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Für WCM kommt das Ende über Nacht

Aufsichtsratschef Dieter Vogel ist am Ziel.

Doch die Beteiligungsgesellschaft WCM verschwindet

Roland Flach, Vorstandsvorsitzender der WCM AG, Karl Ehlerding, der Investor, Dieter H. Vogel, einst Thyssen-Chef und heute, unter anderem, Aufsichtsratsvorsitzender bei WCM: Ein seltsames Dreiergespann kommt zusammen, wenn es um das schwer in Bedrängnis geratene Unternehmen und seine Rettung geht.

Praktiker Flach mußte WCM in den vergangenen Jahren durch immer gefährlichere Untiefen lotsen. Mal sollte er die Industrie-Beteiligungen verkaufen, mal die Wohnungen. Der ständige Strategiewechsel verunsicherte die ohnehin nervös werdenden Banken zusätzlich. Gleichzeitig mußte WCM-Chef Flach den Überblick über ein kompliziertes Beteilungsgeflecht behalten. Doch allen Schwierigkeiten und kritischen Fragen zum Trotz demonstrierte Flach nach außen stets Zuversicht.

Investor Ehlerding hingegen hielt sich in letzter Zeit der Öffentlichkeit fern. Dabei bescherte er der WCM erst Ideen und dann Probleme. Schließlich kam Vogel, der mit Erfahrung und Verbindungen den ganzen Schlamassel bereinigen mußte.

In der kommenden Woche, am 2. Dezember, will der WCM-Aufsichtsrat seinen Rettungsplan beschließen. Dafür hat Aufsichtsratschef Vogel eine Überraschung parat: Er hat einen Käufer für die letzten 31 000 WCM-Wohnungen gefunden. Das Geschäft soll, wie die "Welt am Sonntag" aus unternehmensnahen Kreisen erfuhr, noch in diesem Jahr abgehakt werden. Wer der Wohnungskäufer ist, bleibt vorerst unklar.

Geregelt aber ist nun, wie es weitergeht mit WCM. Mit dem Verkauf der Wohnungen bleibt als letzter großer Vermögenswert des Unternehmens die Mehrheitsbeteiligung an der Klöckner-Werke AG übrig, einem Hersteller von Verpackungsmaschinen. Damit wird sich, wie es von Seiten der WCM heißt, mit großer Wahrscheinlichkeit das Rettungsmodell umdrehen. Statt WCM Klöckner wird nun Klöckner WCM übernehmen. Das ist praktischer, denn für das dann reine Maschinenbauunternehmen kommt der alte Name ohnehin nicht in Betracht.

Auch die Beteiligungsverhältnisse lassen kaum Probleme erwarten: WCM hält 78 Prozent der Klöckner-Aktien, während nur knapp 20 Prozent der WCM-Aktien in den Händen der Familie Ehlerding sind. Während Übernahmepläne der WCM durch andere Aktionäre hätten durchkreuzt werden können, ist dies bei den Klöckner-Werken nicht möglich. Mit der Transaktion verschwindet eine der ältesten deutschen Aktiengesellschaften vom deutschen Kurszettel. WCM war 1766 als Württembergische Cattunmanufactur gegründet worden.

Der zunächst verfolgte Rettungsplan für WCM war komplizierter. Denn wenn Klöckner die WCM mit den Wohnungen übernommen hätte, wäre zwangsläufig Grunderwerbsteuer angefallen. Das wollten alle Beteiligten tunlichst vermeiden. Deshalb hätte im alten Modell WCM auf jeden Fall Klöckner übernommen und hätte dann mühsam umfirmieren müssen. Diesen Umweg erspart Vogels Lösung nun.

Damit geht eine lange Leidensgeschichte zu Ende. Seit Jahrzehnten nutzte Ehlerding die WCM für seine unternehmerischen Aktivitäten. Die bestanden im wesentlichen darin, einerseits Anteile an kraß unterbewerteten Unternehmen zu kaufen, um sie später mit Gewinn weiterzuverkaufen. Andererseits kaufte Ehlerding ausgedehnte Wohnungsbestände. Die waren günstig zu haben, wurden steuerlich gefördert und lieferten stetige Mieteinnahmen.

Beide Geschäfte gingen lange gut und brachten dem in Bremerhaven geborenen Geschäftsmann ein ordentliches Vermögen ein. Dabei blieb Ehlerding im persönlichen Lebensstil auf dem Teppich. Er lebt im Hamburger Randbezirk Niendorf und labt sich gern an Pellkartoffeln.

Bei seinen Investitionen wurde er zuletzt mutiger. Zwar hielt er sich stets von Investitionen in Werte der sogenannten New Economy fern, doch der Kauf von über fünf Prozent der Commerzbank-Aktien, persönlich und über die WCM, erwies sich als finaler Fehltritt. Was bei Industriebeteiligungen stets klappte, ging im Finanzgewerbe gründlich schief.

Da das Geschäft zum größten Teil auf Kredit finanziert war, fand sich Ehlerding in Laufe der Jahre 2002 und 2003 mehr und mehr in der Hand der Banken, die Geld sehen wollten. Unterdes fiel der Commerzbank-Kurs immer weiter. Die Banken und Ehlerding holten Vogel in den Aufsichtsrat und übertrugen ihm dessen Vorsitz. Er sollte retten, was zu retten war.

Vogel hatte anfangs keinen großen Spielraum. "Was immer er machen wollte, die Banken blockten alles ab", sagt einer seiner Vertrauten. Die einzige Möglichkeit, die Vogel sah, war der schrittweise Rückzug aus dem zum Teil über verschachtelte Konstruktionen laufenden Immobiliengeschäft. Damit hat Vogel es geschafft, das beklemmende Schuldenniveau bei WCM von 2,4 auf 1,4 Milliarden Euro Ende September zu verringen. Davon sind 1,1 Milliarden Immobilienkredite, die er durch den jetzt anstehenden Wohnungsverkauf hereinholen will. Das Heer der Banken hat WCM auch abgeschüttelt; heute ist nur noch die HSH Nordbank, hinter der die fusionierten Landesbanken von Hamburg und Schleswig-Holstein stecken, groß bei WCM engagiert.

Dann bleibt für die WCM-Aktionäre der Wert der Klöckner-Beteiligung übrig. Der liegt heute bei schätzungsweise 400 bis 500 Millionen Euro, ist aber ausbaufähig. Nach dem Marktführer Krones liegen die Klöckner-Werke auf dem Weltmarkt der Abfülltechnik an zweiter Stelle.

Ob allerdings WCM-Chef Flach noch in das Muster paßt, scheint eher zweifelhaft.
 
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Autor (Datum des Eintrages): bonDiacomova  (28.11.04 07:10:21)
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