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Chinesisch-kasachische Pipeline - neue Realität der Weltpolitik


[von Dmitri Kossyrew] Hier ist es wichtig, zu verstehen, dass es nicht nur um das chinesisch-kasachische Projekt, sondern auch um den Beginn der Schaffung eines neuen Rohrleitungssystems geht, an dem sich neben Russland einige zentralasiatische Staaten in dieser oder jener Form beteiligen werden.

Die Eröffnung der Erdölleitung Kasachstan-China in diesem Monat ist ein Ereignis von Weltbedeutung. Kasachstan eröffnete erstmals den östlichen Weg für sein Erdöl. Früher strömte es nur gen Westen. Für Russland ist das auch ein großes Ereignis und ein Teil seiner "östlichen" Wirtschaftspolitik, die für Moskau immer wichtiger wird.

Die fast 1000 Kilometer lange Pipeline Atasu-Alaschankou endet in Xinjang, dem Autonomen Gebiet der Uiguren. Durch diese Rohrleitung wird China bis zu 20 Millionen Tonnen Erdöl im Jahr beziehen. Bei Xinjang handelt es sich um ein Gebiet, das von allen chinesischen Territorien zum europäischen Teil Russlands am nächsten liegt. Dieses Gebiet galt bis in die jüngste Zeit hinein als ein schlafender, problematischer und unzureichend entwickelter Teil Chinas. Heute hat sich die Situation geändert. Die Schlussfolgerung für Moskau ist sehr einfach: In der neuen Region vollziehen sich Prozesse schneller, an denen es aktiv teilnimmt.

Bislang brachte die Situation mit dem chinesischen Erdölimport Russland nur einen sehr geringen Vorteil, abgesehen von den Erdöllieferungen per Eisenbahn über den russischen Fernen Osten. Und es ist sehr gewinnbringend, Erdöl an China zu verkaufen. Das Land, das heute bis zu 150 Millionen Tonnen Erdöl im Jahr braucht, hat im vorigen Jahr für seinen Import 50 Milliarden US-Dollar verausgabt.

Bekanntlich kam Russland beim Export von mineralischen Rohstoffen auf den ersten Platz in der Welt, von dem es Saudi-Arabien verdrängte. China ist ein unmittelbarer Nachbar Russlands. Aber auch heute werden bis zu 80 Prozent des von China importierten Erdöls auf dem Seewege, über die Straße von Malakka, hauptsächlich aus dem Nahen Osten geliefert. Diese Situation ist für China auch deshalb riskant, weil lediglich einer von zehn Tankern, die dieses Erdöl transportieren, China gehört.

Es galt, dass die Pazifik-Pipeline, genauer gesagt ihre Abzweigung, über die ostsibirisches Erdöl an den chinesischen Nordosten geliefert wird, ein Schlüsselprojekt ist. Aber das ist ein sehr großes Projekt, das gemeinsame Investitionen nicht nur in die Verlegung der Rohrleitung selbst, sondern auch in die Erkundung von ostsibirischem Erdöl erfordern wird. Diese Pipeline wird in einer großen Entfernung vom ökologischen Naturschutzgebiet um den Baikalsee verlaufen. Allgemein gesagt, geht es um ein umfassendes Projekt, das das Antlitz des ganzen russischen Ostens ändern und einige Jahre in Anspruch nehmen wird.

Indessen wurde ein anderer Weg für die Lieferungen von Erdöl und Erdgas nach China - der nordwestliche Xinjang-Weg - recht schnell, im Laufe von etwa zwei Jahren und mit Ausgaben von insgesamt 700 Millionen US-Dollar, zu einer Realität. Hier ist es wichtig, zu verstehen, dass es nicht nur um das chinesisch-kasachische Projekt, sondern auch um den Beginn der Schaffung eines neuen Rohrleitungssystems geht, an dem sich neben Russland einige zentralasiatische Länder in dieser oder jener Form beteiligen werden.

Es muss daran erinnert werden, dass über die russischen Rohstofflieferungen an die nordwestlichen Territorien Chinas während des jüngsten Peking-Besuches Wladimir Putins gesprochen wurde. Im Prinzip hindert nichts daran, das russische Erdöl in die kasachische Rohrleitung einzupumpen. Denn Kasachstan und Russland verbindet ein Netz von Rohrleitungen, die die Lösung dieser Aufgabe ermöglichen.

Das europäische Territorium vom Ural bis zum Ärmelkanal ist von einem komplizierten Netz von Rohrleitungen durchdrungen. Darin finden die Realitäten der europäischen wirtschaftlichen Zusammenarbeit ihren Niederschlag. An den südöstlichen Grenzen Russlands gibt es keine solchen internationalen Netze, weil die Zusammenarbeit zwischen den Ländern dieser Region bis in die jüngste Zeit hinein nicht so aktiv wie in Europa war. Aber heute sehen wir den Beginn der regionalen Integration von Erdölleitungssystemen in ein einheitliches Netz.

Als Bestätigung dafür dienen Pläne von Astana und Peking, parallel zur Pipeline auch eine Gasleitung zu verlegen. Das erklärte unlängst der kasachische Präsident Nursultan Nasarbajew beim Empfang des stellvertretenden Vorsitzenden Chinas, Zeng Qinghong.

Wenn die USA (vor allem der Erdölgigant Chevron, genauer gesagt, das Joint Venture Tengischevroil) beim Erdöl der Schlüsselpartner von Kasachstan sind, so ist Russland bei der Gewinnung und dem Transport von Gas der größte Partner Kasachstans. Moskau und Astana arbeiten Pläne zur Rekonstruktion und Verbesserung nicht einzelner Rohrleitungen, sondern der ganzen Netze aus. Geplant ist, das Gastransportsystem Zentralasien-Russland, Buchara-Ural und andere gemeinsam zu rekonstruieren. Das seit 2002 bestehende Joint Venture KasRosGas ist auch auf anderen Märken sehr aktiv, und dies steht in direkter Beziehung zu China. Unter anderem wird KasRosGas die Funktionen eines Betreibers beim Gastransport über das Territorium Kasachstans und Russlands auf Märkte von Drittländern ausüben.

Schließlich nicht zu vergessen, dass nicht nur Kasachstan in Zentralasien liegt. Usbekistan ist auch an Gas reich und spielt obendrein die Rolle eines Transitterritoriums für turkmenisches Gas, das auch nach China geliefert wird.

Wenn man in Betracht zieht, dass die Instabilität oder einfach die unzureichende wirtschaftliche Entwicklung wenn auch eines kleinen, aber doch benachbarten Staates (Kirgisien oder Tadschikistan) die Sicherheit der Rohrleitungswege verkomplizieren würde, so wird verständlich: Ganz Zentralasien ist in einem gewissen Sinne eine Transitregion für jegliche Wirtschaftspläne in dieser geographischen Richtung. Das russisch-chinesisch-zentralasiatische Gemeinschaftsprojekt mit dem Namen Schanghaier Kooperationsorganisation (SOZ) spiegelt unter anderem auch diese Realität wider.

Alles, was heute mit Wegen für den Transport von russischem oder kasachischem Erdöl und Erdgas oder mit Wegen für die Lieferung dieser Rohstoffe an China passiert, heißt Diversifikation der Energiepolitik dieser Staaten. Aber die Diversifikation ist der wichtigste Teil des globalen Prozesses, der insgesamt zunehmender Einfluss Asiens in der Weltwirtschaft heißt. [ RIA Novosti ]
http://russlandonline.ru/schlagzeilen/morenews.php?iditem=25…
 
aus der Diskussion: Putin schlägt Rubel Öl Börse vor. (!)
Autor (Datum des Eintrages): Hohlbrot  (04.06.06 11:42:11)
Beitrag: 28 von 30 (ID:21939175)
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