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Fusionsstreit bringt Baukonzern Züblin in die Klemme
Strabag-Chef Haselsteiner will das Unternehmen schnell integrieren - Doch der Minderheitsaktionär Lenz leistet Widerstand
von Hagen Seidel

Stuttgart/Düsseldorf - Auf den Stuttgarter Baukonzern Züblin AG kommen nach der Mehrheits-Übernahme durch die österreichische Strabag Holding konfliktreiche Monate zu. Nach Informationen der WELT will Strabag-Chef Hans-Peter Haselsteiner unter anderem das risikoreiche Hoch- und Ingenieurbaugeschäft aus seiner Kölner Strabag-Tochter zu Züblin auslagern. Dort jedoch hält die Familie Lenz noch einen Anteil von 43 Prozent - und leistet Widerstand. Sie hatte bereits angekündigt, jeden Integrationsversuch Haselsteiners zu blockieren.

Lenz wollte selber den Züblin-Anteil von knapp 49 Prozent kaufen, der nach der Pleite der Walter Bau in Augsburg als Pfand an die Bayerische Landesbank gefallen war. Das Institut hatte jedoch Haselsteiner, der bereits knapp fünf Prozent an Züblin hielt, für 60 Mio. Euro den Zuschlag gegeben.


Daß nach der Übernahme Kündigungen anstehen, hat Haselsteiner bereits in einem Interview angekündigt. Alle Standorte der deutschen Töchter Strabag und Züblin würden überprüft. " Ich habe die Hoffnung, daß der rationalisierungsbedingte Stellenabbau durch schnelles Wachstum ausgeglichen wird" , fügte er hinzu.


Nach Haselsteiners Geschäftsverteilungsplan würde Züblin zwar zunächst den Umsatz von 1,1 Mrd. Euro auf 2,6 Mrd. Euro und die Mitarbeiterzahl um 3000 auf 10 200 steigern, wenn der Hoch- und Ingenieurbau hinzukäme. Der Strabag-Hochbau jedoch schrieb bei den Kölnern in den vergangenen beiden Jahren rote Zahlen und gilt in der gesamten Branche als schwieriges Geschäft. Damit könnte auch Züblin in die Verlustzone geraten. Branchenkenner haben Zweifel, daß die Integration der Hochbauaktivitäten dreier Unternehmen - Strabag, Dywidag und Züblin - reibungslos und ohne teure Rückschläge ablaufen wird.


Unklar ist zudem, wer das attraktive Auslandsgeschäft der Deutschland-Dependancen bestimmen darf: Haselsteiner-Kenner glauben die Strabag. Nach Informationen aus Finanzkreisen prüft die Züblin-Hausbank Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), ob sie für diesen Fall weiter die im Bau so wichtigen Bürgschaften übernimmt. Schließlich würden Integrations-Risiken steigen und die Chancen schwinden. Firmenkenner erwarten, daß sich die Avalsumme verdoppeln würde.


Die Stuttgarter Landesbank hatte bereits im vergangenen Dezember in letzter Minute den Verkauf des 43-Prozent-Anteils der Familie Lenz an den ungeliebten Mehrheitseigner Ignaz Walter verhindert. Kurz nach dem geplatzten Deal, am 1. Februar, mußte Walter Bau Insolvenz anmelden.


Auch wenn Haselsteiner ankündigte, er wolle sich um eine Verständigung mit Lenz bemühen, dürfte das Gegeneinander bei Züblin weitergehen. Mit dem Unterschied, daß Lenz mit Haselsteiner statt mit Walter streitet.


Die Ansage aus Stuttgart ist klar: Lenzens hatten bereits unmittelbar nach dem Zuschlag für Haselsteiner erklärt, sie würden " auch künftig strikt darauf achten, daß die unternehmerische Selbständigkeit der Ed. Züblin AG und deren Wachstumspotential im In- und Ausland im Wettbewerb mit Strabag unangetastet bleibt, so wie dies auch in der Vergangenheit erfolgreich gegenüber den Integrationsbemühungen des insolventen früheren Mehrheitsaktionärs Walter au gewährleistet werden konnte." Was das für die Lenz-Beteiligung am Aufsichtsrat bedeutet, ist noch unbekannt. Um wirklich auf Züblin zugreifen zu dürfen, braucht Haselsteiner wohl einen Beherrschungsvertrag. Den allerdings kann er nur auf der Hauptversammlung bekommen - wenn er die Zustimmung von 75 Prozent der Aktionärsstimmen erhält und üppige Ausgleichzahlungen leistet. Ohne die 43 Prozent der Stimmen von Lenz jedoch kann er die Hürde der Dreiviertel-Mehrheit nicht überspringen. Es sei denn, er greift noch einmal ganz tief in die Geldschatulle seiner Banken und macht den Stuttgartern ein Angebot, das sie nicht ablehnen können.


Artikel erschienen am Mo, 6. Juni 2005
 
aus der Diskussion: Was Sie schon immer über Walter-Bau wissen wollten
Autor (Datum des Eintrages): Alpenhex  (06.06.05 09:13:55)
Beitrag: 8 von 31 (ID:16813190)
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