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28.

„Hast du wenigstens gute Salate gemacht?“, fragte Justine, als ich hereinkam.
„Wieso wenigstens?“, fragte ich zurück.
„Oder kannst du das auch nicht!“, rief sie.
„Häh?“
Eloquenz ist schön, aber man muss sie auch dosieren können.
„Weil, telefonieren kannst du jedenfalls nicht!“
„Was?“
Siehe oben.
„Wolltest du mich nicht besuchen?“, fragte sie.
„Ja, aber der Wille war billig und bloß das Fleisch war, äh...“
„Noch nicht durch?“, fragte Ulf, der irgendwo in der Rufweite arbeitete.
„... hatte keine Pause!“, beendete ich den Satz.
„Und dann hast du nicht den Anstand, wenigstens anzurufen?“
„Ich wusste nicht, dass ich Anstand brauche, aber vor allem hatte ich kein Telefon!“
„Wie, kein Telefon!“
„Die Telefone hier waren plötzlich alle kaputt.“
„Das ist lächerlich“, sagte sie.
„Meinst du, ich renne mit einem eigenen Telefon in der Tasche rum oder was!“
Rückblickend ist klar, dass ich ein Opfer des technischen Rückstands meiner Zeit war. Keine Handys und nicht einmal Telefonzellen, die mit niederländischem Geld funktionierten, von europäischer Einheitswährung ganz zu schweigen.
„Aber...“, begann ich.
„Du redest, als wenn wir schon verheiratet sind!“
Ich musste einräumen, dass bereits eine meiner Ex-Freundinnen mich stets in dieser Form darauf hingewiesen hatte, dass Männer das Recht zum Gebrauch des Wortes „aber“ erst mit der Heirat erwarben.
„Öh...“
Manchmal muss man als Deutscher die engen Grenzen des vom Duden abgesegneten Wortschatzes verlassen, um seine Gefühle adäquat und prägnant auf den Punkt zu bringen.
„Wo ein Wille ist...“, begann sie.
In dem Augenblick stürmte Blücher durch die Tür, umfasste ihre Taille und beendete ihren Satz.
„...da ist auch ein Weg!“
Jetzt kam auch noch die Chefin rein.
„Blücher, deine Leute sind da“, meldete sie. „Du kannst jetzt Feierabend machen und dich dazu setzen.“
„Dann kann ich ihnen ja auch gleich Justine vorstellen“, sagte Blücher und guckte mich an.
„Das weiß ich nicht, ob du das kannst“, sagte die Chefin. „Aber in deiner Freizeit darfst du versuchen, was du willst.“
„Gehen wir“, sagte Justine und rauschte ab.
Blücher zog sie an der Hand hinterher.
„Jetzt aber den Finger aus dem Hintern nehmen und arbeiten“, sagte die Chefin in den Raum und ging ebenfalls.
„Ich gehe eine rauchen“, sagte Ulf.
Ich hörte seine Schritte.
Dann sah ich auf die Uhr.
Noch fünf Stunden bis Disco.

Fortsetzung folgt
 
aus der Diskussion: Die Leiden eines Kochs
Autor (Datum des Eintrages): Wolfsbane  (08.06.06 17:22:44)
Beitrag: 39 von 74 (ID:22011612)
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