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Ich nehme mir hier einmal die Freiheit, meinen Senf zu den Postings aus Thread 40 dazuzugeben.
Da ich hier vieles poste, was irgendwann schon einmal gepostet worden ist, überlasse ich es Euch, ob dieser
Thread die "AMD-Serie" fortsetzen soll oder ob es eine Randbemerkung bleibt, deshalb 40 "B".
Kurz vorweg: Ich bin seit Ende November in AMD investiert, Einstiegskurse 22 und 27,50 - im Januar nach
Quartalszahlen vor US-Börsenöffung nochmal zu 44 nachgekauft, seitdem gehalten, am Donnerstag aufgrund
meiner persönlichen Kurzfrist-Prognose die Hälfte meiner Position zwischen 100 und 99 verkauft. Longterm
"bullish", warte auf Nachkaufkurse im Bereich der mittleren/tiefen 70.

Liebe AMD-Bullen,

diese Kursziel-Rechenoperationen, mit denen man auf ein Kursziel von 200 und darüber kommt, sind sattsam
bekannt und haben viele von uns dazu gebracht, AMD zu kaufen. Zur Erinnerung: 2000er Gewinn $5, KGV 40
(bei realem Umsatzwachstum von mehr als 100% scheinbar immer noch zu niedrig angesetzt) --> Kursziel
MINDESTENS $200 - alles klar, oder?
EBEN NICHT. Was AMDs Aktienkurs im Moment noch bremst, sind die 2001er Gewinnschätzungen. Die
liegen nämlich (bis jetzt) immer noch *gleichfalls* bei $5. Das hieße dann: Wachstumsrate 0%, und das würde
max. ein KGV von 10 rechtfertigen. Insofern sind die Kursziele der Analysten im Augenblick (vorausgesetzt,
sie glauben ihren 2001er Gewinnprognosen) sogar noch optimistisch.

Derart konservative Schätzungen für 2001 haben m.E. folgende Gründe:
#1 AMD hat in den letzten 15 Jahren so manches Strohfeuer abgebrannt, den Mund sehr voll genommen, aber
trotzdem wenig erreicht. Derzeit nimmt man den Mund wieder einmal sehr voll (es werden VIERTELJÄHRLICHE
100%-STEIGERUNGEN des Athlon-Absatzes für den Rest des Jahres angekündigt!). So viel Zuversicht ist
einerseits sogar bei AMD-freundlichen Analysten trotzdem Grund zur Vorsicht, AMD-feindlichen/Intel-freundlichen
Analysten bietet diese Tatsache ein willkommenes Argument für (vorgeschobene?) Skepsis.
#2 Die ganze Halbleiterindustrie wird derzeit DURCH DIE BANK, nachdem der Boomteil des Zyklus gerade erst
begonnen hat, schon wieder (IMO völlig HYSTERISCHERWEISE) mit Blick auf das Zyklusende in 2 bis 3 Jahren
"downgegraded". Inbesondere gilt dies für Firmen wie AMD, die sehr stark von Flash-Memory abhängen.
AMD und Fujitsu (die größten Player in diesem Markt) sehen das anders. Erst in diesem Jahr ist der
Grundstein für eine neue Flash-Fertigung gelegt worden. AMD kalkuliert lt. conference call am Mittwoch
nicht mit einer Abkühlung des Flash-Markts, sondern mit Steigerungsraten >100% JÄHRLICH!!!
Wer recht behält, AMD oder die Analysten, wird man sehen, aber daß angesichts solcher Prognosen sich
manche Analystenstirn in Falten legt, ist klar...
#3 Das ganze Spiel im CPU-Markt wird immer noch (und meiner Meinung nach unsinnigerweise) von sowohl
Analysten und Journalisten einerseits als auch vom individuellen Investor andererseits als Kampf zwischen
David und Goliath betrachtet, den nur einer gewinnen werde. Dies mag zur Ursache haben, daß es weltweit im
Technologiebereich viele Quasimonopolisten gibt, und diese Monopolisten haben ihre Stellung in der Vergangenheit
erworben, indem sie einen bestimmten, mit Konkurrenzprodukten inkompatiblen Standard am Markt erfolgreich
durchgesetzt haben.
So z.B Microsoft/Apple/IBM bei Betriebssystemen, Intel/AMD/IBM bei Prozessoren, Microsoft/Netscape bei
Webbrowsern etc.etc. ...

Derzeit laufen ähnliche Kämpfe u.a. im Bereich der Palmtop-Computer, in der Mobiltelefonie und halt wieder
einmal zwischen Intel und AMD. Intel hat kraft seiner Marktposition die letzte Runde gegen AMD gewonnen,
weil sich ihr MMX-Standard gegen AMDs 3Dnow! durchsetzen konnte. So waren AMDs CPUs für für Büro-
und/oder Value-Computer attraktiv.

In dieser Runde wird vor allem auf folgenden Ebenen gekämpft:
*** Mainboard-Unterstützung: In der Vergangenheit hat es sich für Mainboard- u. Mainboardchipsatz-Hersteller
nicht gelohnt, Chipsätze zu entwickeln, die AMD-Prozessoren optimal unterstützen. Intel macht seine Chipsätze
traditionell selbst, AMD ist (noch) von anderen (VIA, ALI) abhängig. Hier hat AMD *dringenden Nachholbedarf*
Der einzige Chipsatz, der Athlons der ersten Generation richtig sabil laufen ließ, war AMDs
*SELBSTPRODUZIERTER* 750er (oder war`s 740??) Chipsatz.
Ähnliches ist jetzt für Thunderbirds/Durons mit dem 760er-Chipsatz angekündigt. (s. diverse Posts oben)
*** Speichertechnologie: RAMBUS (Intel) gegen DDR (von AMD favorisiert). Hier zeichnet sich eine für AMD
günstige Entwicklung ab: Intel scheint seine Monopolgewalt nicht nutzen zu können, um RAMBUS durchzu-
setzen, da außer AMD auch weite Teile der übrigen Halbleiterindustie RAMBUS aufgrund der immensen
Lizenz-/Herstellungskosten ablehnen.
*** Unterstützung durch die großen PC-Hersteller: Nachdem sich viele von AMD abgewandt hatten, hat AMD nun
dank der enorm verbesserten Produktqualität und Intels hausgemachter Schwierigkeiten wieder bei 9 von 10
der größten Hersteller den Fuß in der Tür. Nur Dell weigert sich (noch?) hartnäckig, Gerüchten zufolge wohl
auch unter massivem Druck von Intel.

Und auch die nächste Runde wird bald (ca. Anfang 2001) eingeleitet werden. Ausblick:
*** Um weiterhin schneller zu wachsen als die Branche (s. KGV-Überlegungen zu Beginn), wird AMD in den
Servermarkt, zumindest den Klein-Servermarkt (2/4-CPU-Systeme) eindringen müssen. Dazu sind mehrprozessor-
fähige Mainboards (und wiederum dazu mehrprozessorfähige Chipsätze) notwendig. Also siehe oben.
*** CPUs der nächsten Generation: Intels Williamette(Pentium4)-Story hat sich bis jetzt nicht gut angelassen.
Dem P4 will AMD einen 64bit-(gegenüber den üblichen 32bit)-Prozessor (Codename "Sledgehammer") gegenüberstellen.
Die Etablierung einer ganz neuen CPU-Architektur verlangt natürlich, wieder einmal, massive Kooperation anderer
Hardware(und auch Software-)hersteller.
Man kann für AMD nur hoffen, daß bis zum Launch dieser CPU-Generation ihre Marktposition so stark geworden ist,
daß es ihnen gelingt, genug Mitstreiter zu finden.
Interessanterweise ist nämlich Intel, je mehr ihr technischer Vorsprung sich in einen Rückstand gegenüber AMD
verwandelt hat, plötzlich ganz konservativ geworden: Die Firma, die immer noch dem Konsumenten weismachen will,
er brauche einen 500Mhz-Pentium III, um im Internet zu surfen, hält alles, was darüber hinausgeht (und sie selbst
nicht liefern können), offiziell für "verfrüht", "zu teuer" und schlichtweg "überflüssig". Solche Kommentare kamen zum
Thunderbird (während man fleißig weiter am Williamette werkelte) und jetzt auch zum Sledgehammer.
Während AMD versichert, der Sledgehammer werde sich problemlos einem 32bit-Umfeld anpassen können, wäre
diese CPU nur dann attraktiv, falls sich, wie gesagt, Mitstreiter finden, die Applikationen bereitstellen, mit denen
die Fähigkeiten dieser CPU auch ausgenutzt werden. Bis jetzt ist das noch fraglich. Zumindest aber der Servermarkt
(vor allem, da Breitband-Internet dermaßen gepusht wird), dürfte aber großes Interesse an einem 64-bit-Prozessor haben.


So, was macht man jetzt aus all dem? Sicherlich ist das Thema noch viel komplexer, als ich es hier (trotz der Länge
dieses Postings) abhandeln konnte. Zum Beispiel habe ich kaum ein Wort über die Themen "Duron/Celeron" und
"Notebooks" verloren. Trotzdem glaube ich, daß sich vorwiegend an den oben dargestellten Kriterien das Schicksal
AMDs im nächsten Jahr entscheiden wird. Viel ist auch die Rede gewesen von "Manipulationen" im Bereich der Finanz-
märkte. Dazu denke ich, daß Intel zwar unzweifelhaft auch hier große Macht besitzt und manchen Analysten entweder
aktiv "schmiert" oder doch zumindest Fondsmanager/Analystenfirmen, die selbst neunstellige Dollarbeträge in Intel in-
vestiert haben, natürlich eher wenig geneigt sind, AMD über den grünen Klee zu loben. Dies führt nun darauf zurück, daß
viele hier halt wirklich einen Zweikampf zwischen Intel and AMD sehen und ein AMD-Lob als Implizites Downgrade
von Intel verstehen würden.
Ich hingegen glaube, daß, wenn AMD auch noch in der "nächsten Runde" punktet, durchaus eine Koexistenz beider
Firmen erwartet werden kann. Naiver Vergleich: Wieviel Autohersteller gibt`s? Und sogar zwei Flugzeughersteller können
seit einiger Zeit nebeneinander profitabel existieren...
Sobald sich also abzeichnet, daß AMD diese nächste Runde erreicht und auch Chancen hat, in dieser zu punkten, wird
man die Gewinnerwartungen für 2001 offiziell anheben müssen. Dies dürfte bis Oktober geschehen sein. Und erst dann
würde sich die Analystenmeinung und, ebenso wichtig, die öffentliche Meinung über AMD ganz nachhaltig und dauerhaft
ändern - was sich dann auch endlich vollends auf den Aktienkurs durchschlagen dürfte.
Bis dahin ist vieles noch nicht gesichert oder sogar vollends Spekulation, Wunderdinge würde ich in dieser Zeit von der
AMD-Aktie nicht erwarten. Aber je mehr Beweise auftreten, daß AMD wirklich endgültig "die Kurve bekommt", desto
stärker wird schließlich der Kurs anziehen.
Die Chancen dafür sind gut.
 
aus der Diskussion: AMD - Auf dem Weg zum Börsenstar - Teil 40 B (viel Gequassel über die Zukunft)
Autor (Datum des Eintrages): schmackson  (22.07.00 18:27:15)
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