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USA sind die Kritik leid
Liste mit 400 CIA-Flügen

Über Deutschland sind nach einem Bericht des "Spiegel" über 400 Flüge des US-Geheimdienstes CIA abgewickelt worden. Der Bundesregierung liege eine detaillierte Liste von Bewegungen und Landungen getarnter CIA-Flugzeuge in Deutschland vor, berichtete das Magazin.

Nach der von der Deutschen Flugsicherung erstellten Statistik habe der US-Geheimdienst Deutschland in mindestens 437 Fällen für die umstrittenen Flüge genutzt, auf denen Medienberichten zufolge auch unrechtmäßig gefangen gehaltene Islamisten zu Verhören ins Ausland gebracht wurden.

Zwei auf Privatfirmen zugelassene Flugzeuge der CIA hätten allein in den Jahren 2002 und 2003 zusammen 137 und 146 mal deutschen Luftraum genutzt oder seien auf deutschen Flughäfen gelandet, vor allem in Frankfurt, Berlin und auf der US-Militärbasis Ramstein.

Europa soll ruhig sein

Um die Geheimflüge und Gefängnisse der CIA in Europa wird es wohl auch bei der Europareise von US-Außenministerin Condoleezza Rice in der kommenden Woche gehen. Dabei wird Rice die europäischen Verbündeten Diplomaten zufolge zur Zurückhaltung auffordern. Am Dienstag trifft Rice Bundeskanzlerin Angela Merkel.

"Es ist ziemlich deutlich, dass sie wollen, dass die europäischen Regierungen aufhören, hierbei Druck auszuüben", sagte ein europäischer Diplomat mit Kontakten zu Vertretern der US-Regierung. Die USA hätten sich wochenlang in der Defensive befunden. "Aber plötzlich hat sich ihre Linie unglaublich verhärtet", fügte der Diplomat hinzu. Berichten zufolge hat der US-Geheimdienst CIA in Osteuropa Geheimgefängnisse für mutmaßliche Extremisten betrieben.

Die Europäische Union hat die US-Regierung um Aufklärung der Vorwürfe gebeten. Das EU-Parlament erwägt, die Angelegenheit selbst zu untersuchen. Der Europarat ermittelt dazu bereits.

Rice, die sich bislang mit Äußerungen zu diesen Vorwürfen zurückgehalten hat, kündigte an, sich vor ihrer Abreise nach Europa öffentlich dazu zu äußern. US-Vertreter erwarten, dass sie dies am Montagmorgen tut. Nach Angaben von Diplomaten und US-Vertretern wird sie die US-Verbündeten daran erinnern, dass sie selbst bei US-Einsätzen mitgewirkt hätten. Rice werde die Europäer auffordern, zu einem Abbau der öffentlichen Kritik an den USA beizutragen .

Flucht nach vorn

Der Sprecher des Weißen Hauses erklärte derweil, dass die USA im Kampf für die Menschenrechte weltweit an vorderster Front stünden. "Wir zeigen das, indem wir Menschen zur Rechenschaft ziehen, wenn sie das Gesetz brechen oder Menschenrechte verletzen, und wir zeigen das, indem wir den Vormarsch von Freiheit und Demokratie unterstützen", erklärte Scott McClellan.

Ein weiteres Argument sei, dass die USA "die Menschen in Afghanistan und im Irak befreien, rund 50 Millionen Menschen", so McClellan weiter. Darüber hinaus unterstütze Washington alle diejenigen, "in deren Ländern Menschenrechte versagt oder verletzt werden, wie in Nordkorea". Präsident George W. Bush habe deutlich gemacht, "dass wir nicht foltern, er würde Folter niemals dulden oder anordnen".

"Testfall für Außenminister Steinmeier"

Die Grünen und Amnesty International haben die Bundesregierung aufgefordert, auf jeden Fall beim Berlin-Besuch der US-Außenministerin Aufklärung über die CIA-Überflüge in Europa zu verlangen. Der neue Außenminister solle auf Informationen pochen, sagte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast der "Neuen Ruhr/Rhein Zeitung". "Das ist der Testfall für Frank-Walter Steinmeier."

Auch die Bundeskanzlerin solle den Fall ansprechen, verlangte die Generalsekretärin der deutschen Sektion von Amnesty International, Barbara Lochbihler. Sie geht davon aus, dass deutsche Behörden von möglichen CIA-Flügen gewusst haben müssen. "Die Zuständigen müssten von den Flügen gewusst haben, zumal wir seit längerem auf die Verschleppungen durch die CIA hingewiesen haben", sagte sie der "Frankfurter Rundschau".

Bundesregierung will lieber nicht nachfragen

Die USA hatten angekündigt, "zeitnah" für Aufklärung über mutmaßliche CIA-Überflüge in Europa zu sorgen. Die Bundesregierung hatte daraufhin am Freitag erklärt, es komme nun nicht darauf an, ob Rice bereits am Dienstag beim Treffen mit Merkel Antworten liefere. Wenn es Rice möglich sei, bereits am Dienstag Stellung zu nehmen, werde sie sicher davon Gebrauch machen. "Sollte die US-Administration die Beantwortung erst später machen können, hätten wir dafür Verständnis" , sagte ein Sprecher.
 
aus der Diskussion: Hat Rot-Grün von den Folterungen gewusst?
Autor (Datum des Eintrages): INeedMoney  (03.12.05 19:41:34)
Beitrag: 2 von 483 (ID:19146496)
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