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@RRichter

danke Ihrer Nachfrage, mich gibt es noch, bin aber bereits wieder in Fernost-Asien. Ich war nur für einen kurzen Urlaub in Deutschland, dann rief mich die Arbeit, die mich länger an Asien binden wird, wieder zurück. Insofern bitte ich um Verständnis, dass ich nur mehr mit großen Intervallen die Diskussion im Board verfolgen und führen kann.
Leider hatte ich während meines kurzen Deutschland-Aufenthalts auch keine Zeit, bezüglich der Prozesse Näheres selbst in Erfahrung zu bringen oder meine Quelen anzugehen, da das bisschen Freizeit, das ich hatte, nach einem halben Jahr Abstand ganz der Familie gehören musste.

Ich will aber gerne Ihre Frage bezüglich des Beitrags von Zorro 2 beantworten - schade dass niemand beim Prozes gegen Com4Net-Aufsichtsratsvorsutzenden Karlheinz Weber und Com4Net-Vorstand Aexander Witsch (CEO) zugegen war. Mir wurde von einer Person, die als Zuschauerin und -hörerin dabei war, mitgeteilt, die Verfahren wären gegen Auflage (Zahlung einer Geldsumme in einem, Arbeitsleistung im anderen) eingestellt worden. Gab es denn außer im Falle Elas bisher nur Freisprüche und Einstellungen? Wurde dafür fast vier Jahre lang vom Erdinger Kommissar Arthur Weingärtner "hart" ermittelt und wurden x Strafverfahren vor den Richter gebracht? Saßen die Anklageerhebungen nicht? Aber was die "Qualität" jener sagenhaften Ermittlungen betrifft, konnten sich ja inzwischen schon viele ein Bild davon machen. Da können sich viele Com4Net-Aktionäre und brave Steuerzahler fragen: Dreieinhalb Jahre Ermittlungen und Ausgeben so vieler Steuergelder für solche Resultate?

Die Staatsanwältin Wawerla, die sich bei ihren Anklageerhebungen auf die Ermittlungen verlassen musste, war schon im November beim Prozess nicht dabei. Mir wurde mitgeteilt, sie sei schwanger oder habe bereits ein Kind geboren (konnte das nicht nachprüfen, aber ich könnte mir gut vorstellen, dass sie sich zu Hause wohler fühlt als dabei, vor Gericht mit den Resultaten mancher Ermittlungen konfrontiert zu werden). Ich denke nicht, dass der Fall Com4Net für sie karrierefördernd war.

Fälle wie die des Markus Stettinger und Thornton ruhen immer noch in Frieden; über jene Ermittlungen - dürfte ich es denn auch Nicht-Ermittlungen nennen? - ruht noch interessantes Material in zwei Redaktionen, davon vielleicht einmal später. Ich denke aber doch, dass Oberstaatsanwaltschaften, Innenministerium und die Öffentlichkeit das einmal erfahren sollten.

Aber nun endlich zu Zorro2: Nach allem, was ich inzwischen weiß, denke ich auch, dass die DC schon 1996 konkursreif war. Herrn Elas wurde bei seiner Verhandlung denn auch in diesem Kontext Konkursverschleppung vorgeworfen und das war wohl mit entscheidend für sein Strafmaß. Die Tatsache freilich, dass eine Firmas konkurs ist, ändert noch nicht notwendigerweise die Qualität ihres Produkts/ihrer Produkte. Wenn eine andere Firma wie in diesem Fall die AlphaCom diese(s) übernimmt, ist dies eher sinnvoll als unlauter. Tatsächlich war die AlphaCom mit diesem Produkt auch die beste Investition der Com4Net; seit dem Jahr 1999 gab es eine Reihe von Internet-Firmen, die der Com4Net diese Beteiligung zu lukrativen Bedingungen abkaufen wollten. Dies geschah letztlich am 30.11.2000, als die Firma IPCenta - Tochter der an der Nasdaq notierten CompleTel - zum Kaufpreis von 5,9 Millionen DM die AlphaCom übernahm (zu einem Zeitpunkt , als die Bewertungen der Internet-Firmen bereits alle sanken; noch ein Jahr zuvor hatte sie ein weit höheres Verhandlungsangebot gemacht).
Zum "überhöhten Kaufpreis", dessentwegen "Herr Elas jetzt im Knast", wie Zorro2 schreibt, sitzt, kann ich sagen: Herrn Elas wurde nicht ein überhöhter Kaupfpreis vorgeworfen, sondern die Angabe eines zum damaligen Zeitpunkt nicht zutreffenden Wertes der Firma AlphaCom im Com4Net-Emissionsprospekt. Es gab eine Berechnunsformel, nach der der Firmenwert angesetzt werden sollte, die, vereinfacht ausgedrückt besagte, das 7,5-fache des aktuellen Montasumsatzes sei ein reeller Verkaufspreis (diese Berechnungsformel stellte nicht die Firma Com4Net auf, sondern andere AlphaCom-Interessenten; ich habe in einer Redaktion noch entsprechende Gesprächsprotokolle, die mir die Firma Wieselhuber aus München - die übrigens hochbrisante Unterlagen in ihrem Archiv hat, bei der aber offensichtlich niemals ermittelt oder Material beschlagnahmt wurde, wie mir eine veranwortliche Sachbearbeiterin mitteilte - , für meine Recherchen in Kopie zur verfügung stellte). Zum Zeitpunkt, als der Emissionsprospekt gemacht wurde, betrug der Monatsumsatz nicht ganz eine Million DM, man konnte also laut jener Formel (die freilich, offen gestanden, mir persönlich auch fragwürdig erscheint) nicht acht Millionen DM im Prospekt ansetzen. Nur wenige Monate später freilich erreichte die Firma AlphaCom aber tatsächlich jenen Wert, aber das hilft juristisch in der Sache nichts. Ein kompetenter Gutachter hätte beim Elas-Prozes freilich auch berücksichtigen müssen, nach welchen Kriterien im jahr 1998 Internet-Firmen bewertet wurden, wie man damals in der Branche Zukunftspotenzial ansetzte und die Formel des Com4Net-Experten-Gremiums eventuell selbst in frage stellen müsen (viele Gutachter damals hätten den Wert der AlphaCom nach damals üblichen Bewertungskriterien sogar wohl noch höher als acht Millionen DM angesetzt). Jeder Börsianer weiß - s. als Beispiel nur amazon - wie hochverschuldete Firmen, die kaum irgendeine Substanz hatten, zur Geburtsstunde des Internet-Goldrausches für neun- bis zehnstellige Summen bewertet wurden!!

Herr Elas verließ sich jedenfalls auf ein sechsköpfiges Experten-Gremium, das ihm den Firmenwert berechnete, den man ansetzen sollte. Er hat sich meiner Meinung nach in dieser Sache nur ungeschickt verteidigt, denn warum wurden/werden nicht all jene sechs Experten (jeder Com4Net-Aktionär weiß, dass auch zumindest ein prominenter Name darunter ist) dafür verantwortlich gemacht? Die hätten vor Gericht das Zustandekommen der Wertung (des "überhöhten Kaufpreises") eventuel plausibler darstellen können als Elas, der - ich war beim Prozess am 25.4.05 dabei - nur mehr als geschlagener, nervlich zerrütteter Mann vor dem Richter saß und sich an die einfachsten Dinge nicht mehr erinnern konnte.

Meiner Meinung nach hat der entsprechende Landshuter Richter (ich denke, sein Name lautet Gmelch) im Prozess gegen Elas viele Dinge nicht richtig gewertet und eine Reihe von Zusammenhängen nicht erkannt. Ich kann dies auf Wunsch an anderer Stelle gerne im Detail begründen. Immerhin hat er lobenswerterweise zwar einen Gutachter für die AlphaCom-Wertung bestellt, aber für mich war nicht erkennbar, dass er das Gutachten selbst in Frage stellen konnte, wozu ich aber großen Anlass sehe. Es wäre auf jeden Fall ein zweites notwendig gewesen und da hat die Verteidigung des Herrn Elas sicher Entscheidendes versäumt. Ich selbst habe dies vor dem Prozess noch angeraten, leider hat man auf mich - wie schon zu Com4Net-Zeiten, als ich der Vorstandschaft mehrfach einen offenen, transparenten und offensiven Kurs anriet - nicht gehört.

Ich hoffe, ich habe Ihre Frage nach meiner Sicht der Dinge ausreichend beantwortet und sende liebe Grüße ins ferne Deutschland

ST
 
aus der Diskussion: Com4Net - Die Prozesse
Autor (Datum des Eintrages): STeplan  (15.03.06 11:58:26)
Beitrag: 104 von 182 (ID:20694312)
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