Hallo zusammen, hallo Subkutan, hier ist der Artikel aus der Frankfurter Rundschau. Das Problem mit dem Link ist, daß manche Zeitungen öfters die Endadresse ändern. Ich werde es in Zukunft lassen und den Artikel direkt posten. Also hier Frankfurter Rundschau vom 14.09.00: Ungeölt in die Zukunft Die Energie-Revolution hat schon begonnen: Brennstoffzellen in Autos leiten das Ende des fossilen Zeitalters ein Von Karl-Heinz Karisch Sieht so die Fahrt in die Zukunft aus? "Denken Sie bitte nicht an eine Waschmaschine", ulkt Daimler-Testfahrer Wolfgang Weise, der vom Rücksitz aus Fahrtipps gibt. Tatsächlich vermittelt das Versuchsfahrzeug Necar 4 ein völlig neues Fahrgefühl. Statt eines Motors schnauft da ein Kompressor und treibt Luft durch Brennstoffzellen. In einem chemischen Prozess, der kalte Verbrennung genannt wird, entsteht beim Druck aufs Gaspedal aus Wasserstoff und Luftsauerstoff elektrischer Strom. Und der versorgt den kraftvollen Elektromotor, der das Fahrzeug antreibt. Ein Getriebe ist überflüssig. Auch der satte Ferrari-Sound fehlt, aber das "New Electric Car" genannte Vehikel auf Basis der A-Klasse fährt flott durch die Kurven. Und später, da wird das alles fast geräuschlos abgehen, verspricht Weise. Noch fehle die Lärmdämmung. Tatsächlich hat die im Necar 4 verborgene Brennstoffzelle jene Eigenschaften, die den Energiemarkt schon in wenigen Jahren völlig umkrempeln könnten. Die von den Autobauern angekurbelte Technik scheint zudem die richtige Botschaft für ratlose Politiker, die angesichts der Ölpreisexplosion mit wütenden Verbraucher-Protesten konfrontiert sind. So fand Daimler-Chrysler-Chef Jürgen E. Schrempp dieser Tage Post aus dem Weißen Haus in Washington vor. Verbunden "mit besten Wünschen" bekundete da US-Präsident Bill Clinton seine Freude darüber, dass der Autokonzern schon bald die ersten Fahrzeuge mit der neuen Brennstoffzellen-Technik auf den Markt bringen wolle. Clinton verspricht intensive Unterstützung durch die US-Regierung, da die Brennstoffzelle nicht nur "große Potenziale zur Absicherung der Energieversorgung und einen Schutzschild gegen die dramatischen Sprünge beim Ölpreis verspricht". Sicher mit Blick auf seinen bislang etwas farblosen Nachfolger Al Gore, dessen Herz früher intensiv für die ökologische Sache schlug, sieht Clinton hier die politische Chance, das Business mit "den Herausforderungen des Umweltschutzes wie Luftverschmutzung und Treibhauseffekt" zu verküpfen. Die Brennstoffzelle verspricht eine gewaltige Umwälzung: Die seit einem Jahrhundert den Erdball verpestenden Otto- und Dieselmotoren, die mit fossilen Brennstoffen befeuerten Heizungsanlagen und Kraftwerke könnten peu à peu ins Technik-Museum wandern. Denn die Wunderzellen liefern mit hervorragendem Wirkungsgrad elektrischen Strom und Wärme - ganz ohne giftige Abgase. Am konsequentesten hat bislang der Daimler-Konzern die Entwicklung vorangetrieben, der seit 1997 in einer Allianz mit der kanadischen Brennstoffzellen-Firma Ballard zusammenarbeitet; Autobauer Ford kaufte sich ein Jahr später ein. Nachdem dann im April vergangenen Jahres auch noch General Motors (Opel) und Toyota sich zu einem Brennstoffzellen-Konsortium zusammenschlossen - zusammen mit Daimler/Ford repräsentieren beide Gruppen die Hälfte der Weltfahrzeugproduktion -, kann es kaum noch einen Zweifel daran geben, dass die Entwickler der Konzerne die neue Technik als machbar und zukunftsfähig ansehen. Seit 1994 hat Daimler in kurzen Abständen Null-Abgas-Fahrzeuge vorgestellt, die zu Beginn noch Transporter-Größe hatten. Nach dem Necar 4 ließ man sich allerdings mit Nachfolger Necar 5 etwas mehr Zeit. Denn hier geht es technisch gesehen um viel mehr. Waren bislang alle Necars reine Laborfahrzeuge, bei denen es nicht in erster Linie um Kosten und Alltagstauglichkeit ging, so soll Necar 5 bereits einem verkaufsfähigen Brennstoffzellen-Fahrzeug nahe kommen. Statt mit dem schwierig handbaren Wasserstoff wird er mit dem einfachen Alkohol Methanol betankt, der preiswert aus biologischen Abfällen hergestellt werden kann. Seit Monaten werden gleich mehrere Konzeptfahrzeuge im Daimler-Entwicklungszentrum in Nabern zusammengeschraubt. Der kleine Ort in der Nähe von Stuttgart ist gerade mit dem 125-jährigen Bestehen der Freiwilligen Feuerwehr und der Sanierung der Zehntscheune als Bürgerhaus beschäftigt. Die Abgeschiedenheit der rauen Schwäbischen Alb ist erwünscht, um das unter Geheimhaltung stehende Projekt in Ruhe voranzutreiben. Chef des Projekthauses Brennstoffzelle in Nabern ist Professor Ferdinand Panik. Der umtriebige Daimler-Manager ist gerade aus Kalifornien zurückgekehrt, wo er die Teilnahme am ersten großen Feldversuch vorbereitet. Der Sonnenstaat hat bereits bei der Einführung der Katalysatortechnik durch strenge Gesetze Anfang der 70er Jahre Umweltgeschichte gemacht. Jetzt will man einen Schritt in Richtung Null-Emission weitergehen. Die großen Autofirmen und Mineralölkonzerne starten im Spätherbst die "California Fuel Cell Partnership". Bis 2003 sollen insgesamt mindestens 75 Fahrzeuge - Autos und Busse - rollen, gespeist mit reinem Wasserstoff oder Methanol, aus dem dann im Fahrzeug Wasserstoff gewonnen werden kann. Daimler ist mit einer Flotte von 20 Bussen und - hier hält man sich noch bedeckt - wahrscheinlich bis zu fünf Kleinwagen der A-Klasse dabei. "Es macht wirklich Spaß, dort zu arbeiten", berichtet Panik, "in den USA ist das Umweltbewusstsein stark im Kommen." Die Ziele, die Daimler und die Wettbewerber anpeilen, sind extrem ehrgeizig. Noch niemals zuvor dürfte eine völlig neue Technik auf so breiter Front eingeführt worden sein. Ab 2004 wird es ein erstes marktfähiges Brennstoffzellen-Auto geben. Panik hütet sich zwar, Zahlen zu nennen. Dennoch ist abzusehen, dass die erste Generation noch deutlich teuerer als Benziner oder Diesel verkauft werden muss. Zudem dürfte der Konzern sie erheblich subventionieren, um den Markt zu gewinnen. "Ab 2010 hoffen wir dann mit großen Stückzahlen bereits wettbewerbsfähig zu sein", gibt sich Panik optimistisch. Zuversicht zieht er aus den zahllosen technischen Schwierigkeiten, die bereits gelöst worden sind. Die härtesten Nüsse hatten die Ingenieure laut seinen Angaben zu knacken, als sie die bislang aufwendig gefrästen Platten der Brennstoffzellen, in denen die chemische Reaktion abläuft, für die preiswerte Massenproduktion ummodeln mussten. Auch die extrem teuren Katalysator-Anteile seien nun auf ein kostengünstiges Maß vermindert worden, berichtet er. "In der Diskussion, ob Wasserstoff oder Methanol der richtige Treibstoff ist, setzen wir auf Methanol für Pkw", sagt Panik. Ausschlaggebend sei, dass "Methanol kostengünstig in die heutige Tankstellen-Infrastruktur eingepasst werden kann." Wasserstoff hingegen eigne sich mehr für den Flotten-Betrieb, beispielsweise Busse. So wurde die erste öffentliche Wasserstoff-Tankstelle im Januar 1999 auf dem Gelände der Hamburger Gaswerke eröffnet; im April folgte eine weitere am Münchner Flughafen. General Motors startet bei den Olympischen Spielen in Sydney mit einem Brennstoffzellen-Fahrzeug auf der Basis des Opel Zafira (HydroGen1 genannt), das mit Wasserstoff fährt. Für den Alltagsbetrieb setzt der Konzern allerdings auf Benzin. Vor wenigen Tagen teilte Opel mit, die Entwicklung eines leistungsfähigen "Reformers" sei gelungen. Mit diesem Gerät kann aus Benzin Wasserstoff gewonnen werden. Ein solches Fahrzeug soll spätestens in 18 Monaten vorgestellt werden. Auf das gleiche Prinzip wie die Autofirmen setzt der mittelständische Heizungsbauer Vaillant in Remscheid. Er will bereits im kommenden Jahr mit einer Erdgas-Brennstoffzellen-Heizanlage auf den Markt kommen, die als "Abfall" Strom ins öffentliche Netz einspeisen wird. Dabei kommt dem Projekt zugute, dass der Wärme- und Strombedarf in Wohnhäusern über den Tag sehr gut übereinstimmt. Visionäre sehen bereits das Ende der Großkraftwerke voraus. Es werde ein gewaltiges "Internet der Stromproduktion" entstehen. Selbst Autos könnten, wenn sie nicht für die Fahrt benutzt werden, als Kleinkraftwerke arbeiten. Noch sind das alles Fantasien, aber solche, die alle Chancen haben, sehr rasch Realität zu werden. Wirtschaftsminister Werner Müller kündigte in dieser Woche beim ersten internationalen Wasserstoff-Kongress "Hyforum 2000" in München an, dass sich die Bundesregierung für eine verstärkte Nutzung von Wasserstoffenergie einsetzen will. Sobald Wasserstoff wirtschaftlich hergestellt und gelagert werden könne, sei er der ideale Energieträger. Auf die neuen Heizthermen, die gleichzeitig Storm produzieren, könne das bereits verabschiedete Gesetz für erneuerbare Energien angewendet werden, betonte Müller. "Das verpflichtet Netzbetreiber dazu, Strom aus erneuerbaren Energien aufzunehmen und dem Erzeuger mit einem festgesetzten Mindestbetrag zu vergüten." Wasserstoff, so sagt Shell-Aufsichtsratsmitglied Professor Fritz Vahrenholt, sei "kein extravagantes Steckenpferd von Wissenschaftlern mehr, sondern eine Kernaufgabe für Unternehmen". Toyota, das 1200 Ingenieure für die Entwicklung der Brennstoffzellen aufbietet, kündigte für 2003 das erste Auto zu bezahlbaren Preisen an. "Das emissionsfreie Fahrzeug wird kommen", sagte Chefentwickler Kazuo Tomita auf dem Hyforum, "denn nur so kann Mobilität im 21. Jahrhundert gesichert werden, ohne unsere Umwelt weiter zu belasten." Heute seien 700 Millionen Fahrzeuge weltweit auf den Straßen - Tendenz steigend. Und wenn immer mehr davon wie eine Waschmaschine schnaufen - umso besser für die Umwelt. [ document info ] Copyright © Frankfurter Rundschau 2000 Dokument erstellt am 14.09.2000 um 21:19:09 Uhr Erscheinungsdatum 15.09.2000 |
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aus der Diskussion: | Ballard Power - Realistische Zukunftsperspektiven Nr. 4 |
Autor (Datum des Eintrages): | JoGa-bavaria (17.09.00 13:35:05) |
Beitrag: | 87 von 407 (ID:1851962) |
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