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Dem Orakel gehen die Ideen aus
Frankfurter Allgemeine Zeitung

27. April 2005 Es sind beileibe keine armen Menschen, die an diesem Samstag in Omaha, einer rund 400.000 Seelen zählenden Stadt im Mittleren Westen Amerikas, zusammenkommen werden. Gleichwohl können sie vielerorts mit Rabatten rechnen - Rabatte auf Autoversicherungen, Schuhe, T-Shirts, Möbel, Bücher und Schmuck.

Die Omaha-Pilger werden aber auch deshalb gerne Geld in der Nebraska-Metropole lassen, weil sie wissen, daß es in der Familie bleibt. Denn es sind alles Firmen aus dem Reich von Warren Buffett, die mit den Vergünstigungen locken.

Berkshire Hathaway lädt zur Hauptversammlung

Buffett, der wohl erfolgreichste Investor aller Zeiten, lädt wieder einmal zum "Woodstock der Kapitalisten" ein, der Hauptversammlung seines Investmentvehikels Berkshire Hathaway. 19.500 Aktionäre waren es im vergangenen Jahr, die zu dieser Audienz ihres Idols gekommen waren.

In den Wochen vor der großen Aktionärsparty war der Kurs der A-Aktien von Berkshire bis auf ein Rekordhoch von 95.650 Dollar geklettert - die 100.000-Dollar-Marke schien greifbar nahe. Heute, gut ein Jahr später, hat sich der Aktienkurs bei 82.000 Dollar eingependelt, während sich der amerikanische Aktienmarkt im gleichen Zeitraum behauptet hat.

Die zündenden Ideen fehlen

Ein solches Zwölf-Monats-Fenster, in dem Buffett einmal hinter dem Markt zurückgeblieben ist, erscheint natürlich sehr willkürlich und schmälert in keiner Weise die beispiellose historische Bilanz des Investors Warren Buffett. Und dennoch: Der Aktienkurs von Berkshire ist jetzt wieder da, wo er schon einmal vor sieben Jahren war.

Und auch unabhängig vom Kurs drängt sich langsam der Eindruck auf, daß dem "Orakel von Omaha" die zündenden Ideen ausgehen. Der beste Beleg dafür ist die vor Kraft strotzende Bilanz von Berkshire: Zum Ende des vergangenen Jahres schob der Mischkonzern eine Liquidität von 43 Milliarden Dollar vor sich her, viermal mehr als noch zwei Jahre zuvor.

In seinem jüngsten Aktionärsbrief schrieb Buffett, seine Hoffnung sei es gewesen, mehrere Multimilliarden-Dollar-Käufe zu tätigen. "Aber das ist mir nicht gelungen." Buffett gelobte zwar, den "Geldschatz" in diesem Jahr in interessantere Anlagen umzuwandeln. Bisher ist davon freilich wenig zu sehen. Unlängst wurde nur bekannt, daß Berkshire bei der amerikanischen Brauerei Anheuser-Busch eingestiegen ist. Die letzte Milliardeninvestition war jedoch im Jahr 2003 der Kauf von Clayton Homes.

Sonderdividende könnte A-Rating gefährden

Es mehren sich denn auch die Spekulationen, daß Berkshire einen Großteil der angehäuften Liquidität an die Aktionäre weiterreicht. "Die Ausschüttung einer Sonderdividende wird immer wahrscheinlicher", sagt Charles Gates, Analyst bei Credit Suisse First Boston. Buffetts Freund Bill Gates, der im Board von Berkshire sitzt, hat vorgemacht, wie es geht: Der Software-Konzern schüttete im vergangenen Jahr auf einen Schlag 32 Milliarden Dollar aus.

Freilich müßte Buffett darauf achten, daß diese Sonderausschüttung das Triple-A-Rating von Berkshire nicht gefährdet. Berkshire ist heute in erster Linie ein Versicherungskonzern. Und für einen Versicherer ist die Bestnote der Rating-Agenturen ein großer Wettbewerbsvorteil.

Die Agentur Fitch hat Berkshire unlängst mit einem negativen Ausblick versehen. Interessanterweise hob sie dabei auch auf das fortgeschrittene Alter von Buffett ab. Der nach Bill Gates zweitreichste Mann der Welt wird im August 75 Jahre alt. Es werde nicht einfach sein, seine Talente zu ersetzen, schreiben die Fitch-Experten. Mit zunehmendem Alter wird Buffett somit selbst zu einem Risiko für die Berkshire-Aktie.
 
aus der Diskussion: Berkshire Hathaway
Autor (Datum des Eintrages): Carret  (28.04.05 18:31:45)
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