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Hi Cumshot,

deine Frage kann dir hier niemand beantworten, das weisst du sicher selber.
Frage dich lieber, warum Lion steigt. Ich habe dir hier den Spiegelartikel (April 2000) aus dem Protar-Thread reinkopiert. Mach dir die Mühe und lies ihn vollständig durch.
Weitere Informationen findest du auf der Lion-Homepage: www.lionbioscience.com und ebenso in den immer zahlreicher werdenden Lion-Threads.

Und dann empfehle ich dir noch, ein Kapitel aus dem Buch von Friedhelm Busch: "Greife nie in ein fallendes Messer" aus dem Campus-Verlag. Kapitel 8, "Gewinne laufen lassen", Untertitel "Meine Fehler mit der SAP-Aktie" (witzigerweise wurde heute auf n-tv ein amerikanisches Brokerhaus zitiert, das Lion als die SAP der Biotechnologie zum Kauf empfohlen hat - heute lief die quiet period aus).

Lion steigt, weil sie alles hat, was man zum spinnen der süßesten Börsenträume braucht: eine mögliche Schlüsselposition im Software-Bereich eines Wirtschaftszweiges, der die größte Revolution in der biologischen Weltgeschichte vorantreiben wird.

Dieser Traum kann platzen, und dieser Traum kann wahr werden.

Ich glaube, dass er wahr wird, aber das ist nur meine bescheidene Meinung.

Sei doch so nett und lass uns/mich wissen, ob du dich in Lion investieren wirst.

Bis dahin

Lex



Artikel aus dem Spiegel vom 10.04.2000

"WIR SIEGEN AUF JEDEN FALL"

In drei Jahren stieg eine Heidelberger Firma zum
Beinahe-Global-Player auf. Ihr Geschäft:
Bioinformatik. Pharmakonzerne reißen sich um die
Genomsoftware.

Die zwei Bilder, die an den Wänden des 30 Quadratmeter
großen, übersichtlichen Büros hängen, haben dreierlei gemeinsam: Sie sind
gleich groß, ihre vorherrschende Farbe ist Blau, und sie hängen beide gleich
schief.

Der Schreibtisch, mit einem schlichten Bürostuhl davor und einem dahinter,
ist mit einem Zettelchaos bedeckt, in der Ecke gegenüber lümmelt ein
schlapper Fußball. Vom Vorstandsvorsitzenden eines deutschen
Unternehmens ist man eigentlich imponierendere Auftritte gewohnt.





Der Chef der Firma Lion Bioscience in Heidelberg transportiert seine
Unterlagen mit Vorliebe in einem etwas schäbigen grünen Rucksack und
trägt einen ziemlich berühmten Namen: Friedrich von Bohlen und Halbach,
37, Doktor der Biochemie, letztes Jahr als "Entrepreneur des Jahres"
ausgezeichnet; seine Angestellten nennen ihn "der Friedrich". Der
Jungunternehmer schwärmt für Borussia Dortmund. "Nur hilfsweise", sagt
er. "Weil, eigentlich bin ich Fan von Rot-Weiß Essen, aber die spielen
ständig so einen Mist zusammen."

4,5 Millionen Mark Kapital hatten von Bohlen und fünf weitere
Wissenschaftler, die vom nahe gelegenen European Molecular Biology
Laboratory (EMBL) kamen, zusammengepumpt, als sie im März 1997, auf
dem Gipfel des Biotech-Booms, Lion Bioscience gründeten.

Obwohl die Zahl der Neugründungen seit 1999 stagniert, hat die Branche
beste Aussichten. Zur Zeit gibt es in Deutschland 543
Biotechnologieunternehmen. In knapp drei Jahren machte das
Gründer-Team aus Lion eines der deutschen Vorzeigeunternehmen im
Geschäft mit dem Erbgut.

201 Menschen aus 15 Nationen arbeiten inzwischen bei Lion Bioscience:
Molekularbiologen, Laboranten, Programmierer. Ihre Fähigkeit ist es,
Programme zu schreiben, die das Verhalten, die Eigenschaften von
Biomolekülen erfassen, vorhersagen und vergleichen können. Im Moment
feilen die klugen Köpfe an einem Programm, mit dem sie das Erbgut des
Menschen zum Sprechen bringen wollen.

Zu den Angestellten aus Fleisch und Blut kommen noch Q-bot und seine
Kollegen, die Laborroboter. Die arbeiten im Keller. Die rechnergesteuerten
Automaten verteilen mit lautem Surren Genproben und Bakterienkolonien
auf speziellen Filterfolien. Dort werden die Proben später vollautomatisch
mit so genannten Gensonden überspült, an denen Fluoreszenzfarbstoffe
kleben.

Im Laserlicht verraten die leuchtenden Farbstoffe, welche Gene in
bestimmten Zellen und Gewebearten an- und welche abgeschaltet sind. Sie
lassen auch erkennen, wie in dem Genkonzert einer Bakterienzelle jene
biochemischen Eigenschaften entstehen, die sie in einen gefährlichen
Krankheitserreger verwandeln.

Über 12 000 Gene, erläutert Laborchef Abdellah Harim, ein gebürtiger
Marokkaner, könne man gegenwärtig gleichzeitig erfassen. Solche
Informationen über Genmuster sind bei den Pharmaunternehmen hoch
geschätzt. Sie liefern Ansatzpunkte für neue Medikamente, und überdies
wollen die Pharmaexperten damit künftig im voraus Nebenwirkungen oder
toxische Eigenschaften neuer Wirkstoffe abschätzen.

Nebenan summt eine Reihe von DNS-Sequenzierern, Maschinen, die
automatisch jede beliebige Erbinformation entschlüsseln. Im Auftrag von
Forschungsinstituten und Pharmaunternehmen durchleuchten die
Lion-Forscher mit den Apparaten das Genmaterial von Mikroorganismen.
Bei fünf Mikroorganismen habe man das Erbgut bereits entschlüsselt,
berichtet Lion-Mitgründer Voss voller Stolz ­ "mehr hat nur das "TIGR"
(The Institute of Genomic Research) in den USA gemacht", das von dem
charismatischen Genomforscher Craig Venter gegründet wurde und in dem
zum ersten Mal die Entschlüsselung des kompletten Erbgutes eines
Bakteriums gelang.

Ihr wichtigstes Produkt wollen die Lion-Manager an Genomfirmen, Labors
und all die Pharmariesen verkaufen, die sich nun in dem Datenwust der
Menschengene zurechtfinden müssen. Allein die Entzifferung von drei
Milliarden Buchstaben der menschlichen Erbinformation, wie sie jetzt von
Venter und anderen vorangetrieben wird, führt noch nicht sehr weit. "Die
Genomprojekte produzieren bloß Roheisen", meint Claus Kremoser. "Aber
wir haben dazu die Schmiedewerkzeuge."

Das Handwerkszeug, das die Lion-Wissenschaftler für ihre Kunden
entwickeln, besteht aus hochgezüchteter Software. Die nennt sich SRS6
oder Bioscout. SRS6 ist eine Art Datenbank-Esperanto, das laut Kremoser
von 350 verschiedenen molekulargenetischen Großdatenbanken rund um
den Globus verstanden wird.




Gentechnik-Firma Lion Bioscience, automatisierte Genomanalyse, Lion-Chef von
Bohlen und Halbach: "Andere produzieren Roheisen, die Schmiedewerkzeuge haben wir"


Wie das vor sich geht, versteht der Biologe selber nicht: "Mit SRS6", sagt
der 34-Jährige, der sich "Vice President Corporate Development" nennt, "ist
es wie mit der Coca-Cola-Formel: Das Geheimnis kennen nur ganz wenige
Leute." Und die, ergänzt Kremoser, "sind fast alle bei uns". Die meisten
Pharmamultis haben die ursprünglich im EMBL ertüftelte Software schon
gekauft.

Bioscout, das zweite Softwareprodukt des Unternehmens, ist der Vorläufer
eines umfassenden Expertensystems, eine Art biomedizinisches
Trüffelschwein: Wenn es mit einer Gensequenz gefüttert wird, geht es
automatisch auf die Reise durch die Datenbanken rund um den Globus und
sammelt dort alle verfügbaren Informationen ein.

Schließlich erscheint auf dem Bildschirm ein "Genporträt" ­ die
wahrscheinliche Funktion des Gens, seine Aktivitätsmuster in verschiedenen
Geweben, verwandte Gene bei anderen Organismen, Eigenschaften des
nach der Genanweisung hergestellten Eiweißmoleküls.

Jede Firma, die von den Daten der Genomprojekte profitieren will, braucht
in Zukunft derartige Softwarepakete, die den ungeheuren Datenstrom aus
den menschlichen Chromosomen verarbeiten können.

Dem Pharmariesen Bayer war der elektronische Rollgriff in die Erbgutdaten
des Menschen viel Geld wert: Zum Preis von 100 Millionen Dollar installieren
die Lion-Experten gegenwärtig in Boston für Bayer ihre gesamte
Bioinformatik-Technologie ­ eine firmenübergreifende Zusammenführung
von Informatik und Biologie, die unter dem Namen "i-biology" eine neue Ära
der Biowissenschaften signalisiert.

Mit dem Bioscout-Paket wollen die Heidelberger ein Global Player im
heraufziehenden Zeitalter des Genomgeschäfts werden ­ bislang eine
Domäne amerikanischer Biotech Companies. Wer da mitmischen will, meint
von Bohlen, müsse den US-Boys ihre eigene Medizin zu schmecken geben.
"Angriffsfußball", nennt es der Lion-Boss. "Die deutsche
Nationalmannschaft geht auf den Platz und sagt: `Bloß kein Gegentor in
den ersten 20 Minuten.` Die Amerikaner gehen raus und sagen: `Wir siegen
auf jeden Fall` ­ selbst wenn sie 0 : 3 zurückliegen."

Erst vor wenigen Wochen übernahm die junge deutsche Firma eine
Sperrminorität beim US-Unternehmen Tripos Inc. in St. Louis, die
komplette Übernahme könnte in Kürze folgen. Dass eine deutsche
BiotechFirma ein US-Unternehmen schluckt, ist in der Branche noch nicht
vorgekommen. "Wir sind schon aggressiv", sagt der Lion-Boss, "und wir
wollen wirklich gewinnen."

Die Verschmelzung aus Siliziumtechnologie und Genomforschung soll schon
bald nicht nur der Pharmaforschung zu Diensten sein. In Zukunft wollen
Firmen wie Lion mit i-biology im Gesundheitssektor Kasse machen.

Die Zauberformel i-biology könnte schon bald die Börsen so beflügeln wie
heute der Internet-Rummel, meinen Experten. Dafür wollen von Bohlen und
seine Kompagnons ihre Bioscout-Technologie zu einem umfassenden
medizinischen Expertensystem ausbauen.

Das könnte bedeuten: Schon in wenigen Jahren werden die Hausärzte nur
noch ein wenig Blut, Speichel oder Urin auf einen Genchip tröpfeln und in
ein Lesegerät schieben. Dann soll eine aufgerüstete Bioscout-Version
automatisch die Diagnose stellen und die Therapie konzipieren. Für den
Doktor druckt das System nur noch den Befund aus, für die Patienten
Rezepte und Überweisungsscheine.

Das hört sich nach Science-Fiction an und könnte trotzdem schon bald
Wirklichkeit werden. Die technologische Entwicklung eilt schon längst auch
den Geschäftsplänen der Biotech-Unternehmen voraus.

Schon jetzt kann die neueste Generation von Genchips automatisch
zwischen verschiedenen Leukämieformen unterscheiden. Die richtige
Diagnose, bislang erst nach aufwendiger Laborarbeit möglich, liefert der
Chip nach wenigen Minuten. "In diesem Business kenne ich nur zwei Arten
von Unternehmen", sagt der Lion-Boss, "die einen sind schnell genug. Die
anderen sind tot."

Bei so viel Tempo bleibt zuweilen die Etikette auf der Strecke. Zum Beispiel
als der Programmierer Markus Hogh auf dem Weg zur Arbeit mit seinem
Mountainbike in einen Regenschauer geriet und am selben Tag eine Riege
fein gewandeter Herren vom Pharmakonzern Hoechst bei Lion durch die
Gänge schritt.

"Die haben etwas verstört geguckt", erinnert sich Kremoser, "als sie hinter
einer Silicon-Graphics-Maschine auf einen fast nackten Programmierer in
nassen Unterhosen stießen."


© DER SPIEGEL 15/2000
 
aus der Diskussion: Lion Bioscience-noch einsteigen??
Autor (Datum des Eintrages): lexlegis  (07.09.00 00:07:49)
Beitrag: 4 von 10 (ID:1764916)
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