Fenster schließen  |  Fenster drucken

Alltägliche Volksverdummung der Rotbrillenträger

durch ihren Zutreiber L.Stiegler



Bei den Genossen daheim tankt er auf
Begeisterungsstürme um MdB Ludwig Stiegler im "Postkeller"- SPD gibt Wahl noch nicht verloren


Weiden. Herrliches Biergarten-Wetter. Zeit für eine kühle Maß und eine kalte Brotzeit. Doch Ludwig Stiegler steht der Sinn mehr nach politischer Kost. Dafür darf diese auch kräftig gewürzt sein. Er steht vor der Tür zum Postkeller-Saal, atmet kräftig durch, sammelt sich. Gisela Birner, Geschäftsführerin im Unterbezirk, gibt ihm einen kurzen Lagebericht. Der bayerische SPD-Chef wirkt erschöpft. Doch er ist bereit zu kämpfen. Los geht`s. Jubel brandet auf.

Seit früh um 8 Uhr ist der stellvertretende Bundestags-Fraktionsvorsitzende an diesem Donnerstag unterwegs. Direkt vor der Weidener Kundgebung führt er in Neustadt/WN ein Expertengespräch mit rund 70 Personal- und Betriebsräten aus der gesamten Region. Die Angriffe der Union auf die Arbeitnehmerrechte sind ein Hauptthema. Sie sind auch der Grund, warum ein Ex-Genosse und früherer Betriebsratsvorsitzender den Weg zum Postkeller findet. Das dürfe man sich nicht gefallen lassen, sagt er. Flagge zeigen laute jetzt die Devise.

Das tun auch andere, die der SPD nicht oder nicht mehr angehören. Die Motivation ist plötzlich wieder da. Stiegler genießt die fast euphorische Stimmung. Im mit 260 Leuten überfüllten Saal geht er von Tisch zu Tisch. Klopft auf Holz. Besonders herzlich fällt die Begrüßung mit Hilde Zebisch aus, der Witwe seines politischen Ziehvaters Franz Zebisch. Ludwig-Rufe mischen sich unter das rhythmische Geklatsche. Die Begeisterung peitscht den 61-Jährigen vorwärts. Es fasst wieder Tritt.

Kritischer Zwischenrufer

Die 70-minütige Rede, die von der Neustädter Kreisvorsitzenden Annette Karl etwas unpassend als "Referat" angekündigt wird, wird sicher nicht als beste in sein Jahrzehnte langes Politikerleben eingehen, aber sie genügt, um die Leute bei guter Laune zu halten. Und ein kritischer Zwischenrufer erreicht zudem, dass die Stiegler-Äußerungen noch etwas lauter beklatscht und noch etwas lauter bejubelt werden.

Der Mann mit dem roten Pullunder, der diesen bei sommerlichen Temperaturen durch ein rotes Polo-Shirt ersetzt, will für den 18. September einfach nicht schwarz sehen. Umfragen, die die SPD bei 30 Prozent und in Bayern gar nur bei 20 Prozent sehen, sind für ihn bedeutungslos. Er ignoriert sie nicht einmal. Stiegler erinnert an Schleswig-Holstein, wo die Stimmung am Tag vor der Wahl gekippt sei. Allerdings zu Ungunsten der Sozialdemokraten. Jetzt soll`s andersrum laufen. "Haut den Schwarzen ihre Lügen um die Ohren", ruft der "Mann fürs Grobe" bei der SPD aus.

Steilvorlage

Auch die Partei-Basis verspürt plötzlich Rückenwind. Stadtrat Wilhelm Moser erzählt am Rande, dass er ständig auf seinen Auto-Aufkleber angesprochen wird. "Ich kann mir Angela Merkel nicht leisten", ist dort zu lesen. Klar, dass auch Stiegler die Steilvorlage der Union aufnimmt. Die geplante Mehrwertsteuererhöhung sei Gift für die Konjunktur, für das Handwerk, die Händler, die Wirte. "Leute, passt auf eure Gläser auf", ruft er, "der Stoiber will überall mitsaufen." Und: "Wer Stoiber und Rupprecht wählt, kürzt seine eigene Kaufkraft."

Breiten Raum nimmt an diesem 1. September, dem Anti-Kriegstag, das Thema Frieden ein. Dabei rühmt Stiegler die "große historische Leistung" des Bundeskanzlers, Deutschland vom Irak-Krieg ferngehalten zu haben. "Bei Merkel und Stoiber würden wir heute noch jeden Tag ängstlich dorthin blicken."

Inzwischen sind die Temperaturen im Saal fast schon auf Sauna-Niveau angestiegen. Der Redner nimmt das Tempo etwas zurück, geht auf das SPD-Programm ein. In Kurzform liegt es auf den Tischen aus.

Stiegler nennt die Förderung neuer Energien ("Weg vom Öl"), die solidarische Bürgerversicherung, Steueranreize fürs Handwerk und den Schwerpunkt Bildung. Er erinnert an Leistungen des Bundes für die Region, die "Soziale Stadt", die Ganztagsschulen, die Philatelie, die Bundeskasse, die Autobahn, deren Entwicklung die Unionsregierung über Jahre verschlafen habe.

Statt Blumen

Schließlich wird der Jurist, der nachts gern Aristoteles oder Ovid im Original liest, fast philosophisch. "Die SPD hat den Willen, die Welt im Interesse der Menschen zu gestalten." Dafür seien die nächsten Wochen entscheidend. Der Beifall bricht los. Als Dankeschön überreicht ihm Anette Karl nicht Blumen, sondern "das, was du am meisten liebst": einige Zettel mit Neuaufnahmen. Am Ende des Abends werden es sieben sein. Sie geben ihm genug Kraft für die nächsten Termine. Bis zur Wahl sind es noch 100.
 
aus der Diskussion: Schröder ist für mich .....
Autor (Datum des Eintrages): wellen  (05.09.05 09:42:13)
Beitrag: 52 von 55 (ID:17786154)
Alle Angaben ohne Gewähr © wallstreetONLINE