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Hallo Kosto,

die Antwort ist grundsätzlich nein. Von Kapitalerhöhungen und -herabsetzungen spricht man in aller Regel nur dann, wenn das Grundkapital/ Stammkapital betroffen sind, also die Satzung geändert wird.

Jedoch ist die vorherige Auflösung der Gewinn- und Kapitalrücklagen zum Beispiel Voraussetzung für eine vereinfachte Kapitalherabsetzung (§§ 229 AktG) z.B. im Rahmen einer bilanziellen/finanziellen Sanierung (Kapitalschnitt mit anschließender Kapitalerhöhung).

Übersteigen die gesetzliche Rücklage und die Kapitalrücklage nach § 272 II Nr. 1-3 HGB zusammen 10% des Grundkapitals bzw. den abweichend in der Satzung noch höher bestimmten Teil, dann darf der übersteigende Teil zum Ausgleich eines Jahresfehlbetrages (nach Abzug des Gewinnvortrages aus dem Vorjahr) oder eines Verlustvortrages aus dem Vorjahr (nach Abzug des laufenden Jahresüberschusses) sowie für eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln verwandt werden. Siehe auch § 150 IV AktG.

Die Auflösung der Rücklagen erfolgt bereits bei der Aufstellung des Jahresabschlusses durch die Organe (§ 270 HGB), also nicht erst im Rahmen eines Gewinnverwendungsbeschlusses der Gesellschafterversammlung bzw. HV.

Häufigste praktische Anwendung: Ansonsten auszuweisende Jahresfehlbeträge werden durch Entnahmen z.B. aus der Kapitalrücklage ausgeglichen, wodurch kein Bilanzverlust für jeden unmittelbar sichtbar in der Bilanz mehr ausgewiesen werden muss.

Die Darstellung erfolgt nach § 158 AktG als Fortentwicklung:

Jahresüberschuss
+/- Gewinnvortrag/Verlustvortrag aus dem Vorjahr
+ Entnahmen aus der Kapitalrücklage
+ Entnahmen aus Gewinnrücklagen
- Einstellungen in die Gewinnrücklagen
= Bilanzgewinn/Bilanzverlust

Der Bilanzgewinn/-verlust ist dann das, über dessen Verwendung dann die Aktionäre auf der HV noch entscheiden dürfen.

Aber wer von den Normal-Anlegern kennt schon den Unterschied zwischen Jahresüberschuss und Bilanzgewinn, wer zwischen einem Einzelabschluss und einem Konzernabschluss? Das wissen auch die Vorstände.

Übrigens fehlt in dem zitierten Passus aus dem § 150 IV AktG im Gesetzeswortlaut ein Teil der Kapitalrücklage, nämlich der nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB. Das sind die sonstigen Zuzahlungen in die Kapitalrücklage, z.B. bei der Einlage von Vermögensgegenständen in die Kapitalrücklage oder bei Forderungsverzichten der Gesellschafter etc. pp. Dort gibt es also keine Einschränkungen für die Verwendung...

Gruß
crude_facts
 
aus der Diskussion: Auflösung Kapitalrücklage
Autor (Datum des Eintrages): crude_facts  (28.09.05 11:14:44)
Beitrag: 3 von 3 (ID:18057525)
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