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Moskauer Miliz läßt Skinheads auf Schwule einprügeln

Bundestagsabgeordneter Beck wird am Kopf verletzt und erhebt schwere Vorwürfe gegen Sicherheitskräfte
von Manfred Quiring

Moskau - Unbehelligt von einem tausendköpfigen Milizaufgebot, haben russische Nationalpatrioten und Skinheads in der russischen Hauptstadt eine nicht genehmigte Demonstration von Homosexuellen überfallen und zahlreiche Teilnehmer zusammengeschlagen. Unter den Verprügelten war der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen/Bündnis 90, Volker Beck. "Erst wurde ich von einem Stein getroffen. Dann schlug mir ein junger Neonazi mit der Faust ins Gesicht", berichtete Beck.


Er hatte an einem internationalen Kongreß in Moskau und anschließend an der Demonstration teilgenommen. Der Politiker trug eine Platzwunde davon, die genäht werden mußte. Die Miliz habe ihn und seine Begleiter direkt den Angreifern zugeschoben. Versuche, hinter der Polizeikette Schutz zu suchen, wurden unterbunden, sagte Beck. Die Teilnehmer der nicht genehmigten Demonstration wurden dem prügelnden Mob praktisch schutzlos ausgeliefert. Der skandierte "Moskau ist nicht Sodom" und "Ehre für Rußland".


Die russische Politik gab einhellig den Homosexuellen die Schuld an der Eskalation. Die Verantwortlichen können sich in ihrem Vorgehen auf eine Mehrheit in der Bevölkerung stützen. "Solche Demonstrationen von Gays gehören verboten", empörte sich der 42jährige Elektroingenieur Oleg. "Wenn sie ihre abartige Lebensweise öffentlich propagieren, können sie noch ungefestigte Jugendliche negativ beeinflussen." Wiktor Schudegow, Mitglied des Föderationsrates, des Oberhauses des russischen Parlaments, und Vorsitzender des Komitees für Wissenschaft und Kultur, verurteilte die Demonstration als "Provokation". "Man sollte sein abweichendes Verhalten von allgemein akzeptierten Normen nicht öffentlich zur Schau stellen und das auch noch als Menschenrecht darstellen", sagte er.


Die russischen Homosexuellen und Lesben hatten ursprünglich eine Parade zum internationalen Christopher Street Day geplant. Die war schon vor Monaten von Moskaus Bürgermeister Juri Luschkow verboten worden. Zur Begründung sagte er, es könne zu "negativen Reaktionen gegen die Teilnehmer" kommen, deren Sicherheit die Ordnungskräfte nicht garantieren könnten. Die orthodoxe Kirche und die geistige Führung der Moslems in Rußland hatten für den Fall einer Demonstration teils indirekt, teils direkt zu Gewalt gegen die Homosexuellen aufgerufen. Luschkow erklärte am Wochenende, Schwulenparaden seien in Rußland "absolut unzulässig".


Die Moskauer Miliz, verstärkt durch die Sondereinsatzgruppe Omon, die die nationalistischen Schläger unbehelligt agieren ließ, nahm rund 120 Menschen fest. Darunter war auch Volker Beck, den sein Diplomatenausweis, den er als Bundestagsabgeordneter bei sich trug, nicht schützte. Erst nach einer Stunde und nachdem die deutsche Botschaft sich eingeschaltet hatte, kam er wieder frei. Die Miliz entschuldigte sich.


Gleichgeschlechtliche Liebe stand in Rußland bis 1993 unter Strafe. Rußland hat sich aber als Mitglied des Europarates zum Schutz von Minderheiten verpflichtet.


Artikel erschienen am Mo, 29. Mai 2006
welt.de
 
aus der Diskussion: Moskau ist nicht Sodom - Volker Beck (Grüne) von Russen verprügelt
Autor (Datum des Eintrages): Sealion  (29.05.06 12:20:12)
Beitrag: 117 von 201 (ID:21857336)
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