsens darüber, daß wir zur Zeit atemlos die größte Finanzblase aller Zeiten aufblasen, und ist man sich einig, daß wir auf den wüstesten Finanzkrach der Weltgeschichte zu eilen. Ich glaube, darauf könnte man sich theoretisch verständigen. Nur welchen Grad an Wirklichkeit hätte das, wie weit bestimmt das unser Handeln und Planen? Steht es damit nicht wie mit der laut herumposaunten Erkenntnis einer Stammtischrunde, daß das Fernsehen lügt. Kaum hat einer in einem anderen Zusammenhang etwas behauptet, widerlegen ihn alle anderen, denn sie hätten es am abend vorher mit eigenen Augen anders gesehen. Wo? Natürlich, im Fernsehen. Man ist sich einig: Es stinkt in Wirtschaft und Finanzen, aber welche Folgerungen zieht man daraus, welche Wirklichkeit hat so eine Annahme, was bewirkt sie?

Im früheren Nationalstaat gab es eine alte, besitzende, politische Elite, die eifersüchtig ihre Führungsposition absicherte, ansonsten aber interessiert war, daß der Staat, das heißt die geordnete Gesellschaft einigermaßen in Ordnung und funktionstüchtig blieb oder es vermehrt wurde. Wir haben heute eine neue, transnationale Führungsklasse. Auch sie entstammt der Wirtschaftselite und hält sich ihre Politiker. Doch sie ist auf den Nationalstaat nicht angewiesen, ihre Basis ist der transnationale Konzern. Dieser Konzern gehört ihnen nicht. Sie sind dort angestellt, sie haften nicht, aber sie können mit seinen Möglichkeiten schalten und walten, solange sie das Konzernvermögen in Geld ausgedrückt vermehren. Der Konzern (die auswählenden Kollegen) läßt sie aufsteigen, macht sie persönlich über die Maßen reich, verhilft ihnen an die Schalthebel der Macht und hält sie dort, so lange sie spuren. Die politische Klasse lebt von und für die Machtübernahme der transnationalen Konzerne. Das modern und rational zu finden, ist ein Konsens.

Die Vorgehensweise der Elite ist denkbar einfach. Es werden internationale Abkommen geschlossen. Dadurch werden nationale Entscheidungskompetenzen auf internationale Organisationen übertragen. Deren Vorgaben werden von den transnationalen Unternehmen bestimmt. Nehmen wir ein Beispiel. Wasser ist neben Luft das letzte, was Menschen entbehren können. Derzeit sind sechs transnationale Konzerne dabei, die weltweiten Trinkwasservorräte unter sich aufzuteilen. Es werden Vorbereitungen getroffen (Pipelines, Tankerflotten und Verteilungsnetze projektiert), um Wasser zur Handelsware zu machen. Das Wasserkartell dieser Firmen will in den nächsten 10 Jahren 70% des amerikanischen und europäischen Trinkwassers unter seine Kontrolle bringen. Das ist kein Witz: Im indischen Bundesstaat Kerala hat Coca-Cola die Recht über alle Wasservorräte für die nächsten 99 Jahre gepachtet. Man erklärte der Bevölkerung, daß ihr das Wasser nicht mehr zustehe, sondern daß es nun abgefüllt und auf dem indischen Markt verkauft würde. Natürlich kam es zu Aufständen. Frauen haben sich aus Protest öffentlich selbst verbrannt (die sozialverträglichere Form des Selbstmordattentats). Die Regierung, die das zuließ wurde abgewählt - was hat sich geändert? In Bolivien kam es wegen der Wasserprivatisierung zu Bürgerkriegszuständen. Der " Terrorismus" jagte das transnationale Unternehmen Bechtel, das auch im Irak aktiv ist, aus dem Land. Die Weltbank setzt die bolivianische Regierung aufgrund geltender Handelsabkommen unter Druck, den angerichteten Schaden zu bezahlen.

Die Weltbank steht hinter dem Wasserkartell oder dieses hinter der Weltbank. Erst kürzlich hat die Weltbank die Zuschüsse an transnationale Unternehmen, wenn sie sich an der Privatisierung von Wasser in der Dritten Welt beteiligen, von 1,3 auf 4 Milliarden Dollar jährlich angehoben. Die Finanzierung der " Privatisierung" wird als Kampagne zur Versorgung der Menschen mit reinem Trinkwasser vermarktet und von den Medien humanitär propagiert. Erst läßt man aufgrund der Auflagen des Internationalen Währungsfonds das öffentliche Wassersystem verkommen, dann übergibt man es der Kontrolle durch transnationale Unternehmen. Nun entscheidet der Markt über die Wasserversorgung: Je größer der Durst, desto höher der Preis, desto mehr ist man, wenn man kann, bereit für einen Schluck Wasser zu geben, sagt der " freie Markt" .

Die bestimmenden Personen zwischen den Regierungen, internationalen Organisationen und in den Verständen transnationaler Unternehmen gehören der gleichen Clique an. Sie alle erlebten den gleichen Erwählungsvorgang (" Du bist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe" ), sie kennen einander, sprechen die gleiche Sprache, speisen miteinander, besuchen die gleichen Hochsicherheits-Freizeitsresorts, feiern in den gleichen Nobelabsteigen. Der frühere Kanadische Premierminister Brian Mulroney zum Beispiel (um nicht immer nur die USA als Beispiel zu nehmen) kam aus einfachen Verhältnissen, wurde in die Politik hineinprotegiert, setzte als Premier den " freien Handel" durch, d.h. sorgte für Deregulierung und Privatisierung. Nach seiner Abwahl verdiente er in Aufsichtsräten und Vorständen internationaler Unternehmen Millionen. Was kümmert ihn, daß seine Politik zum rasantesten Anstieg der Kinderarmut in Kanada geführt hat. Bei uns setzen Rot-Grün oder Schwarz-Gelb den " freien Markt" und " Reformen" durch und privatisieren das öffentliche Vermögen, das heißt: die Regierung beseitigt von Fall zu Fall das verbliebene " Soziale" am " rheinischen Kapitalismus" , an der " sozialen Marktwirtschaft" . Die Opposition ruft: " Mehr davon! Schneller!" Wer dagegen ist, ist unmodern, macht sich lächerlich oder ist - wenn es ihm ernst sein sollte - Terrorist.

Der Jahresumsatz der 200 größten Konzerne übertrifft das Bruttoinlandsprodukt von 181 der insgesamt 191 Länder dieser Welt. Zu den 100 größten Wirtschaftseinheiten dieser Welt gehören nur 47 Staaten aber 57 private Firmen. Wie arbeiten diese Konzerne? Bleiben wir beim Beispiel Kanada. Alle Parteien hatten sich (zu Recht oder nicht) darauf geeinigt, den Kraftstoffzusatz MMT zu verbieten, weil er das Grundwasser belaste. Ein kanadischer Hersteller wäre damit aus dem Rennen gewesen. MMT stellt aber ein US-Konzern her. Dieser verklagte Kanada vor der Welthandelsorganisation wegen entgangener Gewinne auf Schadenersatz. Kanada nahm das Gesetz angeblich aus Furcht vor Sanktionen zurück und zahlte Millionen an Schadensersatz. Besagter Premier schrieb sogar einen Entschuldungsbrief an das Unternehmen, den die Firma nun in der Dritten Welt als Absatzempfehlung nutzt. Ob MMT die Umwelt belastet oder nicht stand nicht zur Diskussion - es ging der internationalen Institution um ihre Abkommen und dem Premier um seine Karriere.

Die Abkommen der gleichen Welthandelsorganisation verbieten Regierungen (bisher noch vorwiegend in Entwicklungsländern), als Sicherheit für schlechte Erntejahre Nahrungsmittelreserven anzulegen, " zu horten" . Die Folge ist, daß in nahrungsmittelexportierenden Ländern wie Ägypten oder Indien wieder (wie zu Zeiten, bevor nationale Regierungen diesen Mißstand überwinden konnten) Menschen verhungern. Das entsprechende Welthandelsabkommen wurde wenige Tage nach dem 11. September 2001 in Dohar, Qatar auf Druck der US-Delegation durchgesetzt. Die US-Delegation ließ verlauten, Amerika würde nur die Länder als Verbündete im Krieg gegen den Terrorismus anerkennen, die das neue Welthandelsabkommen unterzeichnen würden. Oder anders herum: Regierungen, die es wagen, sich zu widersetzen, werden husseinisiert - zu zeigen, was man darunter versteht, war einer der Gründe für den Irakkrieg.

Im Namen des " freien Marktes" oder - wo der weniger gut klingt - eben als " Reformen" , werden überall in der Welt Löhne gedrückt, Arbeitsschutzbestimmungen aufgehoben, Gesundheitssysteme abgebaut, Renten und Pensionen gekürzt, die öffentliche Wasser- und Energieversorgung und mehr und mehr auch noch das Bildungswesen privatisiert. Diese Politik macht nachweislich und offenkundig immer weniger Reiche immer reicher und immer mehr Menschen immer ärmer - und das nicht nur " fernab in der Türkei" sondern vor und schon in den Toren der Stadt. In Japan findet man immer mehr blaue Zelte am Stadtrand. In ihnen hausen Obdachlose. Viele Männer tragen noch immer inzwischen verdreckte Anzüge, ehemals weiße Hemden und noch immer eine Krawatte. Unter ihnen viele ehemalige Geschäftsleute. Für sie besteht auf dem Markt keine Nachfrage und so übernachten sie in Parks und U-Bahnstationen und ernähren sich marktgerecht vom Abfall.

Wohl unterscheidet sich noch die Armut in den Industrienationen und Entwicklungsländern, dafür tut das die Elite kaum mehr. Es handelt sich um smarte junge Leute aus den führenden Familien mit hervorragenden Bildungsabschlüssen anerkannter internationaler Hochschulen, die fließend mehrere Sprachen sprechen. Sie haben mit der Bevölkerung ihrer Länder so viel zu schaffen, wie mit der in anderen Ländern, wenn sie nicht gerade in Medien Propagandastroh dreschen.

Der herrschende Elite muß man nicht sagen, wie gefährlich sie vorgeht. Der Krieg gegen den internationalen Terrorismus wird mehr und mehr zur alles verbindenden Ideologie. Die USA gibt heute mehr für Rüstung aus als jemals während des Kalten Krieges. 5 Billionen US$ sollen in den kommenden 2 bis 3 Jahren allein für ein neues Raketenverteidigungssystem im erdnahen Weltraum aufgewandt werden. Dies sei nötig, schreiben die dafür zuständigen Militärs, weil die Globalisierung zu einer zweigeteilten Welt geführt habe, in der sich mehr und mehr Regionen mit den herkömmlichen Mitteln nicht mehr kontrollieren ließen.

Liegt das nun alles am " Zins" , oder daran, daß man nicht die richtige Geldtheorie des Herrn X anwenden will? Oder liegt es doch an der besonderen " transzendentalen Einheit der gesellschaftlichen Apperzeption" die in den meisten Köpfen, auch derer die dagegen sind, vorherrscht. Wie das ändern? Mit einer neuen Geldtheorie? Mit Maos verlogenem Quatsch: " Die Macht kommt aus den Gewehrläufen" . Was ist das gemeinsame Vorverständnis, was sollte es sein? " Philosophisches Geschwätz!" Also weitermachen bei Stammtischopposition
 
aus der Diskussion: Die Geldquelle: Das Milliardengeschäft mit dem Wasser
Autor (Datum des Eintrages): rightnow  (07.07.04 17:21:39)
Beitrag: 14 von 17 (ID:13635005)
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