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28.2.05, Vom Meister zum Mittelmaß
Deutschland rutscht in der europäischen Wohlstandsliga immer weiter ab.
Neue Berechnungen zeigen:
Bald dürften sogar Italien und Spanien das einstige Wirtschafts-Wunderland überholen


Es ist fast auf den Tag genau ein Jahr her, da meldete sich der damalige spanische Regierungschef José María Aznar mit einer Bemerkung zu Wort, die halb Europa vor den Kopf stieß: Die Grenzen innerhalb des Währungsraums seien klar gezogen.
Auf der einen Seite gebe es ein Europa mit Ländern wie Spanien, die zulegten und Arbeitsplätze schafften.
Und auf der anderen absteigende Staaten wie Deutschland, die in ihrer Bedeutung schrumpften und ihren Haushalt nicht in den Griff bekämen. Solche Sätze von dem Regierungschef eines der ehemals ärmsten EU-Länder klangen vermessen. Das Problem ist nur: Aznar hatte recht.

Nach Berechnungen der WELT wird das dynamisch wachsende Spanien Deutschland 2011 beim Pro-Kopf-Einkommen überholt haben.
Und Italien, das nach wie vor zu den Wachstumsbremsen des Euro-Raums zählt, könnte Deutschland sogar schon im übernächsten Jahr überrunden.
Während die einstigen Schlußlichter immer weiter zulegen, oder, wie im Fall Irlands, Deutschland längst überflügelt haben,
wird die größte Volkswirtschaft der Euro-Zone allmählich zum Armenhaus des alten Europas.

Wie groß der relative Abstieg ist, zeigt die Statistik:Ende der achtziger Jahre zählten die Deutschen noch zu den reichsten Nationen des Alten Kontinents.
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf, einer der wichtigsten Wohlstandsindikatoren, lag damals rund 20 Prozent über dem EU-Durchschnitt.
Auch Anfang der neunziger Jahre gehörte Deutschland noch zu den Top drei der EU mit ihren damals 15 Staaten.
Seitdem ging es für das einstige Wirtschaftswunderland stetig bergab: Mitte der neunziger Jahre gab es nur fünf Länder (Luxemburg, Österreich, Dänemark, Belgien und die Niederland), deren Wertschöpfung pro Kopf über der deutschen lag.
Mittlerweile hat sich das Bild umgekehrt.
Gerade einmal vier Staaten der alten EU (Italien, Spanien, Griechenland und Portugal) schneiden schlechter ab als Deutschland.
Die übrigen haben die Bundesrepublik längst hinter sich gelassen.
(...)
http://www.welt.de/data/2005/02/28/545550.html?prx=1
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HANDELSBLATT, Montag, 28. Februar 2005
Strukturprobleme
Ifo spricht von chronischer Schwäche

Deutschland hinkt beim Wachstum anderen wichtigen Ländern schon seit langem hinterher.
Das Trendwachstum in Deutschland sei spätestens seit Ende der siebziger Jahre niedriger als in den anderen Euro-Staaten und den USA,
berichtete das ifo Institut am Montag in einer aktuellen Studie.


HB MÜNCHEN. „Dies deutet auf bereits seit langem bestehende Strukturprobleme in Deutschland hin.“ Es spreche wenig dafür, dass das durchschnittliche Wachstum in den nächsten Jahren höher ausfallen werde. In der Studie wurden die langfristigen Trends des realen Bruttoinlandsprodukts in Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien, den USA und Japan sowie der Eurozone untersucht. Bemerkenswert sei der weitgehende Gleichlauf der Konjunktur in den vergangenen Jahren, heißt es. In allen Ländern sei im Jahr 2000 ein relatives Maximum der Konjunktur zu beobachten gewesen, in den folgenden Jahren sei der Zyklus dann einheitlich negativ verlaufen.

Zwar zeigten die Kurven in den meisten Ländern in die gleiche Richtung, in Deutschland fiel das Wachstum aber oft besonders niedrig aus. So lag die Wachstumsrate in den Jahren 2000 bis 2004 hier zu Lande bei 1,1 Prozent und damit nur halb so hoch wie in den übrigen Euro-Ländern. Die Kosten der Wiedervereinigung, die Beschleunigung der Globalisierung und die Einführung des Euro hätten zu der schwachen Entwicklung sicher beigetragen, erklärte das Institut. Die Wachstumsschwäche habe sich aber schon lange vorher abgezeichnet.

So kam Deutschland in den Jahren 1970 bis 1989 auf eine durchschnittliche Wachstumsrate von 2,5 Prozent. In der Eurozone ohne Deutschland waren es 2,9 Prozent, in den USA 3,2 Prozent. „Die Herausforderungen an die Wirtschafts- und Sozialpolitik sind damit noch viel größer, als der Blick auf die negativen Entwicklungen in den letzten Jahren allein suggeriert“, urteilte das Ifo Institut.

Investitionstätigkeit in Deutschland bleibt mager

Die deutschen Unternehmen dürften sich nach Einschätzung des Münchner Ifo-Instituts auch mit ihren Investitionen vorerst weiter zurückhalten. Darauf deutet der aus einer Umfrage unter Leasing-Unternehmen berechnete Investitionsindex des Instituts hin.

„Zweifel an einer nachhaltigen Investitionsbelebung sind also durchaus angebracht, nach den aktuellen Ergebnissen dürfte sich das magere Investitionswachstum eher verlangsamen“, erklärten die Münchner Forscher am Montag. Der auf den Zukunftseinschätzungen von Leasing-Unternehmen basierende Indikator schwäche sich bereits im ersten und zweiten Quartal wieder ab, bleibe aber noch im positiven Bereich. Da viele Unternehmen inzwischen bei steigender Nachfrage Maschinen leasen, lassen die Geschäfte der Leasing-Firmen dem Ifo zufolge auch Rückschlüsse auf die Investitionstätigkeit zu.

Ein Anziehen der Investitionen gilt als Schlüssel für mehr Arbeitsplätze und damit für einen selbsttragenden Aufschwung in Deutschland. „Angesichts des inzwischen nicht unbedeutenden Investitionsstaus in den Unternehmen wäre das Potenzial ausreichend, um bei passenden Rahmenbedingungen 2005 zu einem Jahr der Investitionen werden zu lassen“, schrieben die Ifo-Ökonomen weiter. Wegen der derzeit sehr unsicheren Aussichten für die Konjunktur hält das Institut einen kräftigen Investitionszuwachs wie im Gemeinschaftsgutachten der führenden Forschungsinstitute im Herbst 2004 mit einem nominalen Plus von fast fünf Prozent noch prognostiziert für sehr unwahrscheinlich.

http://www.handelsblatt.com/pshb/fn/relhbi/sfn/cn_artikel_dr…
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10. März 2005, KONJUNKTURPROGNOSE 2005
Deutschland schon wieder Schlusslicht in Europa


Während die Politik noch über Konjunkturprogramme nachdenkt, präsentieren Wirtschaftsforscher deprimierende Zahlen: Nach Berechnungen zweier Institute wird Deutschland 2005 beim Wachstum abermals schlechter abschneiden als alle anderen Länder im Euro-Raum. Da hilft auch nicht, dass die Exporte zuletzt noch einmal angezogen haben.

Kiel/München - Die Kieler Forscher vom Institut für Weltwirtschaft (IfW) erwarten in ihrer heute veröffentlichten Prognose im Schnitt 1,4 Prozent Wachstum für die zwölf Staaten der Euro-Zone. Spitzenreiter der Euro-Länder wird 2005 demnach Irland mit 4,3 Prozent Plus beim Bruttoinlandsprodukt sein. In Deutschland hingegen werde die Wirtschaft nur um 0,6 bis 0,8 Prozent wachsen, prognostizieren die Kieler.

Auch nach Einschätzung des Münchner ifo Instituts wird Deutschland in diesem Jahr bei der Konjunktur im Euroraum Schlusslicht sein. Über den Zeitraum der vergangenen zehn Jahre hätte Deutschland damit von allen Ländern West- und Mitteleuropas im Schnitt das schwächste Wachstum aufgewiesen, sagte ifo-Präsident Hans-Werner Sinn am Donnerstag in München. Lediglich Länder wie Rumänien und Bulgarien hätten noch niedrigere Raten. "Auch Deutschland hat derzeit einen kleinen Aufschwung, er befriedigt uns nicht, weil er zu schwach ist."

IfW: Arbeitslosenzahl 2005 bei 4,64 Millionen

Anders als andere Forschungsinstitute, die in den vergangenen Tagen ihre Erwartungen für die deutsche Wirtschaftsentwicklung in diesem Jahr gesenkt hatten, hielt Sinn aber an der ifo-Konjunkturprognose fest. "Unsere letzte Prognose ist 1,2 Prozent und dabei bleibt es vorläufig."

Um im internationalen Wettbewerb mithalten zu können, seien längere Arbeitszeiten ohne Lohnausgleich ein sinnvolles Mittel, sagte er. "Ich würde meinen, wenn man von 38 Stunden tarifliche Arbeitszeit auf 42 geht, ist das machbar." Dadurch würden sich die Lohnkosten in Deutschland um zehn Prozent verringern.

Das IfW hatte bereits gestern mitgeteilt, die Lage auf dem Arbeitsmarkt werde sich 2005 nicht grundlegend ändern. In der Prognose wird die durchschnittliche Erwerbslosenzahl für 2005 auf 4,64 Millionen geschätzt - nach 4,38 Millionen im vergangenen Jahr. "Für die Unternehmen gibt es nur wenig Anlass, ihre Investitionen und ihre Nachfrage nach Arbeitskräften zu steigern, da die Abgabenlast im Vergleich zum Ausland beträchtlich ist und die Arbeitskosten nach wie vor hoch", schreiben die Forscher des Instituts.

Kräftiges Export-Plus im Januar

2006 rechnen sie beim Bruttoinlandsprodukt mit 1,3 Prozent Zuwachs. Eine große Dynamik sei jedoch auch 2006 nicht zu erwarten. Die "fundamentalen Wachstumsbedingungen" in Deutschland hätten sich trotz Reformen kaum verbessert. Die Reformen etwa auf dem Arbeitsmarkt hätten "lediglich verhindert, dass die Wachstumsrate weiter abnimmt".

Unterdessen wurde bekannt, dass die deutschen Ausfuhren zu Jahresbeginn kräftig gestiegen sind. Die Exporte erhöhten sich im Januar saisonbereinigt um 6,1 Prozent zum Vormonat, nach einem Rückgang von 4,2 Prozent im Dezember, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden nach vorläufigen Berechnungen mitteilte. Mit einem Wert von 60,7 Milliarden Euro wurde das Vorjahresniveau um 9,5 Prozent übertroffen. Die Einfuhren erhöhten sich um 6,6 Prozent zum Dezember und um 10,6 Prozent zum Vorjahr auf 47,5 Milliarden Euro.

"Die heutigen Zahlen zeigen, dass die deutsche Wirtschaft von der guten Weltkonjunktur weiterhin erhebliche positive Impulse erhält", sagte Volkswirt Ralph Solveen von der Commerzbank. Der Export bleibe die "wichtigste Konjunkturstütze".

Die HypoVereinsbank warnte dagegen davor, die Januar-Zahlen überzubewerten. "Erstens war eine Reaktion auf die schwachen Zahlen im Dezember zu erwarten gewesen", sagte Volkswirt Thomas Hueck. "Zweitens bleibt der bedeutendere Drei-Monats-Durchschnitt unter seinem im November erreichten Höhepunkt." Drittens verliere der Welthandel an Dynamik.


http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,345712,00.html

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Hier wird`s wohl erst dann zu DURCHGREIFENDEN Reformen kommen,
wenn die Karre völlig an die Wand gefahren wurde.

 
aus der Diskussion: Merkel verteidigt Eigenheimzulage
Autor (Datum des Eintrages): nasdaq10.000  (13.03.05 14:05:30)
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