Fenster schließen  |  Fenster drucken

Wenn Zocker auf Richter wetten (EurAmS)

Das Bundesverfassungsgericht berät, ob das staatliche Monopol für Sportwetten gekippt wird. Viele Unternehmen warten auf das Urteil.
von Tobias Meister, Euro am Sonntag



Auf der kleinen Inselgruppe Aland, zwischen Stockholm und Helsinki gelegen, wird erwartungsvoll beäugt, was das Bundesverfassungsgericht im fernen Deutschland entscheidet. Sollten die Richter das staatliche Monopol für Sportwetten kippen, kann im Prinzip jeder zum Buchmacher werden. Davon will auch der finnische Wettspezialist PAF profitieren. Während die vorwiegend börsennotierte Konkurrenz der privaten Wettanbieter auf Profit aus ist, verfolgt die finnische Gesellschaft andere Ziele. "Der gesamte Gewinn kommt wohltätigen Zwecken zugute", erklärt Deutschland-Chef Florian Disson. Allein 2003 stellte PAF fünf Millionen Euro für soziale Projekte, Sport- und Jugendarbeit zur Verfügung.
Aber auch die weniger mildtätige Konkurrenz blickt gespannt nach Karlsruhe. Branchenkenner gehen davon aus, daß das staatliche Monopol auf Sportwetten nicht mehr haltbar ist. Per Staatsvertrag ist geregelt, daß die 16 Landesgesellschaften des deutschen Toto- und Lottoblocks über die Tochter Oddset Sportwetten anbieten dürfen. Dagegen klagt nun eine Buchmacherin aus München in höchster Instanz. Ihrer Ansicht nach ist das Verbot nicht gerechtfertigt, da die Konkurrenz aus dem Ausland über das Internet trotzdem Sportwetten anbietet.

Von Staatsseite gibt es noch heftige Gegenwehr. "Die Beschränkung von Sportwetten auf Angebote in staatlicher Verantwortung ist unerläßlich, um den Spielbetrieb zu kanalisieren und negative Folgen des Glücksspiels wie Spielsucht einzudämmen", sagt etwa Georg Schmitt, Staatssekretär im bayrischen Innenministerium.

Doch geht es wirklich um Kriminalitäts- und Suchtbekämpfung? Die zahllosen Werbekampagnen für die staatliche Sportwette Oddset sprechen eine andere Sprache. Der Staatssäckel profitiert kräftig. Allein im vergangenen Jahr durfte sich der Freistaat Bayern über rund 500 Millionen Euro Lotteriesteuer und Gewinnabführungen aus dem gigantischen Geschäft freuen. Welcher Anteil dabei auf Oddset entfällt, wird nicht veröffentlicht. Deshalb vermuten nicht nur die privaten Wettanbieter, daß es dem Staat in erster Linie ums Geld geht.

Hans-Jürgen Papier, der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, stellte kürzlich klar, daß überprüft werden muß, ob das Monopol wirklich die Spielsucht eindämmt oder ob die Maximierung der Staatseinnahmen im Vordergrund steht. Auch die Richter ließen in einer mündlichen Verhandlung über Oddset-Wetten Skepsis gegenüber der Rechtslage erkennen. So fragten die Richter nach einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage für das seit 1922 geltende Verbot privater Sportwetten. Die staatliche Seite beruft sich unter anderem auf den Spielbank-Beschluß des Verfassungsgerichts von 2000, wonach Gewinne aus einer an sich unerwünschten Tätigkeit nicht an Private verteilt werden sollten.

Bislang kann die Veranstaltung von privaten Glücksspielen mit fünf Jahren Haft belegt werden. Dennoch ist es schon heute kein Problem, bei privaten Anbietern aus dem Ausland Online-Wetten abzuschließen. Der österreichische Anbieter BetandWin, der in Deutschland jetzt schon Marktführer ist, wickelt seine Wetten über einen Server auf Gibraltar ab.

Gegen Angebote im Netz kann der Staat nur wenig ausrichten. "Wir brauchen einen transparenten Markt, damit alle wissen woran sie sind", erklärt BetandWin-Direktor Marcus Meyer. Für den Wegfall des staatlichen Monopols rüstet man sich derzeit überall nicht ohne Grund. Nach einer Studie des Marktforschers Goldmedia macht das Wettgeschäft in Deutschland gerade einmal vier Prozent des gesamten Glücksspielmarkts von 28 Milliarden Euro aus. Im europäischen Ausland sind es rund 23 Prozent.

Goldmedia schätzt, daß der Umsatz mit Sportwetten in Deutschland von 810 Millionen Euro auf knapp vier Milliarden ansteigen wird. "Vor allem Fernsehsender und Internetfirmen werden im Liberalisierungsfall Sportwetten anbieten", so Disson. Schon jetzt bietet der Pay-TV-Sender Premiere über den Kanal PremiereWin Pferdewetten an. Ein positives Urteil des Bundesverfassungsgerichts würde das Geschäft deutlich ankurbeln. Mit einer Entscheidung wird Anfang 2006 gerechnet. Dann werden vielleicht nicht nur in Finnland die Korken knallen. «

Premiere

Mit eigenem Wettkanal am Start

Bereits 2008 will Premiere mit seinem Wettkanal einen Umsatz von einer Milliarde Euro erzielen. Voraussetzung: Das staatliche Monopol für Sportwetten fällt. Bis jetzt bietet PremiereWin nur erlaubte Pferdewetten an. Gerade legte der Abo-Sender seine Quartalszahlen vor. Er steigerte den Umsatz in den ersten neun Monaten 2005 um 8,2 Prozent auf 778,7 Millionen Euro. Dank Sondererlösen verbuchte der Sender einen Gewinn von 52 Millionen Euro. Mit einem KGV von 17 ist die Aktie jedoch nicht billig. Abwarten.

ISIN Akt. Kurs KGV 06 Stopp Ziel

DE000PREM111 23,77 17,01 21,50 25,00

EM.TV

Fast dabei, aber noch nicht mittendrin Anfangs wurde EM.TV-Chef Werner Klatten belächelt, als er sich am defizitären Sportsender DSF beteiligte. Mittlerweile hält EM.TV 100 Prozent und macht Profit. Offiziell hat das Unternehmen noch keine Pläne für ein Wettangebot. Wie zu hören ist, sind hinter den Kulissen jedoch schon Gespräche mit möglichen Kooperationspartnern gelaufen. Als Inhaber exklusiver Merchandising-Rechte gilt EM.TV ohnehin als Profiteur der Fußball-WM 2006. Nach dem jüngsten Kursrückschlag ist die Aktie momentan wieder günstig.

ISIN Akt. Kurs KGV 06 Stopp Ziel


DE0009147207 4,11 63,6 3,00 6,00

Sportwetten.de

Genug Geld durch Kapitalerhöhung

Sportwetten.de ging aus der ehemaligen E.Multi hervor. Das Unternehmen gehört bis jetzt noch zu den kleineren Anbietern der Branche. Durch eine Kapitalerhöhung im Sommer scheint der Liquiditätsengpaß beseitigt zu sein. Wie zu hören ist, sei das Unternehmen durchaus bereit, mit einem Partner zusammenzugehen. Im ersten Halbjahr erzielte Sportwetten.de einen Umsatz von 17,7 Millionen Euro. Gleichzeitig konnte ein Gewinn von 855000 Euro eingefahren werden. Die Aktie ist nur für spekulativ orientierte Anleger geeignet.

ISIN Akt. Kurs KGV 06 Stopp Ziel

DE0005488514 3,00 - 2,50 5,00

BetandWin

Marktführer ist teuer

Die Österreicher, die ihre Wetten über Gibraltar abwickeln, sind schon jetzt Marktführer in Deutschland. Nach den ersten sechs Monaten 2005 verzeichnete BetandWin einen Umsatzanstieg von 210 Prozent auf 993,0 Millionen Euro. Der Vorsteuergewinn lag bei 2,48 Millionen. Der positive Trend dürfte sich fortsetzen. Gerade von der Fußball-WM im kommenden Jahr wird BetandWin in hohem Maße profitieren. Auf Grund seines hohen Bekanntheitsgrads wird das Unternehmen seinen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz weiter ausbauen. Allerdings ist auf dem aktuellen

Niveau schon viel Phantasie im Aktienkurs enthalten. Anleger sollten vor einem Einstieg auf Rückschläge warten.

ISIN Akt. Kurs KGV 06 Stopp Ziel

AT0000767553 61,74 35,8 45,00 65,00

Quelle: FINANZEN.NET
 
aus der Diskussion: EM.TV AG......................Der Trading- bzw. Chartthread.
Autor (Datum des Eintrages): Buddah  (13.11.05 11:20:47)
Beitrag: 1,626 von 8,932 (ID:18769051)
Alle Angaben ohne Gewähr © wallstreetONLINE