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41.

Die Adresse befand sich in der Altstadt. Es handelte sich um ein schönes altes Wohnhaus mit zwei Stockwerken, dem man von außen in keiner Weise ansah, dass es geschäftlich genutzt wurde. Jean Paul fand kein Firmenzeichen und stellte fest, dass Klingel und Briefkasten völlig unbeschriftet waren. Da er pünktlich erschien wurde ihm von einem Mann die Tür geöffnet. Er sah unauffällig aus und sagte nur "Hallo".
In dem großen Raum, den Jean Paul anschließend betrat, gab es mehrere Schreibtische, auf denen Laptops standen. Außerdem gab es noch einen anderen Tisch, an dem der Chef saß. Ein großer blonder Mann, Anfang oder Mitte dreißig, der aufstand und Jean Paul die Hand gab.
"Moin", sagte Jean Paul, der stolzer Westfale war und darum bei jeder Gelegenheit Flagge zeigte.
"Das ist Ludwig", sagte der Chef respektvoll und deutete auf den Kollegen. "Er war drei Jahre bei NUMMER EINS."
Schon wieder dieser enorme Respekt. Ein Zeugnis von dieser Firma war anscheinend einem Bundesverdienstkreuz fast ebenbürtig.
"Bis ich selber gekündigt habe", sagte Ludwig.
"Bei uns geht es um Software für Freiberufler", erklärte der Chef.
Jean Paul nickte. Das wusste er aus der Anzeige.
"Kennen sie sich mit der Konvertierung von Daten aus?", fragte der Chef.
"Ich hatte früher einen Mac", antwortete Jean Paul, "da war das ein Dauerthema..."
"Ich habe auch einen Mac", sagte der Chef.
Der Mann war in Ordnung!
"Okay, ich nehme den Job!", rief Jean Paul begeistert.
"Aber hier in diesem Büro arbeiten wir mit Windows", sagte der Chef. "Mittelfristig oder spätestens langfristig werde ich mich wohl auch umstellen, denn unsere Kunden haben auch überwiegend Windows. Einige haben auch noch DOS."
"Aha", sagte Jean Paul.
"Mit unserer Software kann man alle seine Daten mitnehmen, wenn man von DOS zu Windows oder zwischen verschiedenen Programmen für Windows wechselt. Dann brauchen die Leute nicht den alten Computer in der Ecke stehen haben und zusätzlich zu benutzen."
"Wie klingt das für dich?", fragte Ludwig.
"Wir sind gerade dabei, eine Datenbank aufzubauen und Daten zu sammeln", sagte der Chef.
"Klingt das für dich interessant?", fragte Ludwig.
"Um die Daten zu sammeln, brauche ich Telefonisten, die auch mit einem Computer umgehen können", sagte der Chef.
"Super, oder?", fragte Ludwig.
"Wo ist der Haken?", fragte Jean Paul.
"Den Haken gibt es im Baumarkt", sagte Ludwig.
"Kann ich dazu was Schriftliches haben?", fragte Jean Paul.
"Welche Information fehlt dir denn noch?", fragte Ludwig.
"Nichts. Ich möchte mir das nur gern in Ruhe durchlesen und noch einmal überlegen", sagte Jean Paul.
"Morgen ist vielleicht schon wieder alles anders", sagte der Chef. "Das ist jetzt das Angebot des Tages. Zugreifen!"
"Außerdem gibt es ja auch noch die Probezeit für beide", sagte Ludwig.
"Was soll das?", fragte der Chef. "Er soll schon den Eindruck haben, dass das jetzt verpflichtend ist, wenn er zusagt!"
"Also gut", sagte Jean Paul. "Aber ich kann erst morgen anfangen!"
"Wie ist es morgen früh um zehn Uhr?", fragte der Chef.
"Wie ist es um neun Uhr?", fragte JP, der gern früh Feierabend hatte.
"Ich arbeitete immer bis tief in die Nacht und stehe nicht gern früh auf", sagte der Chef.
"Halb zehn?", fragte JP.
"Plusminus fünf Minuten", sagte der Chef.
"Gemacht", sagte Jean Paul.
Er sah auf die Uhr und verabschiedete sich.
Wenige Minuten später stand er vor dem Haus von Marie.
Sie wartete dort schon zusammen mit ihrer Freundin. Als sie ihn sahen, fuhren sie los. Er hechelte hinterher.
"Ich wusste nicht, dass wir zu dritt sind", sagte er dann atemlos.
"Ich auch nicht", fauchte die Blondine.
Er wollte Marie gern fragen, ob ihre Freundin vielleicht eifersüchtig war, aber er kam nie nahe genug heran, um ihr diese Frage unter vier Augen zu stellen. Die Blonde war immer irgendwie dazwischen.
"Ich stehe darauf, wenn Frauen sich mögen", sagte er schließlich kompromissbereit.
"Ich auch", sagte die Blonde. "Und wenn sich niemand einmischt, kann das auch so sein!"
Jean Paul überlegte, was er darauf sagen sollte.
Eigentlich konnte man in einer solchen Situation nichts anderes tun, als sich eine Zigarette anzuzünden.
"Fahrt ihr gleich zufällig an einem Zigaretten-Automaten vorbei?", fragte er.
"Du rauchst?", fragte die Blonde.
"Ab sofort", antwortete Jean Paul.
Wahrscheinlich würde er am Ende dieses Ausflugs zu dritt auch obendrein noch zum Trinker werden!

Fortsetzung folgt

Vorschau:
Die Datenkonvertierung klappt, aber sonst konvertiert keiner!
 
aus der Diskussion: Telefon-Agent: Die Abenteuer des
Autor (Datum des Eintrages): Wolfsbane  (11.10.06 17:48:29)
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