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Pharmawirtschaft:
Gesundheit: Sparen durch Diagnostik

VON MARTIN KUGLER (Die Presse) 16.06.2005

DNA-Chips zur Bestimmung der Gen-Aktivität kommen nun auf den Markt.



GRAZ. "Ich bin überzeugt, dass die Gesundheitskosten bei einem verstärkten Einsatz von Diagnostik um mehr als fünf Prozent reduziert werden können." Zum Teil ist diese Ansicht Heino von Prondzynskis natürlich Zweckoptimismus - schließlich ist er Chef von Roche Diagnostics, dem Weltmarktführer bei Medizindiagnose-Systemen. Aber auf der anderen Seite geben ihm viele Daten recht. Zum Beispiel bei Nebenwirkungen von Medikamenten. Laut US-Studien sind fünf Prozent (!) aller Krankenhaus-Einweisungen Folge von Nebenwirkungen. Abgesehen vom menschlichen Leid bedeutet das zusätzliche Kosten von rund vier Mrd. Dollar pro Jahr.



Mit neuen Diagnose-Methoden sind diese zum Teil vermeidbar. Roche hat eben am österreichischen Markt das DNA-Testsystem "AmpliChip CYP450" eingeführt, mit dem die Abbaugeschwindigkeit von Medikamenten gemessen werden kann. Diese ist genetisch "programmiert".

Der DNA-Chip misst die Aktivität des "Cytochrom P 450"-Systems, über das 30 Prozent aller Medikamente im Körper abgebaut werden. Ist der Stoffwechsel eines Patienten langsam, braucht dieser nur eine geringere Dosis eines Medikaments. Andernfalls sind zu hohe Wirkstoff-Mengen im Körper, die giftig wirken und schwere Nebenwirkungen hervorrufen können.



"Ein verstärkter Einsatz von Diagnostik kann die Gesundheitskosten um mehr als fünf Prozent senken."



Heino von Prondzynski, Chef von
Roche Diagnostics


Die Neuentwicklung von Roche ist eines der ersten konkreten Produkte der "individualisierten" Medizin, die seit Jahren von Experten heraufbeschworenen wird: Durch Gen- oder Protein-Tests kann für jeden Patienten die optimale individuelle Behandlung gefunden werden. Für die Pharma-Industrie hat das zur Folge, dass sie sich vom Denken in "Blockbustern" - Arzneien mit einem Jahresumsatz von über einer Mrd. Dollar - verabschieden muss, weil künftig viel mehr kleine Teilmärkte entstehen.


Der Anteil der Labordiagnostik an den weltweiten Gesundheitskosten von 2500 Mrd. Dollar liegt bei einem Prozent. Von Prondzynski hält eine Verdopplung für möglich. Diese Entwicklung wird aber nicht allzu rasch gehen: Zum einen sei ein gesellschaftlicher Lernvorgang nötig - in Zeiten leerer Gesundheitskassen wird bevorzugt bei der Vorsorge gespart -, zum anderen dauere die Technologie-Entwicklung seine Zeit. "Mit der DNA-Forschung wurde Mitte der 80-er Jahre begonnen, nun kommen die ersten DNA-Chips auf den Markt. In der Protein-Diagnostik, die viel komplizierter ist, werden noch fünf Dekaden vergehen", so von Prondzynski.


Roche Diagnostics ist auch in Österreich stark vertreten: In Graz befindet sich das Welthauptquartier für den Bereich "Near Patient Testing" - also Test, die direkt am Patienten vorgenommen werden.

Entstanden ist das Werk aus der Medizintechnik-Sparte von AVL, die Roche im Jahr 2000 übernommen hat. Seit damals ist der Mitarbeiterstand von 230 auf 300 fixe plus 100 freie Mitarbeiter angewachsen. Die in Graz hergestellten Blutgas-Analyse-Geräte, die in der Notfallmedizin Einsatz finden, bringen einen Jahresumsatz von 120 Mill. Euro. Der Exportanteil liegt bei 98 Prozent.

http://www.diepresse.com/Artikel.aspx?id=488776

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joe :)
 
aus der Diskussion: November ag - Wann gehts endlich bergauf
Autor (Datum des Eintrages): Joe_Trader  (24.06.05 09:29:42)
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