Fenster schließen  |  Fenster drucken

HANDELSBLATT, Donnerstag, 27. Januar 2005, 11:09 Uhr

Amerikanische Ökonomen warnen beim WEF

"In den USA braut sich etwas zusammen"

Von H.-J. Knipper, C. Rabe und P. Schwarz, Handelsblatt

Selten zuvor waren sich prominente Wirtschaftsexperten beim Treffen des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos so einig: Die Weltkonjunktur gibt dieses Jahr zu verhaltenem Optimismus Anlass, trotz des hohen Ölpreises. Nur noch ein Land macht Stephen Roach, dem Chefökonomen der US-Investmentbank Morgan Stanley, und seinen Kollegen Sorgen: die USA.

DAVOS/DÜSSELDORF. Roach: „Ich bin optimistisch für China und Indien, auch für Japan, und ich sehe sogar in Europa positive Entwicklungen. Aber in den USA braut sich etwas zusammen: Irgendwann wird der private Verbrauch zusammen brechen. Die Sparquote der Amerikaner ist zu niedrig.“

Auf dem Podium, das sich Roach mit dem Vizechef des Versicherungskonzerns AIG, Jacob Frenkel, dem japanischen Professor Takatoshi Ito und Laura Tyson von der London Business School teilte, erntete der streitbare Amerikaner ungeteilten Beifall für diese Bemerkung. Frenkel machte auf ein weiteres US-Risiko für die Weltwirtschaft aufmerksam, das in seinen Augen bisher in Washington ignoriert wird: das ungebremst wachsende Haushaltsdefizit und das chronische Leistungsbilanzdefizit. Frenkel: „Wann hört die Musik auf zu spielen? Noch läuft die Musik, und sie wird weiter laufen, aber sie wird sich verändern. Länder, die heute die Lokomotive der Weltwirtschaft sind, werden zu Gezogenen. Und umgekehrt“, sagte der AIG-Chef mit Blick auf die US-Konjunktur.

Alle vier Experten monierten zwar die von der US-Politik provozierten Ungleichgewichte auf den Weltwährungsmärkten – schwacher Dollar und starker Euro, Druck auf Renmimbi und Yen zur raschen Aufwertung – glaubten aber nicht, dass sich daran kurzfristig etwas ändert. Eine nachhaltig negative Wirkung auf den Dollar als die führende Reservewährung sahen sie nicht, auch wenn dem Euro zugetraut wird, künftig mehr in asiatische Währungsreserven zu fließen als bisher.

[...]

Der zweite große Risikofaktor für die Weltwirtschaft ist die Wechselkursentwicklung. Der Euro hat im vergangenen Jahr deutlich gegenüber dem US-Dollar aufgewertet. Dadurch haben sich die Exporte europäischer Produkte am Weltmarkt verteuert. Allerdings wurde dieser Effekt durch den Boom der Weltwirtschaft überkompensiert, und der Export lief weiter auf Hochtouren.

In der US-Leistungsbilanz wiederum klafft noch immer ein tiefes Loch – die Importe steigen weiter schneller als die Ausfuhren, obwohl US-Produkte durch die Abwertung des Dollars am Weltmarkt preiswerter geworden sind. Das Defizit der US-Leistungsbilanz hat sich inzwischen auf gut 5,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) summiert und gilt als eine der zentralen Gefahren für die Weltwirtschaft. Denn sollten die internationalen Investoren das Vertrauen in den Wirtschaftsstandort USA verlieren, droht eine massive Abwertung des US-Dollars.

[...]


http://www.handelsblatt.com/pshb/fn/relhbi/sfn/buildhbi/cn/G…


Volkmar
 
aus der Diskussion: Der "Wie überstehe ich finanziell die Geldentwertung" - Thread
Autor (Datum des Eintrages): volkmar30  (27.01.05 17:31:19)
Beitrag: 83 von 145 (ID:15646097)
Alle Angaben ohne Gewähr © wallstreetONLINE