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Börse: Experten erwarten Aufschwung

In den vergangenen Monaten konnte man mit deutschen Aktien kaum Geld verdienen. Das soll sich bald ändern. Zum Ende des Jahres dürften die Kurse vieler Papiere kräftig anziehen. Kommt es zur Börsenrallye? Die Meinung der Analysten.

Hamburg - Welche Aktien sollte man kaufen, von welchen die Finger lassen? Wann ist der richtige Zeitpunkt für den Einstieg? Kann man an der Börse in diesem Jahr noch die schnelle Mark machen? Das Abendblatt fragte bei neun Analysten nach:
Matthias Radden, Norddeutsche Landesbank: Ich erwarte einen eher schwächeren September und Oktober. Der DAX könnte auf 6500 Punkte absacken. In der letzten Oktoberwoche sollte der Anleger zukaufen. Denn zum Jahresende wird der DAX noch mal kräftig zulegen. In den kommenden sechs Monaten sind Werte zwischen 7500 und 7600 möglich. Mittelfristig ist Linde ein interessanter Wert. Denn der Maschinenbauer ist derzeit klar unterbewertet. Auch Bayer halte ich für interessant. Ansonsten kann ich kein Zugpferd im DAX erkennen. Wer die risikoreiche, spekulative Anlage sucht, sollte es mit dem Internetwert CMGI an der amerikanischen Technologiebörse Nasdaq versuchen. Der Kurs liegt derzeit bei 40 Dollar. Im Februar war das Papier schon 170 Dollar wert. Die Aktie besitzt großes Potenzial nach oben.
Horst Hartung, Dresdner Bank:In den kommenden Wochen wird der DAX wohl eher seitwärts tendieren - zwischen 6800 und 7400 Punkten. Saisonal bedingt fließt dann zum Ende eines Jahres immer viel Geld in Aktienfonds. Das treibt die Kurse nach oben. Eine Börsenrallye von November an ist möglich. Allerdings muss man abwarten, ob die Europäische Zentralbank wegen des schwachen Euro tatsächlich die Zinsen ein weiteres Mal anhebt. Ein solcher Schritt würde der Börse Geld entziehen und könnte auf die Kurse drücken. Meine Anlagetipps: Siemens und SAP. Auch die Banktitel empfehle ich zum Kauf. Mit Papieren aus dem Konsumbereich wäre ich vorsichtig.
Wolfgang Pflüger, Berenberg Bank: Ich würde den Markt als Anleger in den kommenden Monaten genau beobachten. Fällt der DAX bis Ende Oktober unter 6800 Punkte, wäre dies eine gute Marke für den Einstieg. Dann dürften die Kurse steigen. Klettert der DAX in den kommenden Wochen über 7400 Zähler, könnte dies ein Signal für einen dauerhaften Aufschwung sein. Auch dann sollte man Aktien kaufen. Dem konservativen Anleger empfehle ich Siemens, Alcatel und Cisco. Wer es risikoreicher mag, ist derzeit bei Biotechnologie-Werten gut aufgehoben.
Jochen Intelmann, Hamburger Sparkasse: Der DAX wird sich in den kommenden Monaten wohl zwischen 7000 und 7500 Punkten bewegen. Am Ende des Jahres sind 7600 Zähler möglich. Ich bin aber nur vorsichtig optimistisch. Denn die deutschen Aktien sind derzeit nicht gerade billig. Als Einzelwert empfehle ich Allianz. Der Versicherungskonzern wird von der Steuerreform profitieren. Denn sie ermöglicht den steuerfreien Verkauf von Beteiligungen - und die Allianz hat viele Beteiligungen. Auch Preussag, Singulus und Unilever empfehle ich zum Kauf. Die Deutsche Telekom sollte man halten, nicht kaufen. Ericsson als Handy-Hersteller und UMTS-Infrastruktur-Ausrichter ist ein sehr interessanter Wert. Der Kurs des schwedischen Konzerns dürfte zulegen.
Werner Bader, Landesbank Baden-Württemberg: In den vergangenen Monaten ist der DAX vor sich hingedümpelt. Hauptgrund war der stetig fallende Eurokurs. Ich gehe davon aus, dass sich der Euro erholt. Davon wird auch der Aktienmarkt profitieren. Bis Ende des Jahres sehe ich den DAX zwischen 7500 und 8000 Punkten. Der Anleger sollte möglichst schnell kaufen. Ich empfehle Finanztitel - also Banken und Versicherungen. Zudem sind SAP, Siemens und Nokia interessante Werte. Bei Aktien aus dem Konsumbereich - wie Metro und Karstadt - wäre ich eher vorsichtig. Denn die hohen Benzin- und Heizölkosten belasten die Geldbörse der Verbraucher.
Volker Borghoff, DG Bank: Nach dem relativ guten August ist die derzeitige Entwicklung nicht dramatisch. In den kommenden Wochen dürfte sich der DAX bei etwa 7000 Punkten stabilisieren. Weil wir eine leichte Verbesserung des Umfeldes erwarten, sehen wir den DAX am Jahresende bei rund 8000 Zählern. Kaufen würde ich jetzt Technologie- und Softwareaktien, aber auch ausgewählte Pharmawerte wie Schering. Von Telekommunikationspapieren würde ich dagegen eher die Finger lassen, ebenso wie von Chemie- und Automobilaktien sowie von der Grundstoffindustrie und vom Maschinenbau.
Martin Gilles, WestLB: Abgesehen davon, dass der Spätsommer traditionell eine schwache Phase für die Börse ist, wird der Markt im Moment durch den hohen Ölpreis belastet. Nach unserer Einschätzung stehen wir beim Ölpreis aber kurz vor dem Gipfelpunkt. Sollte sich in den USA eine deutliche Wachstumsabschwächung abzeichnen, dann könnte der DAX bis auf etwa 6500 Zähler sacken. Wahrscheinlicher ist aber, dass er in den kommenden Wochen um die Marke von 7000 pendelt. Auf diesem Niveau sind eindeutig Kaufkurse erreicht. Empfehlenswert sind derzeit europäische Banken und Versicherungen, aber auch Technologieaktien wie Nokia und Ericsson. Wenig aussichtsreich sind Versorger, die Nahrungs- und Getränkebranche und der Gesundheitssektor. Ich rechne mit einem starken Schlussquartal und erwarte einen DAX-Jahresendstand von rund 7800 Punkten.
Karsten Müller, Vereins- und Westbank: Weil die Belastungsfaktoren - schwacher Euro und hoher Ölpreis - zumindest noch bis Oktober bestehen bleiben dürften, ist ein zwischenzeitlicher Rückgang des DAX bis auf etwa 6800 Punkte durchaus möglich. Im November/Dezember dürfte er dann aber bis auf rund 7600 Zähler anziehen. Im Moment könnte es sich lohnen, bei Technologietiteln wieder zuzugreifen. Nokia, Ericsson und Alcatel sind immer ein Kauf. Durchaus empfehlenswert sind auch Telekommunikationsaktien - wer sie bis jetzt nicht verkauft hat, tut das auch nicht mehr. Allgemein gilt: überall die Marktführer auswählen. Als kleine Beimischung könnte man jetzt Öltitel nehmen, zum Beispiel Royal Dutch/Shell oder TotalFina. Mittelfristig bieten auch Maschinenbauwerte aus dem MDAX gute Perspektiven.
Rolf Elgeti, Commerzbank: Die exzessiven Ausschläge nach oben, die wir um den Jahreswechsel 1999/2000 herum gesehen haben, sind vorbei. Das ist auch gut so. Die deutschen Anleger werden erfahrener und laufen nicht mehr Trends wie dem Telekommunikationsboom hinterher. In Zukunft wird das Stock-Picking, also der Kauf ausgewählter Einzeltitel, der Schlüssel zum Erfolg sein. Bei einigen Technologiewerten sind die Wachstumsaussichten ungebrochen. Deutsche Titel, die wir schätzen, sind SAP und Siemens. Bei günstigen Kursen wäre auch die Lufthansa-Aktie interessant. Abraten würde ich von konjunkturabhängigen Branchen wie Chemie, Automobile und der Konsumgüterindustrie. Die haben schon zu viel Vorschusslorbeeren erhalten. Auch bei Telekommunikations- und Medienaktien wäre ich vorsichtig. Ganz allgemein finde ich, dass der typische deutsche Anleger zu wenig Aktien aus dem übrigen Europa im Portfolio hat. Die Aussichten für den DAX bis zum Jahresende schätze ich gemäßigt positiv ein. (ode/v.m.)
 
aus der Diskussion: Börsenguru`s
Autor (Datum des Eintrages): Riddick  (16.09.00 12:51:45)
Beitrag: 47 von 150 (ID:1846910)
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