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Clements Extrabeute

Hartz IV: Arbeitslose erhalten einen Monat lang kein Geld

Bis 1998 erhielten Arbeitslosengeldempfänger ihre Zahlungen 14tägig. Als dann das Staatssäckel und die Kassen der Bundesanstalt für Arbeit immer leichter wurden, griff man kurzerhand den Arbeitslosen in die Tasche und stellte den Zahlungstermin auf das Monatsende um. Wovon die Arbeitslosen diesen einen Monat lebten, hat niemanden interessiert. Das Diebesgut – quasi ein zinsloser Kredit – wog ein paar hundert Millionen Euro und reichte demzufolge nicht allzu lange. Zur Aufrechterhaltung der liebgewordenen Verhältnisse hielten die Herrschenden nun die systematische Enteigung von Millionen Menschen für notwendig. Das war der Ausgangspunkt von Hartz IV – dem grob zusammengestümperten Gesetzeswerk, mit dem das Eigentum eines beträchtlichen Teils der Bevölkerung ganz legal geplündert werden kann.

Eine der vielen perfiden Ideen von Hartz IV besteht darin, die nun Arbeitslosengeld II genannte bisherige Arbeitslosenhilfe an die Bedürftigen wieder zum Monatsanfang auszuzahlen. Und jetzt kommt der Trick: Kann ein Mensch, der nach der alten Regelung am 31. Dezember 2004 sein Geld erhält, schon am 1. Januar 2005 wieder bedürftig sein? Natürlich nicht, sagt Wolfgang Clement, und Finanzminister Hans Eichel assistiert nach Kräften. Denn schon wieder geht es darum, den ALG-II-Beziehern diesmal 1,8 Milliarden Euro aus der Tasche zu ziehen.

SPD-Chef Franz Müntefering schien von diesem Fischzug weniger begeistert, er muß die Schweinerei immerhin seiner Basis vermitteln. Es hieß, es habe Streit um diese Frage sowohl in der SPD als auch in der Koalition gegeben. Wie heftig der war, ist daran abzulesen, daß ausgerechnet Scharfmacher Clement mit der Schlichtung beauftragt wurde. »Das wird vernünftig gelöst werden«, sagte der Mitte Juli der Berliner Zeitung.

Am Mittwoch hat er bekanntgegeben, was er für vernünftig hält: Im Januar wird nichts gezahlt. Clements Begründung: Die Arbeitslosenhilfe für Dezember werde zwar formal rückwirkend gezahlt, diene jedoch in Wirklichkeit dazu, »daß man damit den Januar bestreitet.« Als Minister kann er zwar offenbar nicht zählen, weiß dafür aber genau, wer wann wofür wieviel Geld ausgibt. Und wenn er es nicht weiß, weist er es eben an – ganz demokratisch, wie üblich.

Wenn die Clementsche Lösung mit Vernunft auch so wenig zu tun hat wie Hartz IV im Ganzen, konsequent ist sie allemal. Durch sie wird das Beutemachen wiederholbar: Durch mehrmaliges Ändern des Auszahlungstermins kann bei jedem zweiten Mal eine Milliardenbetrag aus den Ärmsten des Landes herausgepreßt werden.

http://www.jungewelt.de/2004/07-30/002.php
 
aus der Diskussion: Clements Extrabeute
Autor (Datum des Eintrages): gjauch  (30.07.04 10:34:23)
Beitrag: 1 von 10 (ID:13865772)
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