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Monopol auf Sportwetten wankt


Auch private Buchmacher wollen künftig am Milliardenmarkt Sportwette teilhaben

KARLSRUHE taz " Ich bin mir sicher, dass irgendwo auch über den Ausgang dieses Verfahrens gewettet wird" , scherzte Verfassungsrichter Brun-Otto Bryde gestern. Karlsruhe muss entscheiden, ob künftig auch private Betreiber Sportwetten anbieten dürfen oder ob das staatliche Monopol erhalten bleibt. Es geht um einen Markt von derzeit immerhin einer Milliarde Euro pro Jahr. Tendenz stark steigend.

Geklagt hatte die Buchmacherin Irene Katzinger-Göth. Sie hatte ihren Job als Börsenmaklerin aufgegeben und in München ein Wettlokal eröffnet. Als das Geschäft mit Pferdewetten schlechter lief, wollte sie auch Wetten aus Fußball, Tennis und Formel 1 anbieten.

Doch solche Glücksspiele dürfen in Deutschland nur vom Staat betrieben werden. So soll das Spielbedürfnis der Bevölkerung in kontrollierte Bahnen gelenkt werden. Deshalb bieten die staatlichen Lotto-Gesellschaften unter dem Markennamen Oddset seit einigen Jahren auch Sportwetten an.

Ausgerechnet der Wettskandal um Schiedsrichter Robert Hoyzer, der Fußballspiele im Interesse seiner wettenden Kumpane manipulierte, hat im Lauf der letzten Monate zu einer Verdopplung der Umsätze geführt. Viele Bürger waren dadurch erst auf die Sportwetten aufmerksam geworden. Peinlich für den staatlichen Anbieter Oddset: Der Berliner Wettkönig Ante Sapina hatte vor allem bei Oddset gewettet, weil die Kontrollen dort so lax waren.

" Auch der Schutz vor Spielsucht wäre besser gewährleistet, wenn das Staatsmonopol fällt" , argumentierte gestern Kläger-Anwalt Gernot Lehr, " schließlich wurde hier der Bock zum Gärtner gemacht." Der Finanzminister erhalte die Einnahmen aus dem Wettmonopol und müsse gleichzeitig dafür sorgen, dass die Bürger nicht zu viel spielen. " Wir haben 27.000 Lotto-Annahmestellen in Deutschland, obwohl es nur 12.000 Postämter gibt. Sieht so die Eindämmung der Spielsucht aus?" , fragte der zweite Anwalt Ronald Reichert. " Es geht wohl eher darum, die Ausgaben der Bürger in staatliche Kassen zu lenken." Es wäre völlig ausreichend, wenn der Staat die privaten Wettbüros und Buchmacher kontrolliert, so Lehr. Über Steuern und Konzessionsabgaben könnte auch weiterhin ein Teil der Gewinne für Kultur, Sozialprojekte und Sportförderung abgeschöpft werden. Die Advokaten glauben, dass das Staatsmonopol schlicht überflüssig ist.

Faktisch ist das Monopol ohnehin ziemlich löchrig. Vier private Gesellschaften, darunter Betandwin, die sich kurz vor der Wiedervereinigung noch DDR-Lizenzen besorgt hatten, machen Oddset inzwischen Konkurrenz. Tausende Wettvermittler und SB-Automaten vermitteln Wetten bei Anbietern im Ausland. Das Internet ist ohnehin nicht kontrollierbar.

Der bayerische Finanzstaatssekretär Georg Schmid warnte jedoch vor einer Liberalisierung der Sportwetten. " Weil Fußballfans glauben, sie könnten mit ihrem Fachwissen besonders leicht gewinnen, sind Sportwetten besonders gefährlich."

Das Urteil wird erst in einigen Monaten, aber wohl noch vor der Fußball-WM erwartet.:rolleyes:

CHRISTIAN RATH

taz Nr. 7815 vom 9.11.2005, Seite 6, 104 Zeilen (TAZ-Bericht), CHRISTIAN RATH
 
aus der Diskussion: EM.TV AG......................Der Trading- bzw. Chartthread.
Autor (Datum des Eintrages): butch.  (09.11.05 16:02:11)
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