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Schon 1969 beschrieb der in Deutschland lehrende Schweizer Soziologe Urs Jaeggi in seinem Buch Macht und Herrschaft in der Bundesrepublik* den Zustand Westdeutschlands als »Herrschaft der Bürokratie und der Verbände«, der Wirtschaftsverbände:

Die »Verwaltungselite«, »im politischen Sektor die homogenste Führungsgruppe«, kurz: die »Ministerialbürokratie« »ist mit besonderer Macht ausgestattet« und quasi durch eine „Brücke“ mit der politischen Führung verbunden: »Rund ein Viertel der Politiker befand sich selbst in höheren Beamtenstellungen; in den Parlamenten bilden die Beamten bereits die stärkte Fraktion.« Die zweite „Brücke“ führt zu den Wirtschaftsverbänden:

»Die Machtausübung, die den Verbänden möglich ist, wird keiner öffentlichen Beurteilung und Kontrolle ausgesetzt.« Denn »die wirksamste Lobby ist diejenige, die innerhalb des Parlaments und der Ausschüsse und Gremien stattfindet, und dies ist schwer zu erkennen.«

*(Frankfurt/M. 1969, S. 111 ff.)

Jaeggi hat das Herrschaftsgefüge der damaligen Republik durchleuchtet, und wir sehen heute, dass sich da nichts wesentlich geändert hat. Das Volk, das Wählervolk, ist machtlos. Machtlos, solange es sich weiter manipulieren lässt und den neoliberalen Beschwörungen immer noch so viel Glauben schenkt, dass es eine große Koalition als das kleinere Übel herbeiwünscht und möglicherweise auch herbeiwählt.

Aufgeschreckt durch Umfragezahlen und im Nacken eine kleine Partei, die sich zu einer Neuen Linken entwickeln kann, wird jetzt auf einmal etwas nach links geschrödert, was manche hoffen lässt, dass es nicht ganz so schlimm kommt, wie wenn gemerkelt würde, wenn Schwarzgelb allein „regieren“ sollte. Dann bliebe vom Sozialstaat wirklich nichts mehr übrig, dann bekämen wir amerikanische Zustände, und jede/r wäre auf sich selber angewiesen bzw. auf die Mildtätigkeit, auf die Almosen der Reichen. Ob das die SPD in einer großen Koalition verhindern könnte, weiß der Kuckuck.

Die Wirtschaft – dies ist, verglichen mit den 60er Jahren, als die SPD noch eine „soziale Partnerschaft von Kapital und Arbeit“, eine paritätische Mitbestimmung angestrebt hat, der große Unterschied -, die Wirtschaft hat heute alles in der Hand. Sie hat den ganzen Globus in der Hand und kann mit ihm machen, was sie will – bis alles zu Grunde gerichtet ist. Wenn die Völker es zulassen. Wenn der Überlebenswillen der Menschen nicht endlich anfängt, sich massiv politisch zu artikulieren und eine Weltbewegung in Gang kommt, die das große Kapital unter ihre Kontrolle bringt.

aus einem anderen Forum
 
aus der Diskussion: Selbst Beckmann kniff.....
Autor (Datum des Eintrages): tenochtitlan  (20.09.05 03:10:17)
Beitrag: 18 von 28 (ID:17959872)
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