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29.

Er rollte zu seinem Auto und zog sich die Inliner aus. Einige Passanten guckten neugierig.
Seine Socken waren verschwitzt. Noch ein Kleidungsbestandteil, den er gleich unbedingt wechseln musste.
Vom Parkplatz ging er direkt in die Stadt. Das Laufen mit normalen Schuhen war erst wieder gewöhnungsbedürftig. Er versuchte immer die Füße zu schieben und bremste sich dabei selbst. Die Passanten quittierten sein Gestolper mit mitleidigem Kopfschütteln.
Im Supermarkt kaufte er sich wie geplant Deo und Zahnseide. Dabei kam er an Frikadellen vorbei. Seit seiner Wehrpflicht gehörte er zu den Anonymen Frikadellenessern. Er wurde schwach und kaufte sich auch davon eine Packung, über die er dann zuhause hemmungslos herfiel.
Als er zum Duschen kam, war er schon ziemlich spät dran. Beim Abtrocknen schaute er auf die Wanduhr. Spät. Stress! Er rubbelte und und frottierte und rubbelte und frottierte, aber irgendwie fand er immer wieder neue Tropfen auf der Haut zum Abrubbeln und Abfrottieren, bis ihm bewusst wurde, dass das Rubbeln und Frottieren zu einer schweißtreibenden Tätigkeit mutiert war und auf diese Weise endlos so weitergehen konnte.
Seine frisch gewaschenen Hemden waren alle noch total kraus und die anderen alle schon schmutzig. Er bügelte sich ein Hemd und zog es dann gleich an.
Warm.
Die Jeans waren auch total kraus. Er zog eine an. Immer noch kraus. Er füllte sie nicht mehr so gut aus wie früher. Er bügelte auch die Jeans und zog sie dann erneut an.
Warm. Warm.
Er beschloss, sicherheitshalber noch einmal zur Toilette zu gehen. Ihm fiel auf, dass er bem Gedanken an seine Verabredung eine halbe Erektion hatte, hielt das aber nicht weiter beachtenswert. Falsch. Als er saß, lag der verlängerte Körperteil auf der Brille und die ersten Tropfen gingen nicht nach unten, sondern in die Unterhose. "Oh Gott", dachte er, "jetzt bin ich schon so blöd, dass ich mich vor mir selbst blamiere und Sachen mache, für die ich mich vor mir selbst schäme."
Er guckte im Schrank nach Unterhosen. Keine. Sicher, es war Sommer. Die waren im Kühlschrank. Er holte eine raus und zog sie an.
Kalt, kalt, kalt.
Ihm fiel ein, dass er soeben Frikadellen gegessen hatte. Er musste sich die Zähne putzen. Er wollte besonders gründlich sein und putzte und putzte. Dabei bekleckerte er sich mit aufgeschäumter Zahnpasta auf dem Hemd. Noch ein neues Hemd bügeln und gleich anziehen.
Warm.
Nur seine Testikel waren noch kalt.
Er fühlte sich gleichzeitig warm und kalt.
Waren das schon die Wechseljahre??
Endlich konnte er das Haus verlassen und zu seiner neuen Bekanntschaft laufen.
Er klingelte.
Nichts.
"Komm schon, du geiles Luder!", schimpfte er aus vollem Hals.
"Die Tür ist offen!", rief sie.
Oh, eine Sprechanlage.
"Hast du das gerade gehört?", fragte er bange.
"Ich bin doch icht taub", sagte sie. "Und hast du den Türöffner nicht gehört? Das Klingeln?"
"Ach so."
Er hatte gedacht, das wäre schon Tinnitus, da er erst am Morgen davor gewarnt worden war.
Er drückte die Tür auf.
Offen.
Sie hatte die Wahrheit gesagt.
"Ich kann nicht runterkommen!", rief sie durch die Sprechanlage. "Ich bin nackt! Komm du hoch!"
Aber hallo!

Fortsetzug folgt

Vorschau:
Keine Prognosen.
 
aus der Diskussion: Telefon-Agent: Die Abenteuer des
Autor (Datum des Eintrages): Wolfsbane  (21.09.06 09:36:23)
Beitrag: 42 von 352 (ID:24077143)
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