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Sendung vom 25. Oktober 2004
TV-Werbung: Fernsehfee zaubert wieder

Im November soll sie auf den Markt kommen: Eine Box, mit der man störende Fernsehwerbung wegschalten kann. Fünf Jahre lang konnten Privatsender den Zauberkasten gerichtlich verhindern, erst dann bekamen die Erfinder Recht. Doch jetzt versucht RTL erneut eine einstweilige Verfügung zu erwirken.

Von Edith Dietrich und Katja Krebbers

Weil Werbung in Fernsehfilmen viele Zuschauer stört, brachte die Firma Telecontrol 1999 eine Set-Top-Box auf den Markt, die zuverlässig die Ausstrahlung von Werbeblöcken auf dem heimischen Fernsehgerät verhindern sollte. Fernsehzuschauer konnten dabei selbst entscheiden, ob der Bildschirm während der Werbeunterbrechungen schwarz blieb oder ob automatisch auf ein anderes Programm umgeschaltet wurde. Sobald der Werbeblock beendet war, schaltete die Fernsehfee von selbst zurück zum Film. Das Signal, mit dem das Umschalten funktionierte, sendete die Firma über Radiosender an die Set-Top-Box. Diese „Werbefreiheit“ kostete damals pro Box 299 DM und eine monatliche Gebühr von 4 DM für das Signal. Doch leider durfte diese Fee nicht lange zaubern.

Die Privatsender Sat.1, RTL und Vox warfen Telecontrol „unlauteren Wettbewerb“ vor, klagten und erwirkten eine einstweilige Verfügung. Schließlich leben sie von Werbeeinnahmen und das Produkt sei geschäftsschädigend, hieß es. Immerhin gewann die Firma nach einigen Monaten alle Eilverfahren. Die Gerichte befanden, die Existenz der Sender sei nicht akut gefährdet und das Geschäftsmodell von Telecontrol nicht rechtswidrig. Immerhin könne der Zuschauer die Werbung auch ohne Fernsehfee wegschalten, die Set-Top-Box sei lediglich ein Hilfsgerät. RTL gab sich mit dem Urteil nicht zufrieden und ging in Revision. Nach fünf Jahren, im Sommer dieses Jahres, wurde der Fall vor dem Bundesgerichtshof verhandelt und erneut bekamen die Fernsehfee-Erfinder Recht.

Signal über Internet
Doch inzwischen war das Gerät nutzlos geworden. Denn kaum hatte Telecontrol vor Gericht den ersten Erfolg errungen, kündigten Anfang 2000 die Radiosender, die bis dahin das „Stop-Spot-Signal“ übertragen hatten, ihre Verträge mit der Zauberfirma. Damit war die Box nur noch Elektronikschrott.

Seitdem konzentrierte sich die Firma auf die Entwicklung einer neuen Technik, bei der das Werbesignal über das Internet verbreitet wird. Statt der Box dient nun der Computer zur Steuerung des Fernsehers. Das bedeutet, dass jeder Nutzer online sein muss, wenn er die Werbung von seinem Fernsehschirm verbannen will.

Im November kommt die neue Fee auf den Markt. Sie trägt den Namen TVOON und wird etwa 130 Euro kosten. TVOON benötigt einen Rechner mit TV-Karte, der entweder per Kabel oder Funk mit dem Fernseher verbunden ist. TVOON kann damit nicht nur Werbung wegzappen, sonder auch Spielfilme komplett werbefrei aufnehmen. Außerdem können ganze Sendungen, zum Beispiel zum Kinder- und Jugendschutz, abgeblockt werden. Mit Hilfe einer elektronischen Programmzeitschrift können sogar automatisch alle Filme mit den Lieblingsschaupielern aufgezeichnet werden. Allerdings muss jeder Nutzer dabei mit erhöhten Internet- und Stromkosten rechnen.

Werbevorwurf gegen Fernsehfee
RTL fühlt sich wieder bedroht und hat erneut juristische Schritte eingeleitet. Der Vorwurf diesmal: Telecontrol schalte zwar die eigentliche Fernsehwerbung ab, zeige dafür aber eigene Werbung. Diese Vorwürfe weist das Unternehmen als unhaltbar zurück. TVOON sei ein Gerät für interaktives Fernsehen und interaktiv bedeute in dem Zusammenhang, dass der Zuschauer etwa nach einem Reisefilm einen Button eingeblendet bekomme, über den er online eine Reise buchen könne. Der große Unterschied zur Fernsehwerbung sei jedoch, dass der Nutzer die Werbung von TVOON nur bekomme, wenn er sie per Knopfdruck selbst herbeihole. Im Dezember wird nun die neue Entscheidung des Bundesgerichtshofs erwartet, die endgültig Klarheit schaffen soll.

http://www.wdr.de/tv/markt/20041025/b_3.phtml
 
aus der Diskussion: 300% in 7 Handelstagen TC Unterhaltungselektronik
Autor (Datum des Eintrages): zpo  (26.10.04 11:13:30)
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