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Eurokraten und Perma-Bären


Eurokraten und Perma-Bären mögen es, das Rekordtief des Dollars für
die wirtschaftlichen Probleme der Eurozone verantwortlich zu machen.
Die hässlichen Amerikaner - laut diesen Leuten - importieren mehr als
sie exportieren, weshalb sie die (angeblich so sparsamen und klugen)
Ausländer brauchen, um den Yankee-Konsum finanzieren zu können.

Aber mit jedem Gequieke, das aus Brüssel, Tokio oder Seoul kommt,
fällt der Dollar ein bisschen mehr. Und mit jedem weiteren Rückgang
fällt auch der relative Wert der von Asiaten und Europäern gehaltenen
Dollarreserven.

Leider stagniert die Binnennachfrage in Euroland, oder sie fällt
sogar, wegen unzureichenden wirtschaftlichen Reformen in den
betreffenden Ländern. Sie ist auf jeden Fall nicht in der Lage, einen
Rückgang der amerikanischen Nachfrage auszugleichen.

In Japan - wo die Dollarreserven auf 820 Milliarden geschätzt werden -
bedeutet jeder Cent, den der Dollar verliert, einen Buchverlust von
8,2 Milliarden Dollar. Und die Europäische Zentralbank (EZB) hat für
2004 eine Verdreifachung ihrer Verluste gemeldet, auf über 1,63
Milliarden Euro, hauptsächlich wegen der Abwertung der
Dollar-Devisenreserven um 2,1 Milliarden Euro.

Und der deutsche Finanzminister Hans Eichel erhält von der Bundesbank
auch weniger Geld, als er erwartet hatte.

(Angesichts dieser Dynamik wird es ziemlich offensichtlich, warum sich
China standhaft weigert, die eigene Währung gegenüber dem Dollar frei
schwanken zu lassen: Jeder Anstieg des Yuan würde die in Dollar
gehaltenen Devisenreserven weniger wert werden lassen. Und die
chinesische Binnennachfrage würde das nicht ausgleichen können, denn
China ist ein Land, das immer noch Dritte-Welt-Löhne zahlt, für
Arbeiter, die hochwertige Güter produzieren.)

*** Auch die europäischen Firmen spüren den Schmerz. Das französische
Unternehmen Thales hat gerade die Prognose für 2005 gesenkt, die auf
einem Wechselkurs von 1,15 Dollar je Euro beruhte. Thales-Boss Bernard
Arnault sagte, dass sein Unternehmen "die operativen Gewinne alleine
wegen des Dollarverfalls um 500 Millionen Euro fallen."

Selbst der vor kurzem gefeierte Airbus-Hersteller EADS deutete an,
dass der schwächere Dollar dazu zwinge, mindestens 300 der neuen A380
Super-Jumbos zu bauen, um überhaupt die Gewinnzone zu erreichen. Das
ist ein Anstieg von 20 % gegenüber der vorigen Prognose.

Jeder Rückgang der Profitabilität und jeder Euro Buchverlust bei den
Devisenreserven verwandelt sich in größeren Druck auf den jeweiligen
Binnenmarkt und das öffentliche Schuldenniveau. Und die öffentlichen
Schulden sind - als Anteil am Bruttoinlandsprodukt - in Japan, China,
Deutschland, Italien und Frankreich schon jetzt größer als in den USA.

Jede Klage über den schwachen Dollar führt zu einem weiteren
Dollar-Rückgang. Die Bewertung des Euro belastet das ohnehin moderate
Wirtschaftswachstum in Europa. Und das wird wahrscheinlich so bleiben,
solange die Zentralbanken keine aktiven Schritte ergreifen, um den
Wert des Euro zu drücken.

Diese Schritte werden wahrscheinlicher, wenn man bedenkt, dass die
Korrektur des US-Leistungsbilanzdefizits für Europa und Asien
eigentlich eine schlechte Nachricht wäre. Denn wenn die USA z.B. die
Importe von ausländischen Gütern beschränken würden, dann würden die
hauchdünnen Wachstumsraten in Europa und Japan kollabieren.

von J. Christoph Amberger in Baltimore
17. März 2005
 
aus der Diskussion: Wochenthread Charttechnik KW 11 / 2005
Autor (Datum des Eintrages): MauritiusSonne  (17.03.05 16:55:57)
Beitrag: 100 von 114 (ID:16121932)
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