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11.09.2006

Familienehre-Prozess: "Vier finstere Gestalten"

Hakan Ö. sieht in seinem Handeln die Rettung der Familienehre. Das Landgericht München befindet, der Türke hat sich der Freiheitsberaubung, Körperverletzung, Bedrohung und Nötigung schuldig gemacht.

München - Fünf Jahre Haft lautet das Urteil, das der 23-jährige Hauptangeklagte Hakan Ö. im so genannten Familienehre-Prozess fast regungslos entgegennimmt. Auch der 27-jährige Mittäter Oguc A., der ebenfalls zu fünf Jahren Haft verurteilt wird, verzieht keine Miene. Zwei weitere Täter wurden bereits zu einer Haftstrafe von jeweils eineinhalb Jahren verurteilt.

Das Gericht sah es laut Urteilsbegründung als erwiesen an, dass Hakan Ö. seine zur Tatzeit im Mai 2005 minderjährige Schwester und deren Freund mehrmals geschlagen, mit einem Messer bedroht und anschließend die Entführung des Mannes initiiert hat. Zum Prozessauftakt im April hatte Hakan Ö. ausgesagt, dass er damit die Ehre seiner Schwester retten wollte, die seiner Ansicht nach gegen die traditionelle Regel "Kein Sex vor der Ehe" verstoßen hatte.

Hakan Ö. fuhr im Mai 2005 gemeinsam mit seiner Ehefrau zur Wohnung seiner Schwester und erwischte sie mit ihrem Freund. Als er eine Kondompackung fand, drohte er, die beiden umzubringen. Er schlug brutal auf seine Schwester und deren Freund ein und bedrohte sie mit einem Messer.

Angeklagter wollte "jemanden von der Erde abheben"

Danach verständigte er drei Freunde, zu denen er sagte, sie müssten kommen und "jemanden von der Erde abheben". Seine Schwester sperrte er in der Wohnung ein. Hakan Ö. und die drei Männer fuhren anschließend mit dem Freund der Schwester zu den Gleisen des Südbahnhofs München.

Dort übernahm der zweite Verurteilte Oguc A. die weitere Einschüchterung des Mannes. Während die anderen drei aus dem Wagen ausstiegen, blieb dieser mit dem Opfer im Auto. Er nahm aus dem Handschuhfach eine Waffe, steckte sie dem jungen Mann in den Mund und drückte ab. Als sich kein Schuss löste, forderte Oguc A. den Freund auf, sich bei Hakan Ö. zu entschuldigen und ihm die Hand zu küssen. Als der junge Mann dies tat und mehrmals versicherte, die Schwester wirklich zu lieben und heiraten zu wollen, ließen ihn die vier Männer schließlich gehen.

Bleibende psychische Schäden bei den Opfern

In der Urteilsbegründung hieß es, die "empfindliche Freiheitsstrafe" von fünf Jahren für Hakan Ö. werde aufgrund der "Massivität des Einwirkens auf die Opfer" verhängt. Der Angeklagte habe mit seinen Drohungen die Opfer in "Angst und Schrecken" versetzt und bei ihnen bleibende psychische Schäden hinterlassen. Der Freund sei im Glauben, seine letzte Stunde habe geschlagen, "von vier finsteren Gestalten" entführt worden.

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Bei Ocuc A. hob das Gericht hervor, dass das Opfer in der Situation im Auto Todesängste ausgestanden haben muss. "Das Opfer wird diese Momente nie im Leben vergessen können", hieß es. Durch "das Gesamtbild des Verhaltens" kamen die Richter zu der Auffassung, dass Ocuc A. nicht besser davonkommen solle als der Hauptangeklagte. Zudem seien beide bereits einschlägig wegen Körperverletzung vorbestraft. Wie gefährlich das Gericht die Männer einschätzte, wurde deutlich, als der Richter verkündete, dass zwei Zeugen in das Zeugenschutzprogramm aufgenommen werden mussten.

Die Staatsanwaltschaft hatte neun Jahre Haft für Hakan Ö. gefordert, die Verteidigung plädierte auf zwei bis drei Jahre Gefängnis. Für Oguc A. hatte die Staatsanwaltschaft achteinhalb Jahre Haft beantragt, die Verteidigung eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren.
 
aus der Diskussion: Ausländerkriminalität - ein deutsches Tabuthema
Autor (Datum des Eintrages): Blue Max  (11.09.06 16:38:29)
Beitrag: 2,620 von 8,340 (ID:23875928)
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