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Guten Abend!

Petronius schrieb: "Ich finde es dennoch ziemlich schlechte Politik, die Pleite einer Beteiligung nicht sofort zu kommunizieren.
Denn die wirtschaftliche Existenzberechtigung von Beteiligungsunternehmen ist die
Finanzierung von Unternehmen und deren permanente Ueberwachung." Sollte man da nicht zustimmen? Auf den zweiten Blick ist Pleite nicht gleich Pleite - man spricht von Insolvenz. Gut, Munich Biotech ist zahlungsunfähig. Aber wieso? Schlechte Produkte? Sinkende Margen wie bei 4mbo, die es unmöglich machen PC`s zu verkaufen? - Wenn ich es richtig verstanden habe, dann strebt das Unternehmen die Zulassung von Krebsmitteln an.

Der Spiegel lieferte jetzt nach dem 27.07.2004 einen zweiten ausführlicheren Bericht vom 02.08.2004 den ich hier anfüge:


S P I E G E L 02.08.2004

"Eine Mär mit mehreren Toten

In der deutschen Biotech-Hochburg Martinsried geht nach der dubiosen Insolvenz der Firma MBT die Angst um. Steht die Branche vor einer Neuordnung?

Bis vor wenigen Wochen galt die Munich Biotech AG (MBT) als Speerspitze des Branchenbooms rund um den Münchner Vorort Martinsried. Den Wissenschaftlern des Unternehmens ist es gelungen, gleich zwei Krebsmittel zu entwickeln und in Kliniken erfolgreich zu testen. Mit ihrem MBT-0206 genannten Brustkrebs-Präparat schien ihnen eine glänzende Zukunft sicher.

"Erstaunliche und unerwartet positive Resultate" bescheinigte noch der Projektleiter Karsten Ridwelski von der Medizinischen Fakultät in Magdeburg nach Versuchsreihen an Krebs-Patientinnen noch im März. Ende 2006, so plante das MBT-Management, sollte das Medikament marktreif sein.

Doch jäh und unerwartet endete am 27. Mai der Traum der kleinen deutschen Biotech-Firma, in die Riege der erfolgreichen Pharmagrößen aufzusteigen. MBT-Chef Kurt Naujoks musste Insolvenz anmelden.

Am vergangenen Freitag um Mitternacht lief die nach dem Insolvenzrecht vorgesehene Rettungsfrist aus. Die Zukunft von über 60 Mitarbeitern ist unsicher. 38 Millionen Euro private Investitionen sowie öffentliche Gelder - allein 2,5 Millionen steckte der Staat Bayern in das Unternehmen - müssen nun weitgehend abgeschrieben werden. Was aus dem Hoffnungsträger-Medikament MBT-0206 wird, ist ebenso ungewiss wie die dubiose Vorgeschichte der Pleite.

Nachdem im vorigen Jahr die Tests der so genannten klinischen Phase I abgeschlossen waren, in der vor allem Verträglichkeit und Sicherheit eines neuen Medikaments geprüft werden, sollte möglichst bald der eigentliche Wirkungstest der klinischen Phase II beginnen.

Doch das kostet Geld - mindestens 20 Millionen Euro, die von den Risikokapitalgebern der ersten Finanzierungsrunden nicht mehr aufgebracht werden konnten. Ende Mai war deshalb alles vorbereitet für den Einstieg eines amerikanischen Investors. Per Aktientausch wollte das börsennotierte Biotech-Unternehmen Curis aus Cambridge die Mehrheit an MBT erwerben und die weitere Entwicklung finanzieren.

Curis-Chef Daniel Passeri war mit einem hochkarätigen Expertenteam nach München gekommen, um eine in solchen Fällen übliche Firmenprüfung abzuschließen. Die Verträge waren aufgesetzt. Am 28. Mai wollte der MBT-Aufsichtsrat zustimmen und noch einmal eine Anschubsumme der alten Investoren von rund acht Millionen Euro genehmigen.

Am 4. Juni sollte der Vertrag unterzeichnet werden. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz schließlich wollten die beiden Unternehmen auf der Branchentagung ASCO in New Orleans den Zusammenschluss feiern.

Doch dann, am 26. Mai, geschah etwas, über das die Beteiligten nur noch ungern sprechen. Überraschend ließ Passeri den Mitinvestor und MBT-Aufsichtsratsvorsitzenden Philip Morgan von der Londoner Global Life Science Ventures wissen, berichtet Morgan, dass es im Testprogramm der MBT-Krebsmittel mehrere Todesopfer gegeben habe. Zudem seien in den Tests noch andere Mängel entdeckt worden.

Ohne weitere Erklärungen verließ die Curis-Mannschaft München. Der Deal war geplatzt und damit auch die Anschubfinanzierung der alten Investoren. Die Pleite war unabwendbar.

Da half es auch nicht mehr, dass von den testenden Ärzten nachgewiesen werden konnte, dass es die vermeintlichen Todesfälle nie gegeben habe und stattdessen die positiven Bewertungen durchaus zu halten seien. Naujoks, der Munich Biotech einst mit Passeri gegründet hatte, entrüstete sich intern: "Dan hat gelogen."

Passeri selbst war vergangene Woche nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Warum sollte er auch eine Mär mit mehreren Toten erfinden?, fragten sich die konsternierten MBTler.

Eine Erklärung, zu der auch Aufsichtsratschef Morgan tendiert: Das Interesse der Amerikaner sei einzig und allein gewesen, mit der Akquisition schnelle Kurserfolge zu erzielen. Als Passeris Experten in den Testdaten Unsicherheiten über einen Kurzfristerfolg gefunden hätten, sei der Deal für Curis nicht mehr interessant gewesen. Die angeblichen Todesfälle, so diese Version, seien eher Hilfsargumente für den Ausstieg gewesen.

Andere ahnen eher eine Verschwörung. "Wir vermuten eine Riesenschweinerei", entrüstete sich der Leiter der Qualitätssicherung bei MBT, Hans-Joachim Perski,

S. 77

unmittelbar nach der Abreise der Amerikaner.

Wenn MBT-0206 hält, was es verspricht, dann könnte das Krebsmittel aus Martinsried zu einem ernsthaften Konkurrenten für die etablierten Pharmakonzerne werden. Anders als etwa der Medikamenten-Hit Taxol, mit dem versucht wird, direkt die Tumorzellen zu zerstören, soll MBT-0206 die Blutzufuhr des Tumors angreifen und so die krankhafte Geschwulst aushungern.

Der Vorteil: MBT-0206 hat es mit gesunden Blutzellen zu tun, die anders als krankhafte Krebszellen keine Resistenz entwickeln können. Eine längere Verabreichung steigert deshalb eher den Behandlungserfolg, als dass sie, wie etwa bei Taxol, zu Nebenwirkungen führt.

Taxol-Verkäufer Bristol-Myers Squibb (BMS) kämpft seit Jahren mit harten Bandagen darum, Taxol-Konkurrenten möglichst lange auf Distanz zu halten. Bisher mit Erfolg. Obwohl der Wirkstoff aus der Rinde der Eibe seit sieben Jahren nicht mehr geschützt ist, gibt es nur ein einziges Ersatzpräparat auf dem Markt, und das auch nur in den USA.

So ist der Taxol-Preis weiter hoch, BMS erreicht immer noch einen jährlichen Umsatz von fast einer Milliarde Dollar - und hat sich schon einmal erfolglos um einen Einstieg bei den Münchnern bemüht. Auf Krebsforschung spezialisierte Großunternehmen wie BMS, davon gehen die Münchner aus, haben an der Munich-Biotech-Technologie jedoch höchstes Interesse.

Letztlich wird wohl nie geklärt werden, wer zu welchem Zweck die Toten in den Versuchsreihen der MBT-Krebsmittel erfunden hat. Sicher ist aber das daraus resultierende Desaster: Die Entwicklung des Präparats wird verzögert.

Jetzt sind alle damit beschäftigt, den durch den überraschenden Curis-Auszug entstandenen Schaden zu begrenzen. Der nach der Insolvenz eingesetzte MBT-Chef Hauke Fürstenwerth hat sich von neuen Experten bestätigen lassen, dass bei MBT eine "phantastische präklinische Forschung" geleistet worden sei. Von "Harvard-like pre clinical science" sei gesprochen worden - die höchste Weihe, die in der Pharmaindustrie zu vergeben ist.

Auch Mitinvestor Morgan ist entschlossen, möglichst viel von MBT zu retten. "Wir suchen nach einem guten Zuhause für die Technologie", so Morgan.

In Martinsried geht dennoch die Angst um, ob nun auch weitere Kapitalgeber abspringen, Pleiten in Kauf nehmen oder gar inszenieren, um die Branche neu zu ordnen. Mit über 300 kleinen und mittleren Unternehmen ist der zukunftsträchtigste Zweig der Pharmaindustrie in Deutschland gut besetzt - zu gut, wie der Vorstand der Münchner Finanzierungsgesellschaft Bio-M AG, Horst Domdey, glaubt. "Auf Dauer ist das nicht zu verkraften."

HEIKO MARTENS"

E N D E


Für uns DEWB-Interessierte ist daraus zu folgern:

1. Die Gesamtsumme von 38 Millionen Euro durch private Investitionen: würde 1,9 Millionen Euro Totalverlust für die DEWB einbringen - wenn es denn geschähe!

2. Die Produkte haben eine werthaltige Substanz; andersartige Meldungen gelten nach dem jetzigen Stand als erfunden ...

3. Gerade wegen dieser Substanz, die a) gefährlich für die Konkurrenz ist sowie b) wegen des Kurzfrist-Engagements eines neuen Investors; sind die Pläne geplatzt und weitere 8 Mio. Euro durch die Altinvestoren an Anschub-Finanzierung wurden nicht zahlbar (machte für die DEWB eine Zusatzbelastung von 0,4 Mio. Euro)

4. Gehen wir doch - über die DEWB-Seite "www.dewb-vc.com" Beteiligungen auf die Seite der Munich Biotech und recherchieren nach den dortigen Investoren: dann liest sich dies wie ein "Wer ist wer" der Investitions-Branche: Deutsche Bank, Hypovereinsbank, Global Vision, 3i London, Heidelberg Innovation, Global Life Science Ventures London, Sal Oppenheim und natürlich - DEWB. Also nicht gerade kleine Unternehmen.

5. Die Wahrscheinlichkeit, das - sofern die Produkte das halten, was sie versprechen - hier eine Lösung gefunden wird ist höher als die Inkaufnahme eines Totalverlustes:

a) die Investoren sind grosz genug für eine Zwischenfinanzierung (allein die DEWB hätte eine Finanzierungsreserve von 3,1 Mio. Euro)!
b) es besteht keine Ausstiegspanik wegen schlechter Produkterwartungen
c) Die Höhe der Verluste steht in keinem Verhältnis zu den erwarteten Gewinnen (Krebs ist ja ein Milliarden-Markt)
d) Die Mitarbeiter gelten als innovativ und erfolgreich - selbst das Land verlöre eine Zukunftsperspektive und 2.x Millionen an Fördergeldern
e) Stillschweigen und emsiges Verhandeln gepaart mit der nicht vorgenommenen Abschreibung (sie wäre dann total in der Nennung der Beteiligungsunternehmen vorzunehmen gewesen (d. h. Streichung) bzw. man hätte sie in die Bilanz einstellen müssen zum 30.06.) unterstreichen diesen Willen
f) Die Spiegelveröffentlichung soll (immerhin kommen hier auch Unternehmenslenker zu Wort, die die Verhandlungen zumindest touchieren) den "öffentlichen Druck" zu einer Lösung erhöhen ...

Alles in allem ist dies kein Grund für eine "Abstrafung" des Kurses; dies liegt offenbar an der Unterschreitung von Limits. Auch die Zahlen des Unternehmens liegen eigentlich genau im Rahmen meiner Erwartungen. Keine Verkäufe - keine Umsätze - keine Gewinne. DEWB ist eben ein Kaktus-Unternehmen: Wenn die Sonne erbarmungslos brennt, igelt man sich ein; kommt die Regenzeit - blühen das Unternehmen auf - bis zur nächsten Dürre: eben sehr periodisch! Was ist daran so unverständlich?

Immerhin hat man ja nun die Aktualisierung mit der Veröffentlichung der Zahlen vorgenommen - das ist positiv anzuerkennen ... Bitte weiter so!

Gewisz wären mehr Informationen wünschenswert, doch wen interessiert die Vergangenheit - und die Zukunft? Da schweigt man sich aus ...

Falls jemand der Leser schon einmal einem Kakturs leibhaftig zu nahe kam, der weisz - Kakteen stacheln! Vielleicht ist das ja gut so für die nächste Blüte? Wer weisz das schon ...

Grusz Lothar.
 
aus der Diskussion: DEWB-Enttäuschung ...?
Autor (Datum des Eintrages): Lothar.  (06.08.04 19:48:00)
Beitrag: 8 von 36 (ID:13958918)
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