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@cornelius
Eine gute Zusammenfassung der Bremsklötze bzw. Gründe für die Abwärtstendenz in unserer Gesellschaft.

Doch was schlägst du als Lösung des gordischen Knotens
"Schuld sind immer die anderen" vor?

Ein wenig neben der Sache finde ich zunächst folgende Frage
Warum sollte es ein Unternehmer anders machen als jeder von uns, der Geiz geil findet?

Zunächst würde ich mal Münteferings Worte in ihrer Einseitigkeit und undifferenzierten Primitivität der drohenden Niederlage
im sozialdemokratischen Stammland NRW, also der Panik
vor dem Verlust der alten Erbpfründe zuschreiben.
Das letzte Gefecht um ein paasr Wackelwähler sozusagen.

Genützt hat es ja seiner Partei trotz allgemeiner Zustimmung der Bevölkerung zu den Aussagen bisher nicht in den Umfragewerten. Wie auch, die SPD ist ja lange genug an der Regierung und hätte solchen Entwicklungen begegnen können, wenn nötig...
Und so werden die meisten denken: Folgenlose Wahlkampfrhetorik wie gehabt.

Heuchlerisch ist es ohnehin, denn auch der Bund unter SPD Regierung hat fette Geschäfte mit Private Equity
Gesellschaften gemacht. Und per Telekom/T-online/Postprivatisierung auch
fleißig mitgespielt im großen Spiel an der Börse
(und Kleinanlegergelder im großen Stil angezapft und zum Teil auch verspielt...)

Wenn man aber losgelöst vom Wahlkampfparolen einmal den Kern der Sache betrachtet:

Es geht bei der Debatte gerade nicht um das Handeln von Unternehmern im eigentlichen Sinne. Die gesellschaftlich wichtigste Gruppe der Unternehmer, nämlich den Mittelstand, hat Dampfplauderer und Taktierer Schröder ja ohnehin permanent ignoriert und benachteiligt.

Sondern es geht um das Handeln von Managern, die eigentlich bezahlte Angestellte der Aktionäre, also von uns, sind.

Diese Manager haben oft Ziele die gesellschaftskonträr sind. Zum Beispiel kann ich keinen Nutzen für die Gesellschaft allgemein darin erkennen, wenn Quartalsergebnisse
trickreich aufgebläht werden, damit die eine oder andere Aktienoption kurzfristig hochpreisig verscherbelt werden kann. Oder wenn die Eigenkapitalbasis runtergefahren wird
(per Fremdkapital) um das goldene Kalb Eigenkapitalrendite zu mästen und damit anzugeben- zu Lasten einer erhöhten Instabilität den Unternehmens in schlechten Zeiten und durch Einfluss unternehmensfremder Kreise(Fremdkapital->Banken).

Oder wenn allgemein Trends hinterhergejagt wird (Kurzfristige Kostenersparnis durch unnötige Arbeitsplatzverlagerung) um die eigenen strategischen und operativen Schwächen zu verdecken. Um ein Beispiel zu nennen, dass es auch anders geht: Es gibt sogar noch Betriebe der Kleidungsindustrie die ausschließlich in Deutschland produzieren und dabei profitabel sind.


Mich stört auch, dass Aufsichtsräte durch die vielfachen Verflechtungen oft nur ein Kumpel- und Abnickgremium sind. Wirksame Kontrolle Fehlanzeige.

Gleichzeitig steigen Managergehälter exorbitant, ohne dass der Unternehmenswert/Aktienkurs über mehrere Jahre gemittelt betrachtet, erkennbar steigt.
Daimler, Volkswagen, Hypovereinsbank, Siemens ....
Da darf man durchaus auch mal Namen nennen. ;)

Kurzum ich finde auch, es hat da schon eine kurzfristig orientierte Selbstbedienungsmentalität um sich gegriffen, die bei Null eigenem Risiko den eigenen Nutzen maximieren will, auf Kosten des Wichtigsten: Nachhaltigkeit und Stabilität des Systems und damit der Zukunft.

Es ist zwar richtig, dass dies auch bei anderen gesellschaftlichen Gruppen so ist, aber man sollte doch bitte nicht die Dinge auf den Kopf stellen:

Warum sollte es ein Unternehmer anders machen als jeder von uns, der Geiz geil findet?

Der Schüler und Lehrling kopiert natürlich seine Eltern
und den erfolgreichen Unternehmer und nicht umgekehrt.

Ein CEO, der 10 Mio im Jahr einstreicht, hat nun mal eine Vorbildwirkung, schon allein weil er `erfolgreich` in den Augen vieler geldorientierter Menschen ist.

Wenn der CEO z.B. eine Welt-AG schaffen wollte, aber nur einen weltweiten Dauer-Sanierungsfall hevorbringt und dennoch jahrelang bei Spitzengehalt und -Boni weiterwursteln und seine Sprüche im Badisch-Denglisch kloppen darf, also jeder Verantwortungsübernahme ausweicht, warum sollte sich dann ein beamteter Mittelschullehrer oder ein Hausmeister oder ein Azubi oder ein Elternteil mehr unter Erfolgsdruck setzen lassen und Verantwortung zeigen? So herum kann man nämlich auch fragen.

Dasselbe gilt für Politiker, jahrelange Debatten, Schaukämpfe, parteitaktische Spielchen im Jahrzehntelangen Reformstau,
nichts wird gestaltet, nichts bewegt, die Zukunft verspielt, Steuergesetzgebung ein obskures Perversitätenkabinett, handwerkliche Fehler allerorten, die auch durch massive Ausweitung der Bespitzelung und Ausspähung der Bürger nicht kompensiert werden können,
aber keiner tritt zurück, keiner kontrolliert die Exekutive. Stattdessen zählen die Parlamentarier die Kohle aus den Nebenjobs und die Einkünfte aus anderen Pöstchen .... etwas überspitzt gesagt.

Natürlich kann man nicht alle Probleme unseres Landes nur mit dem Versagen einiger `Spitzenleute` erklären.

Aber man kann in seinem Umfeld und Wirkungskreis schon aktiv werden. Zum Beispiel bei Unternehmen die AG`s sind
(ich beschränke mich mal auf die Börse da in einem Börsenforum).

Wenn ich als Aktionär Unternehmensentscheidungen oder Áktivitäten nicht verstehe, verlange ich Aufklärung, Per e-mail oder auf HV`s. Unterbleibt diese oder bin ich nicht einverstanden damit, wird verkauft. Solange dasselbe Management am Ruder ist, fasse ich die Aktie dann nicht mehr an- außer evtl. zum kurzfristigen Traden.
Aber auch da bevorzuge ich Werte, bei denen ich mich `wohlfühle`.

Gigantische Wertsteigerungen zu erwarten oder zu fordern bei meinen Langfristanlagen habe ich mir schon lange abgewöhnt - mir ist ein Unternehmen lieber, das in einem guten Jahr beipielsweise `nur` 20- 30% zulegt, aber in einem schlechten auch nicht mehr als 10% verliert. Nachhaltigkeit und Stabilität!

Unternehmen, die massiv Arbeitsplätze ins Ausland verlagern, ohne neue zu schaffen (die Unternehmen sind in der Regel auch nicht innovativ) oder die hier keine Steuern mehr zahlen, meide ich auch, soweit möglich.
Als Aktionär und als Kunde!

Würde das jeder so machen, also jeder Aktionär seine Eigentümerverantwortung wahrnehmen, dann würden Manager vielleicht die Aktionäre auch wieder ernster nehmen. Fonds kaufe ich ja sowieso nie. Was nützt es, wenn ein Herr Kaldemorgen auf der Daimler-Chrysler HV heftig Kritik übt, aber nachher die Abstimmungsergebnisse prozentmäßig so hoch wie die der DDR-SED unter Honecker ausfallen, und zwar pro Vorstand und Aufsichtsrat und nicht contra?

Zu den Möglichkeiten, die jedes Individuum hat,
zum Fortschritt der Gesellschaft auch in anderen Bereichen abseits der Börse beizutragen, fiele mir noch einiges ein. Vielleicht werde ich an einem anderen Abend mehr dazu schreiben
.
Für heute nur so viel: In der Erziehung muss man mit gutem Beispiel vorangehen, alles andere ist zum Scheitern verurteilt, da nicht glaubwürdig. Leistung nicht nur fordern, sondern auch fördern und honorieren, aber nicht überfordern. Relative Steigerungen wahrnehmen und anerkennen! Bei Kindern und Lehrern. :) Zeit nehmen und zuhören, der Mensch muss im Mittelpunkt stehen, nicht die Materie.

Nicht alle Kinder sind begabt für die Schulanforderungen, und die nach Noten Schwächeren sind manchmal besonders leistungswillig in einem praktischen Beruf, vorausgesetzt die Noten sind nicht das Resultat von umfassender Faulheit. Das kann man aber durchaus in Betriebspraktika testen, die sogar staatlich gefördert werden -dies für die Lehrherren die vorwiegend nach den Noten schauen.



Abschließend möchte ich noch auf einen Aktikel hinweisen, der Münteferings Wahlkampfparolen ein etwas differerenziertes, vernünftigeres
Bild gegenüberstellt.

http://www.wallstreet-online.de/ws/news/news/seenews.php?&PH…

Gruß, Klinger
 
aus der Diskussion: +-+-+ Schnell reich werden - auf Kosten anderer +-+-+
Autor (Datum des Eintrages): KlingerP  (03.05.05 22:20:56)
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