Und hier noch das Tagebuch für eisenharte 14. Januar: Schlafstörungen, Kopfkissen in Wodka getränkt, lautes nächtliches Pfeifen lässt sich nicht lokalisieren, gegen Morgen Heizkörper abgeschraubt, keine Änderung, in der Nacht wieder Angst, vor dem Fenster könnten Eingeborene auf Traumtröten blasen. 26. Januar: unverändert Schlafstörungen, Gläschen zählen erfolglos, Fläschchen Baldriantiktur (68%) auf ex, hätte sicher Schlaf gefunden, wenn sich die Nachbarskatze nicht schreiend auf meinem Gesicht gewälzt hätte, Hände gerungen. Schwedenbitter, Harndrang. 08. Februar: früh zu Bett, um Mitternacht wegen Schlaflosigkeit wieder aufgestanden, unter Zuhilfenahme aller Finger mindestens bis fünfzehn gezählt, dabei manches Mal die Augen verdreht und den Mund verzogen, Nachbarkeller aufgebrochen, getrunken. 13. Februar: teures Mittel gegen Magnesiummangel gekauft, viel vom Universum gelesen, versucht hinzugelangen, hässlicher Sturz, noch am Boden liegend Wunder erlebt(!), verstorbener Großvater erschien, um mir Scharlachberg-Flasche hinzustellen, große Hilfe. 21. Februar: ich warf alles nach Jedem, Ruhe erlangt durch Insel Samos. 25. Februar: wegen Henriette in einer Bar, Verbrüderungs-Szenen im Keller, Whisky aus Schuhen, zuletzt wieder so eine dreiste Person rittlings auf mir, nach heimischer Badewanne gesehnt (Eierlikör- Oberkörpereinreibung), später des Nachts urethale Schikanen. 1. März: ein perfekter Tag, spät abends habe ich mir dann noch ein Käsebrot geschmiert und mich draufgesetzt, viel Wein. 08. März: Beschluss: ins Treppenhaus schleichen und das entblößte Gesäß an die Wohnungstür gegenüber drücken, der vergilbte Lack muß angenehm kühl sein, wann werde ich es zum erstenmal tun? 09. März: Beschluss ist Mist, anlässlich eiliger Flucht vor Nachbarin vom eigenen Schlafrock zu Fall gebracht, liegengeblieben, totgestellt, tiefe Scham, später massives Trinken. 17. März: nachgedacht über Worte eines Freundes: 'Die Sonne müsste Nachts scheinen, am Tage ist es doch sowieso hell...', wieder geweint, viel Rum. 2. April: allein im Haus, vorsichtig Bällchen in alle Zimmer geworfen, keine Reaktion, - hastig getrunken, 5x übergeben. 10. April: zwecks Betrachtung des Sonnenunterganges Rangierbahnhof aufgesucht, allergrösstes Mitleid für zwei alte D-Zugwagen auf dem Abstellgleis empfunden, ihr Anblick ließ mich aufschluchzen und unter konvulsivischen Zuckungen Liter von Tränen vergießen, erst lange nachdem man mich in eine Nachtbar fortgeschafft hatte und mir unter stetigem Einschenken gut zuredete, konnte ich nach und nach zur Ruhe kommen. 13. April: wieder in der Bar, auf der Heimfahrt vom Taxifahrer Not-Taufe erhalten, lange gemeinsam Mond betrachtet und Geld gezählt. 25. April: Musik von Haydn gehört, Flaschen leergetrunken. 3. Mai: gestern im Ärztehaus, 3 Stunden in der falschen Arztpraxis gewartet, dann versehentlich Termine bei Heilgymnastin besorgt, Panik im Treppenhaus verursacht, Hausverbot in der Apotheke, schändlich besoffen, beidseitiges Trommelfell-flattern. 9. Mai: letzten Abend mit zwei Flaschen Chianti im Opernhaus, 'Orpheus und Eurydike', sehr geschimpft, nichts ist so ekelhaft wie Knabensopran, darüber hinaus vehement bemängelt, dass Orpheus von einer Frau (Zarah Leander?) gesungen wird, jede Kontrolle verloren, hinausgetragen worden, Überfallkommando, sehr verstimmt, Garderobenfrau wollte mich mit ihrer missratenen Tochter verkuppeln. 12. Mai: im Kino wieder zwei Finger abgestorben, im Foyer Hans und Rose getroffen, die sich als Junge und Mädchen verkleidet hatten, unguter Auftritt in der Bar, Notarztwagen. 15. Mai: mit Henriette weißen Rheinwein probiert, in Karohemden stundenlang an der Decke gekniet, immer gesagt: 'Aufpassen, dass sich nichts verschiebt.', gegen Morgen heftige Önomanie, in der Notaufnahme Akten vernichtet. 30. Mai: Gedicht geschrieben: 'Managerschulung - ritsch ratsch reisele, geht die Welt im Kreisele', Rotwein, in der Badewanne, eingeschlafen, Prostata-Entzündung. 5. Juni: viel Gin auf Anraten Hansens, Wasserlassen klappt besser. 10. Juni: der Arzt macht mir Hoffnung; ich höre, wie die Urologen lachen, heute zum ersten Mal versehentlich Wein in die Pfeife geschüttet. 14. Juni: es wird behauptet, ich hätte letzte Nacht versucht, im Schlafanzug den Strassenverkehr auf der Kreuzung zu regeln, Misstrauen, unsicher und verkrampft getrunken. 17. Juni: Nervengeschichten ... fremde Bohnen sahen mich aus dem Spiegel an - unbedingt Abstinenz üben! 20. Juni: für diesen Satz hätte ich Karl May geliebt: 'Winnetou starb, ließ sich jedoch nichts anmerken', etwas geweint, Brandy durch Strohhalm. 29. Juni: Reimepos erwogen, erst Lob der Frau, dann müsste Schilderung der Begegnung mit einem Nilpferd folgen oder Himmelfahrtswitz, Schlussformel könnte sein: 'Und ein nackter Mann stand tumb dabei', in der Küche vergeblich nach Cherry-Resten gesucht, daher Bar, Halmasteinchen erbrochen, Personalausweis verkauft. 3. Juli: Stimme aus der Steckdose gehört, werde ich nun wahnsinnig?, Wein, Wein. 08. Juli: seit heute zwei Stimmen, eine sagt 'Puppenhuhn', die andere 'Paradieswurst', trotziges Trinken, aber doch Furcht. 11. Juli: wenn ich der Komponist Bach wäre, würde ich folgenden Satz vertonen: 'Ich bleibe oft lange auf, trinke viel und schäme mich für alle', elterliche Hausbar vorgeknöpft, wieder Notarzt. 17. Juli: nachmittags weinender Mann vor der Haustür, wehe, wehe, ich war es selbst, strenger Cocktail, schließlich wieder Mut, ab 20 Uhr wieder gewissenhaft getrunken, wohin sind die Tage, wo Wasserlassen eine Selbstverständlichkeit war? 19. Juli: gegen Abend in völlig fremden Kleidern aufgewacht, starker Wunsch, etwas über Hamster zu schreiben, Trinkkur mit Persiko begonnen. 30 Juli: unleserliche Flammenschrift am Himmel, schon wieder diese Bolzen im Teppich, Eierlikör. 1. August: das Geräusch aneinanderklirrender Weinflaschen lockte mich gestern Abend in den Nachbargarten. Zunächst geduldet, trank ich allen süssen Wein, wie ich aber anfing, den Nachbarn von Schrödingers Katze und den Wundern der Quantenwelt zu berichten (wobei ich bedauerlicherweise bis zum Ellenbogen im Dekolltee der Tochter des Hauses stecken blieb), warfen sie mich über die Hecke, mildtätige Zwerge fanden mich und pflegten mich in ihrer Höhle gesund. 3. August: geträumt: nach 37 Jahren erstmals wieder aus dem Fenster geschaut, die Landschaft hatte sich stark verändert, der Fluss trug sogar Koteletten. 5. August: mit Person, an die ich mich nicht erinnern kann (Henriette?, Hans?) irgendwie über Land gegangen, wir liefen bergab durch Gärten hindurch, oder dran vorbei, wir legten uns nach reiflichen Überlegungen an den Strassenrand und versuchten zu sterben, auf den Tod wartend schauten wir in die Luft, die Fliegen flogen verkehrt herum und sahen aus wie grosse Daumen, auf dem Heimweg indogermanische Trinklieder mit leicht schlüpfrigen Kehrreimen, Champagner! 20. August: heute den vierten Tag bei herabgelassenen Jalousien und Kunstlicht in der Wohnung, meist im Bett, hatte mir große Inspiration von solcher Lebensweise versprochen, bis jetzt aber nur mit Voodoo-Puppen herumgefudelt, rechter Hausschuh in Toilette gefallen, Danziger Goldwasser bis zum Erbrechen. 8. September: seit Wochen nur über moderne Physik und das Bermudadreieck gelesen, spüre, wie mein Leben wieder einen Halt bekommt, im Kaufhaus gibt es neue Rolltreppen, Leberwerte verheerend, am leicht geöffneten Fenster verbrachte ich im Clubsessel sitzend eine der glücklichsten Phasen meines Lebens. 9. September: Brief vom Verleger, muss echt sein, Henriette sieht ihn auch, Einladung zur Lesung, große Angst vor weiter Reise, Mut angetrunken, Rasierapparat und einzig gute Hose ruiniert. 16. September: eine Woche lang mit Henriette verreist gewesen, nach der Rückkehr erfahren, dass wir in der Bretagne waren und nicht, wie ich irrtümlich annahm, in der Toskana, wieso aber bekomme ich heute eine Ansichtskarte von uns aus Florenz?, in Jeans im Weindepot alle Reste ausgetrunken, nachdenklich. 19 September: sitze im Zug nach Wien, Henriette hat Affäre mit VHS-Kursleiter, soll ich lieber in Wien bleiben? habe mir elegantes Halstuch im Hemdkragen installiert, Markenwodka aus der Thermoskanne, sehr weltmännisch, jedoch Fahrkarte verloren. 22. September: wieder zu Hause, Anzeigen wegen Schwarzfahrens, Beleidigung und Sachbeschädigung erhalten, desolater Zustand, versucht, von Streifenpolizisten erschossen zu werden, nur Ohrfeige erhalten, immerzu geschrien: 'Ich sterbe, ich sterbe!', zur nächsten Lottoannahmestelle geschleppt, Magenbitter auf Kredit. 15. November: durch jenseitige Beeinflussung Schlager geschrieben: 'Ball-a-Ball-a-Ball-Ball-a-Ball ... (usw.), der Blumenhund anbei, so find ich euch, dem treff ich euer-massen an (quella) - Kwu - Kwäck - Ball-a-Ball-a-Ball-a-Ball ... (usw.), und die Hirten-Mädchen lesen: So bist du du du ... mit deinem Blarr Blamm Blumenhund (Wiederholung)', mit abnehmenden Flascheninhalt kristalliert sich die Melodie heraus, erregt, Zierleisten abgebrochen. 26. November: religiöser Exzess, Hausrat auf die Straße gestellt, Schlaflosigkeit, brünstige Abstinenz. 28. November: Zwangsvorstellungen bezüglich der Nachfolge Christi sind abgeklungen, viehisch besoffen. 2. Dezember: unbekannte Frau in der Fussgängerzone verbot mir, in ihren Armen zu sterben, wenig schöne Szene, danach Glühwein und rücksichtslose Kirchenkritik auf dem Weihnachtsmarkt, Schürfwunden. 4. Dezember: im Keller sitzen seit ein paar Tagen zwei alte Männer unter einer Abdeckplane und essen schreckliche Butterbrote, zwischendurch gehen sie in Unterhemden hinaus und schlagen mit großen Hämmern auf die Treppe, Betroffenheit meinerseits, nicht länger vor marokkanischem Wein zurückgeschreckt, Wadenkrampf. 6. Dezember: die Flaschen hat 2 Monat und 17 Tagen nicht so leer gewesen ...l#*+-*# 31. Dezember: Alkohol wirkt nicht mehr bei mir, vor einer Stunde Gift genommen, Enttäuschung: es wirkt auch nicht, Mist! |
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aus der Diskussion: | Brainstorming \"betrunken\" |
Autor (Datum des Eintrages): | unlocker (16.06.06 20:51:55) |
Beitrag: | 43 von 47 (ID:22155317) |
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