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Karlsruhe soll entscheiden
"Rohtenburg"-Produzent plant Verfassungsbeschwerde - Kein Schaden für Senator Film

Von Norbert Schwaldt

Der Produzent des Kannibalen-Films "Rohtenburg" will gegen das Verbot bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Bleibt der Streifen in der Schublade, rechnet der Berliner Verleiher Senator mit einem Gewinnausfall von bis zu einer Million Euro.

Berlin - Die Pläne der neuen Eigentümer, die insolvente Berliner Senator Entertainment AG mit neuen Streifen in diesem Jahr zum Comeback zu bringen, haben einen Rückschlag erlitten. Der Kölner Medienanwalt Helge Sasse und der in Los Angeles lebende Filmproduzent Marco Weber hatten auf Kassenknüller wie den Spielfilm "Rohtenburg" gesetzt. Der Streifen darf jetzt wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte des "Kannibalen" Armin Meiwes nicht in den Kinos gezeigt werden. Der in Kassel ansässige 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt hat ein Aufführungsverbot verhängt.

"Atlantic Streamline beabsichtigt, gegen die Entscheidung des OLG nicht nur in einem Hauptsacheverfahren, sondern auch mit einer Verfassungsbeschwerde vorzugehen", sagte Sasse, der Anwalt der Produktionsfirma Atlantic-Streamline und auch Aufsichtsratsvorsitzender des Verleihers Senator ist, am Sonnabend der Berliner Morgenpost.

"Sollte ein Gericht wirklich endgültig entscheiden, daß ,Rohtenburg" die Persönlichkeitsrechte von Herrn Meiwes verletzt und der Film deshalb in Deutschland endgültig in der Schublade verschwinden muß, müßte allerdings der Produzent und nicht der Verleih den Schaden tragen", sagte Sasse. Denn der Produzent hätte einen Film geliefert, der mit einem Rechtsmangel behaftet ist.

Die Entlassung aus der Insolvenz ist wegen des Filmverbots allerdings nicht in Gefahr, sagte ein Sprecher des Insolvenzverwalters Rolf Rattunde. "Senator ist der Verleiher und hat sich gegen das Risiko eines Filmverbots abgesichert." In solchen Fällen gebe es einen Ausgleichsanspruch gegenüber dem Produzenten, bestätigte der Sprecher. Die Berliner Senator Entertainment AG soll planmäßig am 31. März aus der Insolvenz entlassen werden.

Atlantic Streamline droht nach dem jüngsten Urteil ein Ordnungsgeld von 250 000 Euro oder bis zu sechs Monate Haft, falls der Film "vervielfältigt, beworben oder auf andere Weise in Verkehr gebracht wird". Der Kinostart war für den 9. März geplant.

Die Berliner Verleihfirma Senator hat nach Angaben vom Meiwes-Anwalt Ermel mehr als 400 000 Euro Vorlaufkosten in "Rohtenburg" investiert. "Der Schaden, vor allem die Marketingkosten, die durch den vorläufigen Stopp des Filmes unwiederbringlich verloren sind, liegen weit unter den 400 000 Euro, die der Anwalt von Herrn Meiwes nur aus der Luft gegriffen hat. Je nach Interesse der Zuschauer im Kino und Video oder TV könnte der entgangene Gewinn des Verleihs im niedrigen Millionenbereich liegen, falls der Film endgültig gestoppt sein sollte", kontert Sasse. Aus Sicht der Senator AG sei die Entscheidung des OLG jedoch völlig unhaltbar. Sasse geht davon aus, daß der Film doch noch in Deutschland gezeigt werden könne. "Zu denken, daß die einstweilige Verfügung gegen den Film ein wirtschaftliches Problem für Senator darstellen könnte, ist einfach grober Unsinn."

Die Aktie der Senator Entertainment AG war jedoch nach Bekanntgabe der Gerichtsentscheidung am Freitag um bis zu 5,23 Prozent abgestürzt, erholte sich aber bis zum Schluß am Abend fast wieder auf den Vortagesstand. In den letzten Tagen hatte der Senator-Kurs zu einem Höhenflug von bis zu 3,25 Euro angesetzt.

Die Senator Entertainment war 2004 in arge Zahlungsschwierigkeiten geraten, weil massive Abschreibungen auf einen teuren Filmstock vorgenommen werden mußten und Kredite nicht bedient werden konnten. Der frühere Senator-Chef Hanno Huth hatte einen großen Filmfundus mit Kredithilfe zusammengetragen und war durch den Einbruch des Verleihgeschäfts und der Lizenzeinnahmen gescheitert.

Gescheitert war die Berliner Senator Entertainment auch mit der Beteiligung an der Kino-Kette Cinemaxx. 25 Prozent waren für 166 Mio. Euro gekauft worden und mußten weitgehend abgeschrieben werden. Ende Mai 2004 waren bei der Deutschen Bank Forderungen über 168 Mio. Euro aufgelaufen. Bei einer Gläubigerversammlung wurden Schulden von 180 Mio. Euro ermittelt.

Sasse und Weber hatten für den Kauf von 50,1 Prozent der Senator-Aktien im Oktober 2005 rund 9,3 Mio. Euro gezahlt und einen Teil an weitere Investoren wie Karstadt-Chef Thomas Middelhoff weitergegeben. 30 Prozent der Anteile sind noch im Besitz der Deutschen Bank, die im Zuge eines Forderungsausgleichs Großaktionär bei Senator geworden war.

Aus der Berliner Morgenpost vom 5. März 2006
 
aus der Diskussion: +++Senator+++Insolvenzplan!!!
Autor (Datum des Eintrages): Glaeubiger  (05.03.06 11:11:31)
Beitrag: 1,112 von 1,377 (ID:20519720)
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