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Dienstag, 7. Dezember 2004
Auf "Unwort"-Suche
Kanzler-Wort ist Favorit

Die "Mitnahme-Mentalität" ist einer der Favoriten als "Unwort des Jahres" 2004. Die Formulierung stammt aus einer von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) angestoßenen Debatte über den Sozialstaat. Die "Mitnahme-Mentalität " sei dabei nur einem bestimmten Teil der Bevölkerung angelastet worden, sagte der Sprecher der "Unwort"-Jury, Prof. Horst-Dieter Schlosser in einem dpa-Gespräch in Frankfurt. Diejenigen, die das meiste mitnähmen, seien jedoch nicht kritisiert worden.

Schröder hatte einer Zeitschrift gesagt, dass es in Ost wie West eine Mentalität bis weit in die Mittelschicht hinein gebe, staatliche Leistungen mitzunehmen, wo man sie kriegen könne. "Die `Mitnahme- Mentalität` ist natürlich gezüchtet worden im Laufe der Zeit; und man hatte schreckliche Vorbilder", urteilte Schlosser. Als Beispiel nannte der Germanistik-Professor Leute wie den ehemaligen Mannesmann-Konzernchef Klaus Esser, "die ja nun eine ganze Menge mitgenommen haben unter Zustimmung von Gewerkschaftsführern sogar".

Gute Chancen, zum 14. "Unwort" gekürt zu werden, hat nach Angaben Schlossers auch der Begriff "Öko-Stalinist". So hatte CSU-Landesgruppenchef Michael Glos im Februar Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) bezeichnet. Auch "Armutsgewöhnungszuschlag" sei "Unwort"-verdächtig, sagte Schlosser. "Wenn die Armut zuschlägt, muss man sich noch daran gewöhnen." Allerdings sei die Quelle für diesen Vorschlag noch nicht ganz klar.

1.520 Einsendungen sind seit Beginn der "Unwort"-Suche im Oktober eingegangen, etwa 50 Prozent mehr als sonst um diese Zeit. Unter einem "Unwort" versteht die sechsköpfige Jury Formulierungen oder Wörter, die sachlich grob unangemessen sind und möglicherweise sogar die Menschenwürde verletzen.

Einsendeschluss ist der 9. Januar 2005. Das "Unwort des Jahres 2004" soll dann am 18. Januar in Frankfurt bekannt gegeben werden. Die Jury setzt sich aus vier Sprachwissenschaftlern und zwei jährlich wechselnden Mitgliedern aus der Sprachpraxis zusammen. In diesem Jahr gehören der Vizepräsident der Sächsischen Akademie der Künste, Friedrich Dieckmann, und der Schriftsteller Volker Braun vom Verlag der Autoren zu den Juroren.

Das "Unwort" des Jahres wird seit 1991 jährlich gekürt. Im vergangenen Jahr wurde der Begriff "Tätervolk" benannt, der von dem inzwischen aus der CDU ausgeschlossenen Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann in einer als antisemitisch kritisierten Rede verwendet worden war. Zuvor traf es die "Ich-AG". Andere "Unwörter" waren beispielsweise "Gotteskrieger" (2001), "Diätenanpassung" (1995) oder "Überfremdung" (1993). Im Jahr 2000 wurde außerdem ein "Jahrhundert- Unwort" bestimmt. Dabei fiel die Wahl auf "Menschenmaterial".

Quelle: www.n-tv.de
 
aus der Diskussion: Macht mit! Wir suchen das "Unwort" des Jahres!
Autor (Datum des Eintrages): Punk24  (07.12.04 11:21:01)
Beitrag: 56 von 65 (ID:15268316)
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