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Zunächst zum Threadtitel: ich bin kein Linker, und für mich ist die globale Erwärmung durch den Treibhauseffekt kein Mythos.

Der Treibhauseffekt unterteilt sich in einen natürlichen und einen anthropogenen Teil. Seine schiere Existenz verhindert, daß die Erdmitteltemperatur am Boden bei ca. -18 Grad Celsius liegt.

Die Temperatursteigerung durch infrarotaktive sogenannte Treibhausgase ist elementare Physik und kein damit befaßter Wissenschaftler würde diesem Effekt widersprechen.

Thema einer wissenschaftlichen Debatte war ausdrücklich nur, in welchem Zeitraum und welchem Ausmaß die Steigerung der Treibhausgase in der Atmosphäre die globale Mitteltemperatur nachziehen würden und wie weit Rückkopplungseffekt dies mildern oder verstärken würden, wie stark also das anthropogene Signal gegenüber der natürlichen Schwankungsbreite sein würde.

In diesem Punkt arbeitet die Zeit klar gegenüber der stark schrumpfenden Sekte derjenigen, die behaupten, der anthropogene Effekt sei auf absehbare Zeit vernachlässigbar, denn wie der neue IPCC-Report 2006/2007 deutlich belegen wird, ist in immer mehr Punkten eine Klimaveränderung meßbar geworden, die sich nicht mehr durch natürliche Einflüsse wie z.B. Änderungen der Solarkonstante erklären lassen.

Daß gerade aus dem angelsächsischen Raum immer noch Pamphlete der Art verbreitet werden, daß es darüber keinen wissenschaftlichen Konsens gäbe oder gar, daß der Treibhauseffekt widerlegt sei, ist schon langsam ermüdend, beeindruckt aber leider manche Laien immer noch. Es ist völliger Unfug, daraus eine politische Debatte zwischen links und rechts machen zu wollen, denn es ist eine wissenschaftliche Fragestellung und keine politische, ob der anthropogene Treibhauseffekt signifikant geworden ist. Politisch ist nur die Frage, welche Maßnahmen man bevorzugt, um die Folgen zu bekämpfen, ob man etwa auf kapitalintensives Desastermanagement vertraut und dabei sagt, ob Bangladesh absäuft, ist deren Problem, oder ob man das Problem an der Ursache angeht und die Emission von Treibhausgasen rationiert (wobei es hier viele Möglichkeiten gibt).

Für mich stehen die erklärten Zweifler am anthropogenen Treibhauseffekt in einer Reihe mit den Kreationisten und anderer Pseudowissenschaft. Es wird wohl nicht verwundern, daß man bei den Zweiflern am anthropogenen Treibhauseffekt wesentlich zwei Gruppen findet. Entweder meldet sich da ein fachfremder Wichtigtuer, der meint, ein Ingenieur oder ein Geograph könnten was zu Klimamodellen, klimatologischer Analyse oder Geophysik der Atmosphäre sagen, oder man findet früher oder später heraus, daß da mal wieder Geldmittel aus den großzügigen Fonds der Energieproduzenten in den USA in Gefälligkeitsforschung abgeflossen ist.

Was die Behauptungen in dem zitierten Artikel angeht: über Zeitskalen, bei denen man den Effekt veränderter Sonnenstrahlung herausrechnen kann, findet man eine exzellente Korrelation von Treibhausgassäulendichten und globaler Bodenmitteltemperatur, wie z.B. die Gegenüberstellung von CO2 und Temperatur aus den Eisbohrkerndaten und den ozeanischen Sedimentdaten zeigen. Die Frage wird regelmäßig in der Fachliteratur diskutiert, und in den letzten zwei Monaten gab es wiederholt Kurzmitteilungen dazu in EOS (dem Mitteilungsblatt der American Geophysical Union). Dort kann man sich auch davon überzeugen, daß es bei den damit befaßten Wissenschaftlern einen breiten Konsens darüber gibt, daß das Signal der anthropogenen Klimaveränderungen signifikant ist.

Und wenn der EMIRITIERTE Karlen darauf hinweist, daß in der Antarktis seiner Meinung nach die Eismasse akkumuliert, ist das irreführend, da gerade dies zum Beginn einer Klimaveränderung durch die erhöhte Feuchteaufnahme der erwärmenden Atmosphäre zu erwarten ist. Signifikanter sind die belastbaren Anzeichen für ein verstärktes Abschmelzen der Eismassen auf Grönland und in der Arktik (Eisdickenmessungen, fallende Salinität vor Grönland und nachlassende nordatlantische Strömung), für eine Schrumpfung des Lebensraums für Robben im arktischen Eis und die damit verbundene Nahrungskrise der Eisbären (bis hin zu neuartig auftretendem Kannibalismus durch Nahrungsmangel) (wo ich Morgans Ansicht dazu als Außenseitermeinung einstufen würde) und die Häufung von Signalen für wärmere Witterungen, wie etwa heftiger werdende Hurrican-Jahreszeiten, erhöhte Meerwassertemperaturen und Anstieg weiterer extremer Wettererscheinungen.

Kritik an den IPCC-Berichten ist im übrigen ein Faszinosum, weil niemand die Kritiker daran hindert, an diesen Berichten mitzuarbeiten und ihre Expertise einzufügen. Wenn sie dort allerdings an den wissenschaftlichen Standards scheitert, ist es etwas billig, dann hinterher in der Presse Stellungnahmen abzugeben, in denen man den hunderten an den IPCC-Reports beteiligten Wissenschaftlern Unfähigkeit vorwirft.
 
aus der Diskussion: Globale Erwärmung durch Treibhauseffekt - nur ein Mythos der Linken?
Autor (Datum des Eintrages): for4zim  (15.06.06 19:02:02)
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