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Quote soll China stoppen
EU und USA machen Druck im Textilstreit
Der Countdown läuft. Bis zum nächsten Wochenende hat China Zeit, seine stark steigenden Exporte von T-Shirts und Flachsgarn nach Europa zu drosseln, um Importquoten der EU zu vermeiden. Brüssel hatte am vorigen Freitag ein Verfahren bei der Welthandelsorganisation WTO eingeleitet, das nach 15 Tagen Chinas Einfuhrzuwächse für beide Produkte deckelt - wenn Peking nicht rasch etwas dagegen unternimmt.


Fünf Monate sind vergangen, seit das globale Textilquotensystem, das Ausfuhren Chinas und anderer Staaten von Stoffen, Kleidung und Garnen in die Industrieländer beschränkt hatte, beendet wurde. Seitdem wächst der Druck auf die Europäische Union und die USA. Heimische Textilproduzenten fürchten um ihre Marktanteile und erwarten große Jobverluste. In der EU forderten sieben Länder, darunter Frankreich, Italien und Portugal, EU-Handelskommissar Peter Mandelson zu einer harten Linie auf.


Doch einknicken vor den westlichen Industriestaaten will China nicht. Der Textilboom sei gutes Recht des Landes, sagt Handelsminister Bo Xilai. "Wir selbst haben für den WTO-Beitritt auch große Kompromisse bei der Marktöffnung gemacht."


Der Textilstreit sei ein Beispiel für das, was noch kommen könne, meint Yiping Huang Citibank-Ökonom in Hongkong. Solange China den Yuan an den Dollar kopple, könnte dies bei jeder Gelegenheit zum Sündenbock für große Handelsüberschüsse Chinas und damit zum Vorwand für Strafzölle gemacht werden.


Chinas Politiker dagegen müssen demonstrieren, daß sie sich um das Los der 19 Millionen Textil-Beschäftigten sorgen. Manche Betriebe expandierten schnell nach dem Ende der Quoten und müssen nun möglicherweise Fabriken wieder schließen. Die Ausfuhrzölle, die erst im Januar eingeführt wurden und nun eigentlich steigen sollten, hatten die ohnehin sehr knappen Margen des Sektors belastet. Zudem sind Textil und Bekleidung arbeitsintensive Branchen, deren Wachstum China braucht, um Jobs zu schaffen für das wachsende Heer entlassener Arbeiter der Staatsindustrie.


Ein Gang Chinas vors WTO-Schiedsgericht wäre allerdings knifflig. Denn China mußte für sein WTO-Beitrittsabkommen die Schutzmaßnahmen akzeptieren. Demnach dürfen Staaten den Anstieg der Textilimporte aus China bis 2008 jeweils jährlich auf 7,5 Prozent deckeln, wenn der heimische Markt "gestört" wird.


Doch was ist eine Marktstörung? Nach Angaben der EU landeten im ersten Quartal 187 Prozent mehr T-Shirts und 56 Prozent mehr Leinengarn aus China auf dem europäischen Markt als ein Jahr zuvor. Chinas Textilexporte in die USA wuchsen nach einer Citibank-Studie um 89 Prozent, in die EU um immer noch 48 Prozent.


Doch Chinas Vorteile wie günstige Arbeitskräfte und riesige Kapazitäten für Kleidung und sämtliche Vorprodukte sind schon lange bekannt. EU und USA seien selbst schuld, wenn sie sich nicht ausreichend auf den Wegfall der Quoten vorbereitet hätten, sagt Handelsminister Bo Xilai.


Trotzdem wird China um weitere Schutz-Quoten wohl nicht herumkommen. Bringen werden diese der EU und den USA jedoch nichts, glaubt Andy Xie, Chefökonom bei Morgan Stanley in Hongkong. Sie erhöhten nur die Preise für Konsumenten, ohne die Produzenten zu schützen, "Handel ist nicht mehr bilateral. Die USA können Importe von Hosen und Hemden aus China begrenzen, aber andere Entwicklungsländer haben immer noch freien Zugang zum US-Markt." Diese Staaten würden die Stoffe dafür wahrscheinlich aus China importieren.


Einige chinesische Firmen verlagern bereits Produktionsteile in Länder wie Kambodscha, um die Quoten zu umgehen. 2008 enden die Schutzklauseln und damit die Schonfrist so oder so. Christiane Kühl




Artikel erschienen am 5. Juni 2005
 
aus der Diskussion: Eric Clapton - keiner kann es besser
Autor (Datum des Eintrages): nocherts  (05.06.05 08:34:54)
Beitrag: 65 von 211 (ID:16804441)
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