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Bundesliga droht Eigentor
Die DFL hat die Pay-TV-Rechte aus Versehen doppelt vergeben. Hinter verschlossenen Türen tobt ein Streit
von Tina Kaiser

Tina Kaiser Christian Seifert ist eigentlich ein Gewinnertyp. Mit gerade einmal 36 Jahren stieg der Vorstandsvorsitzende der KarstadtQuelle New Media AG am 1. Juli vergangenen Jahres zum Chef der Deutschen Fußball Liga (DFL) auf. Kein halbes Jahr später verhalf er der DFL mit der Neuvergabe der Bundesligarechte zum lukrativsten Deal aller Zeiten. 420 statt wie bisher 300 Millionen Euro kassiert die DFL ab der kommenden Saison für ihr Rechtepaket.


Der Clou von Seiferts Gesellenstück: Bei den Live-Rechten sahnen die 36 Proficlubs zukünftig gleich doppelt ab. Arena, eine hundertprozentige Tochter des zweitgrößten deutschen Kabelkonzerns Unity Media, zahlt 220 Millionen Euro pro Jahr für die Pay-TV-Lizenz, 50 Millionen Euro jährlich legt zusätzlich die Deutsche Telekom für Internet-Übertragungsrechte auf den Tisch.


Doch genau dieses Doppelgeschäft droht Seifert jetzt um die Ohren zu fliegen. Denn so klar abgrenzbar wie er ursprünglich annahm, sind das TV-Paket von Arena und das IP-TV-Paket der Telekom keineswegs. Da kann Seifert noch so gebetsmühlenartig verkünden, es werde keine zwei Pay-TV-Angebote geben, die Wirklichkeit sieht anders aus. Denn die Lizenzen unterscheiden sich faktisch nur durch den Übertragungsstandard.


Weil die Telekom nun ausgerechnet mit dem bisherigen Pay-TV-Rechte-Inhaber Premiere paktieren will, bekommt Arena überraschend gefährliche Konkurrenz. Sollten sich die Telekom und Premiere einig werden, könnte Premiere seine Kunden auch weiterhin mit Live-Fußball-Spielen versorgen. Damit wäre die Arena-Lizenz deutlich weniger wert als gedacht. Im Gegensatz zu Arena verfügt Premiere bereits über 3,5 Millionen Abonnenten. Arena fängt dagegen quasi bei null an.


Die DFL zeigt sich verstimmt und zürnt, von einer Zusammenarbeit mit Premiere habe die Telekom während der Ausschreibungsphase nie etwas gesagt. Das stimmt zwar, allerdings waren die DFL-Manager so ziemlich die einzigen im Land, die ahnten, daß Arena und nicht Premiere die Pay-TV-Rechte bekommen würde. Nach der Rechtevergabe lag eine Kooperation des Telekommunikationsriesen und des Münchner Bezahlsenders dagegen auf der Hand. Als teilstaatlicher Konzern hat die Telekom keine Chance auf eine Sendelizenz. Die kann Premiere liefern. Dazu ist der Sender nach 15jähriger Bundesliga-Erfahrung der Experte, wenn es um Produktion und redaktionelle Aufbereitung der Fußballbilder geht.


Noch im Dezember rühmte sich die DFL dank 233 verschiedenen Rechtepaketen mit der "komplexesten Ausschreibung in der Geschichte der Bundesliga". Jetzt wird klar, daß die Fußballmanager vor lauter Komplexität selbst den Überblick verloren haben. Denn die Ausschreibungsunterlagen verbieten eine Kooperation mit Premiere keineswegs. Auch räumen sie der Telekom weitreichende Rechte ein. Sie darf "Breitband-Internet basiertes Fernsehen" senden, und zwar nicht nur über ihr derzeit im Aufbau befindliches VDSL-Glasfasernetz, sondern auch "über Satellit, Kabel oder Terrestrik", also über die Hausantenne. Dieses Szenario wäre für Arena der finanzielle Supergau. Für die DFL könnte das entstandene Chaos nicht nur peinlich, sondern auch teuer werden. Sie besitzt nämlich eine Option für einen Einstieg bei Arena. Jederzeit kann sich die DFL kostenlos mit zehn Prozent bei dem Pay-TV-Sender beteiligen. Attraktiv ist diese Option freilich nur, wenn Arena Gewinne abwirft.

Nach außen gibt sich Seifert weiterhin gelassen. Neben der Ausschreibung gäbe es ja noch die eingereichten Konzepte der Lizenznehmer. "Die von den Partnern erworbenen Inhalte sind auf diese Weise klar definiert, was allen Bewerbern auch bewußt war", vermeldete Seifert im hauseigenen Newsletter.


Daß dem keineswegs so ist, belegt ein Verkaufsprospekt von einer Anleihe, mit der die Arena-Mutter Unity Media ihr Bundesliga-Engagement finanzieren will. "Es ist nicht klar, inwieweit die Telekom gemäß ihrer IP-TV-Rechte das Recht hat, ihr Bundesligaprogramm auf die gleiche Weise zu TV-Geräten zu übertragen, wie wir unser Programm übertragen", heißt es dort. Selbst Arena weiß offenbar nicht, wie viel Exklusivität ihr zusteht.


Hinter verschlossenen Türen ist deswegen ein Streit ausgebrochen, was die Telekom darf oder nicht darf. Arena hat fast viermal soviel für ihr Lizenzpaket bezahlt und fühlt sich über den Tisch gezogen. Um die Konkurrenz der beiden Pay-Anbieter zu entschärfen, versucht die DFL darum, die Telekom-Rechte nachträglich einzuschränken.


Deshalb hat die Telekom bereits vor einigen Wochen eine Taskforce aus Vertragsjuristen, Vertriebsmanagern, Marketingfachleuten und Inhalteeinkäufern zusammengestellt, die mit der DFL zu einer gütlichen Lösung kommen soll. Fast wöchentlich reisen die Herren mit immer neuen Präsentationen und Konzepten unter dem Arm zur DFL-Zentrale in den Frankfurter Stadtwald, in der Hoffnung, daß Seifert & Co. das Okay geben.


Es ist nicht üblich, daß ein Dax-Konzern sich in solcher Form vorführen läßt. Daß es noch nicht zum offenen Eklat gekommen ist, verdankt die DFL allein den langfristigen Interessen der Telekom. Der Bonner Konzern braucht für den Ausbau seines hyperschnellen Glasfasernetzes dringend Inhalte und möchte auch bei der nächsten Rechtevergabe 2008 wieder zum Zug kommen.

Mitarbeit: Thomas Heuzeroth


Artikel erschienen am 16. April 2006


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wie auch immer die Entscheidungen in den nächsten Tagen lauten werden, EM.TV ist in jedem Fall der Gewinner
 
aus der Diskussion: EM.TV mit seinem Sportsender DSF in Sachen Bundesliga vor weitreichender Kooperation mit Deutsche Te
Autor (Datum des Eintrages): FRAGERO  (16.04.06 17:56:19)
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