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Könnte alles am Gelde liegen?

Sechs Märchen zum Thema Geld, Wirtschaftsproblemen und Arbeitslosigkeit.

Das 1. Märchen: „Geld arbeitet und vermehrt sich."

Ja, ja, ich weiß. Alle haben uns das erzählt.

„Lass doch dein Geld für dich arbeiten" wenn Sie Ihr Geld bei uns anlegen, vermehrt es sich" , und so weiter. Und nun mal ehrlich: wir haben das doch auch geglaubt! Es macht ja eine Menge Spaß sich vorzustellen, wie das Geld schuftet, oder noch viel besser, wie es sich vermehrt. Ja, wenn Geld-Papi und Geld-Mami eine flotte Kontonummer schieben, dann...

Jetzt aber mal im Ernst: Geld arbeitet nicht, und vermehren kann es sich auch nicht. Tut mir echt leid, aber so sieht es aus.

„Aber die Banken zahlen doch Zinsen" werden Sie jetzt sagen. Wirklich? Die Bank schreibt Zinsen gut, das stimmt. Aber woher hat die Bank das Geld? Von den Schuldnern hat sie es! Die Bank behält nur eine Provision, mehr nicht. Die Zinsen selbst zahlen immer nur die Schuldner! Ohne Schuldner keine Zinsen!

Das heißt im Klartext: jedem Bankguthaben stehen die gleich großen Schulden gegenüber! Und mit dem Anwachsen der Geldvermögen durch Zins und Zinseszins wachsen auch die Schulden immer weiter an und damit wiederum die Zinszahlungen, die zu erbringen sind.

Und woher hat schlussendlich der Schuldner das Geld für die Zinsen? Erarbeitet hat er es! Und wenn wir schon dabei sind, womit bezahlt der Staat eigentlich seine Milliarden an Zinsen? Mit unseren Steuergeldern natürlich. Die wir erarbeitet haben! Und die Unternehmen? Die rechnen ihre Kapitalkosten (so werden die Zins-Zahlungen dann genannt) in die Preise ein, versteht sich. Das bedeutet: auch wer keine Schulden hat, zahlt Zinsen, und zwar fleißig!

So läuft das nämlich: Geld arbeitet nicht, und vermehren kann es sich auch nicht. Zinsen werden - wie alles andere auch mit Geld bezahlt das andere erarbeitet haben!

Auf diese Weise fließt das Geld von der Arbeit zum Kapital, von der Mehrheit zu einer Minderheit, von Arm zu Reich! Nicht nur bei uns, sondern überall auf der Welt, und über alle Grenzen hinweg. Und weil mit den Geldvermögen gleichzeitig die Schulden, und damit wiederum die Zinstransfers wachsen, beschleunigt sich dieses System aus sich selbst heraus, und schaukelt sich immer weiter auf -

Eine wirklich lustige Sache, die wir da erfunden haben...



Das 2. Märchen: „Es ist kein Geld mehr da."

Ja, wo ist es denn hin? Inzwischen vergeht ja kein Tag mehr, ohne das uns irgendwer erzählt, es sei kein Geld mehr da. Wo es hin ist, und wer es hat, verrät uns keiner. Schon seltsam.

„Der Staat hat kein Geld mehr" sagen die Politiker. „Die Leute haben kein Geld mehr (zum ausgeben)" sagen die Händler. „Nehmen Sie doch einen Kredit auf" sagen die Banken...

„Der Staat hat zuviel ausgegeben" ,heißt es, „und deshalb ist kein Geld mehr da" .Na klar, versteht doch jeder... Eine Frage: Seit wann kann man Geld durch Ausgeben zum Verschwinden bringen? Wenn Sie Ihrem Bäcker fünf Euro geben, dann sind die fünf Euro ja damit nicht verschwunden, sondern haben nur (im Tausch gegen Waren) den Besitzer gewechselt. Und das ist schließlich Sinn und Zweck des Geldes.

Geld verschwindet nicht! Jedenfalls nicht wirklich. Es sei denn, Sie verbrennen Bargeld.

Alleine die Tatsache, dass sich der Staat Jahr für Jahr (mehr) Geld leiht, beendet das Märchen oder doch besser die Lüge vom Geld das nicht mehr da ist. Leihen kann man sich schließlich nur das, was da ist! Also ist eine ganze Menge da. Zudem hat sich die Geldmenge in den letzten Jahrzehnten deutlich erhöht, und nicht vermindert.

Was ist nun mit dem Geld?

Geld ist reichlich da, bei uns, und auch global gesehen. Und wenn die Mehrheit der Menschen, und damit auch der Staat und die Kommunen nichts mehr, oder immer weniger davon haben, ist die Antwort klar, wo das Geld ist.

Eine Minderheit hat es! Etwa 90% des Kapitals befinden sich in der Hand von 10% der Menschen! Die große Mehrheit muss sich mit dem Rest begnügen. Und diese Diskrepanz vergrößert sich von Tag zu Tag.

Es ist also weder ein Wunder, noch ein Zufall, dass der Geldkreislauf, und damit die ganze Wirtschaft ins stocken gerät, und früher oder später zu schweren Krisen führt es ist schlichtweg die logische Konsequenz.

Aber wie ist es zu so einer Verteilung gekommen? Wie ist es möglich, dass innerhalb von Jahrzehnten eine Geldmäßige Kollapssituation entstehen kann? (Oder wie würden Sie Ihren Zustand bezeichnen, wenn sich 90% Ihres Blutes in den Füßen sammelt?)

Auf ganz legale Weise! Und wie, das habe ich schon beim ersten Märchen erzählt. Durch Zins und Zinseszins sind die Geldvermögen explosionsartig gewachsen, und die gleich großen Schuldenberge auf der anderen Seite. (Zur Erinnerung: ohne Schuldner keine Zinsen). Weil Schulden immer auch Zins-Schulden bedeuten, wachsen diese auch.

Die Folgen? Stellen Sie sich die volkswirtschaftliche Leistung, also das Sozialprodukt doch einmal als Kuchen vor. Dieser Kuchen sind 100%, und jeder Kuchen kann bekanntlich nur einmal verteilt werden. Weil aber das Kuchenstück „Kapitalerträge" (also Einkommen ohne Leistung) immer größer wird, muss das Stück „Arbeit" (Einkommen durch Leistung) zwangsläufig immer kleiner werden.

So fließt bereits 1/3 (!) unserer volkswirtschaftlichen Leistung in Form von Zinsen an das Kapital.

Jetzt wissen Sie, wo das Geld steckt, und warum bei den Menschen gespart werden muss: Damit das Kapital bedient werden kann! Und das Kapital wird immer bedient. Das gilt für den Staat genauso, wie für die Unternehmen.

Aber darüber wird nicht gesprochen! Stattdessen wird über zu hohe Löhne und Sozialausgaben gejammert. Und natürlich darüber, das kein Geld mehr da wäre.

Würden sich die Kapitalerträge gleichmäßig verteilen, wäre es natürlich kein Problem. Dann wäre es ein reines Tauschgeschäft, und letztlich ein Nullsummenspiel. Tatsächlich zahlt aber die Mehrheit (und dazu gehören auch kleine und mittlere Unternehmen) über Preise, Mieten, Steuern und Schulden mehr Zinsen, als sie je bekommt, und nur eine Minderheit macht tatsächlich Gewinn.

Kurz: Das Geld konzentriert sich immer stärker bei immer weniger Menschen, die Mehrheit arbeitet für eine Minderheit, und wird dabei immer ärmer.

Weil aber eine immer weiter fortschreitende Verarmung nicht sein darf, da ja sonst die Wirtschaft zusammenbricht, muss eben der ganze Kuchen immer größer und größer werden!

Und wie nennen wir das klugscheißerisch? Richtig: Wirtschaftswachstum!



Das 3. Märchen: „Wirtschaftswachstum löst unsere Probleme."

Genau deshalb jagen ja Politiker und Wirtschafts-Waise wie wild die Wachstums-Sau durchs Land. Denn wenn der Kuchen nicht mehr wächst, frisst das Kapital uns buchstäblich auf. Darum müssen wir immer mehr leisten, immer mehr verkaufen und verbrauchen!

Aber dieser Zusammenhang wird gewissenhaft verschwiegen. Wenn es überhaupt eine „Begründung" zu hören gibt, dann so etwas wie: „damit es wieder aufwärts geht" wegen der Arbeitsplätze" , „damit es etwas zu verteilen gibt" ...

So gut wurden wir geimpft, dass kaum einer nach dem Irr-Sinn von ständigem Wachstum fragt. Es ist so selbstverständlich, dass niemand die Frage wagt, warum es denn weniger zu verteilen gibt, wenn die Wirtschaftsleistung gleich bleibt? Warum wir immer mehr schaffen müssen? Und obwohl es für unsere Gesundheit und unseren Planeten nötige wäre, auf die Bremse zu treten wir können nicht! Unsere Zinswirtschaft (gerne auch Kapitalismus genannt) zwingt uns zu einem permanenten Wirtschaftswachstum ob wir wollen oder nicht.

Und jetzt die schlechten Nachrichten: Erstens: Auch bei beständigem Wirtschaftswachstum kommt es letztlich zum Zusammenbruch!

Warum? Weil die Geldvermögen (und damit auch die Zinsansprüche) durch Zins und Zinseszins exponentiell wachsen, was nichts anderes heißt, als eine fortwährende Verdoppelung alle paar Jahre. Kein Wirtschaftswachstum der Welt kann das ausgleichen!

Stellen Sie sich vor, Sie müssten sich in sieben Jahren nicht ein neues Auto zulegen, sondern zwei. Und weitere sieben Jahre später vier. Nach 28 Jahren sind es dann bereits 16 Autos, die sie als braver Konsument anschaffen müssten... Schaffen Sie locker? Ihr Nachbar aber nicht! Also müssen Sie für ihn mitkaufen..

Die Geldvermögen einer Minderheit wachsen also exponentiell, und damit auch die Zinsgutschriften, die von der Mehrheit erarbeitet und bezahlt werden müssen. Darum muss die ganze Wirtschaft wachsen, um die Kaufkraftverluste der Mehrheit durch höhere Löhne ausgleichen zu können. Unsere Wirtschaft kann aber auf Dauer maximal linear wachsen! Wir haben also schon rein mathematisch keine Chance den Kuchen so schnell wachsen zu lassen, wie es nötig wäre.

Die zweite schlechte Nachricht: Ständiges Wachstum ist unmöglich!

Was bedeutet eigentlich „Wirtschaftswachstum"? Es bedeutet ganz einfach gesagt, in einem bestimmten Zeitraum mehr zu produzieren (und zu verkaufen), zu Bauen, Dienstleistung zu erbringen als im Jahr davor.

Und jetzt die Frage: Wie soll das auf Dauer gehen? Wir leben auf einem begrenzten Raum (unserer Erde), mit begrenzten Rohstoffen. In der Natur gibt es deshalb nichts, was ständig wächst. Jeder Mensch und jedes Tier hört bei Zeiten auf zu wachsen - und das ist auch gut so, sonst wären wir längst ausgestorben. Wenn ein Organismus ungehemmt wächst, spricht man zu Recht von einer Entartung oder sogar von einem bösartigen, weil zerstörerischen Prozess. Ständiges Wachstum, auf begrenztem Raum, ist widernatürlich, und führt zur Selbstzerstörung!

Weil aber unsere Wirtschaft nur bei beständigem Wachstum funktioniert, sind wir dazu verdammt immer mehr und mehr zu schaffen, auch dann, wenn der Bedarf längst gedeckt ist. Deshalb müssen wir auch Dinge produzieren, die wir gar nicht brauchen. Und wenn das Zeug schnell kaputt geht, um so besser, dann kann man es durch neues ersetzen. Und weil wir nicht doof sind, haben wir die Wegwerf-Produkte erfunden, die Verpackungsindustrie, und die Globalisierung.

Wenn zuhause keiner mehr was kaufen kann, oder will, dann eben die anderen Länder. Dumm nur, das alle Industrienationen unter Wachstumszwang stehen. Also gibt es einen Kampf - pardon Wettbewerb, wer sein Zeug verkauft bekommt, und wer in die Röhre schaut.

Darum fordern tatsächlich manche Politiker (und andere Fachleute), dass die Welt-Wirtschaft wachsen müsse! Bitte, wohin denn? Was denn? Und was kommt nach der Globalisierung? (Bild meldet: " Riesen-Auftrag vom Mars endlich wieder Wirtschaftswachstum!" )

Ja klar, der letzte Satz war nur Spaß... - oder?



Das 4. Märchen: „Nur Einsparungen und Kürzungen lösen unsere Probleme"

Eines der beliebtesten Märchen, vor allem derer, die von unserem Geldwesen profitieren...

So erzählt man uns gerne, die hohen Sozialausgaben wären das größte Problem, und deshalb muss hier gespart werden.
Sind sie wirklich so ein großes Problem? Was macht den der Arbeitslose oder der Sozialhilfeempfänger mit den paar Kröten die er bekommt? Genau, ausgeben! Und damit bringt er das Geld wieder in den Wirtschaftskreislauf zurück, und ermöglicht damit anderen Menschen Arbeit und Lohn! Das ist doch genau das, was wir brauchen!

All die Einsparungen und Kürzungen sind die Folge unseres widernatürlichen Geldsystems, bei dem das Kapital (und die Schulden) immer schneller wachsen, und für die Arbeit (Bildung, Kultur, Soziales...) kein Geld mehr da ist. Eine Lösung sind sie nicht!

Das man uns die Kürzungen bei den Menschen, die ihren Lebensunterhalt mit Arbeit verdienen oder verdient haben, als Heilanwendung verkauft, während das Geld immer bezahlt wird, ist nicht nur zynisch, sondern schlichtweg falsch.

Kürzungen, egal ob nun direkte oder indirekte bedeuten ja nichts anderes als weniger Geld für den Einzelnen. Weniger Geld heißt aber gleichzeitig weniger Nachfrage - oder neue Schulden.

Sinkende Nachfrage führt letztlich zu fallenden Preisen, zunehmender Arbeitslosigkeit, weiterer Verschuldung usw.

Wohin eine konsequente Sparpolitik führt, kann man gerade in Brasilien beobachten. Dort ist die Arbeitslosigkeit inzwischen bei einer Quote von 25% angekommen.

Darum werden die Versuche zu sparen meist recht schnell wieder aufgegeben. Spätestens dann, wenn die Politiker bemerken, dass man damit eine Wirtschaft zusammenbrechen lassen kann.

Apropos sparen: Einen Kapitalismus ohne Schulden gibt es genauso wenig wie einen Gewinn ohne Verlust! Ganz im Gegenteil, damit die Geldguthaben mit Zinsen bedient werden können, braucht es Schuldner, um die Zinsen zu bezahlen. Zahlt einer (z.B. ein Unternehmen) seine Schulden zurück, muss nun ein anderer die Schulden „übernehmen" ,um dem Geldbesitzer seine Zinsen zu zahlen. Schulden-Abbau ist -global gesehen -nicht möglich. (Ausser durch die massive Vernichtung von Geldvermögen.)

Um es kurz zu machen: Immer neue Schulden, und ständiges Wirtschaftswachstum, sind der einzige " Ausweg" der uns unser Geld/Wirtschaftssystem lässt.



Das 5. Märchen: „Längere Arbeitszeiten lösen unsere Probleme"

Welchen Sinn macht es mehr zu arbeiten, wenn die Nachfrage stagniert? Mehr arbeiten heißt doch, mehr zu produzieren, mehr Leistung bereitzustellen. Was nutzt das, wenn niemand die Leistung abrufen (kaufen, bezahlen) kann, oder will?

Die Lager sind doch voll, der Preiskampf tobt. Wenn wir noch mehr produzieren, fordern wir die Deflation geradezu heraus, und damit eine prima Abwärtsspirale Richtung Zusammenbruch.

Mehr-Arbeit macht für die Unternehmen, bei stagnierender oder rückläufiger Nachfrage nur Sinn, wenn dafür Arbeitsplätze eingespart werden.

Längere Arbeitszeiten sind nichts anderes als versteckte Einsparungen, sonst nichts.

Mit den damit erzielbaren niedrigeren Kosten, lässt sich natürlich kurzfristig der ein oder andere Arbeitsplatz erhalten, aber die Ursachen für die wirtschaftliche Krise, die stetige Umverteilung von der Arbeit zum Kapital und der daraus resultierende Druck auf die Arbeit, wird damit nicht beseitigt. Und wenn schließlich immer weniger Arbeitskräfte unser Sozialprodukt erwirtschaften, wird die Zahl der Arbeitslosen weiter anwachsen.

Längere Arbeitszeiten sind also nur wieder eine (hilflose) Reaktion auf den Druck des Kapitals. Probleme lösen sie nicht.



Das 6. Märchen: „Wir haben eine Wirtschaftskrise, die sich auf unser Geld auswirkt."

Nein. Wir haben eine Geldkrise, die sich auf unsere Wirtschaft auswirkt!

Geld ist das Tauschmittel für Waren und Leistungen, das Blut für die Wirtschaft. Ohne funktionierenden Geldkreislauf gibt es keine dauerhaft funktionierende Wirtschaft.

Nicht die Menschen, und nicht die Arbeit sind das Problem, sondern unser Geld, mit dem die Arbeit bezahlt wird! Wird mit dem Geld natürlich Geld „bezahlt, und das in immer schneller wachsendem Ausmaß, muss die Wirtschaft, also der Austausch von Waren und Leistungen - letztlich zusammenbrechen.

Und ein Blick auf die Geschichte zeigt, dass Zinswirtschaften fast ausnahmslos nach einigen Jahrzehnten in Zusammenbrüchen und Kriegen endeten.

Von der großen ökologischen Katastrophe, die uns durch das ständige wirtschaftliche Wachstum droht, noch gar nicht zu reden!
 
aus der Diskussion: Der wankende Staat...(oder auch: "es ist 5 vor 12...!")
Autor (Datum des Eintrages): Golddistel  (14.08.05 21:19:23)
Beitrag: 21 von 25 (ID:17550168)
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