Fenster schließen  |  Fenster drucken

50.

Der neue Job als Telefonagent bei der heimischen Firma hatte Jean Paul bereits verändert. Dort musste er am Telefon bei potentiellen Kunden Bedarf ermitteln, um maßgeschneiderte Angebote zu machen. Dabei hatte er festgestellt, dass es bei wirklichem Bedarf keiner ausgefeilten Fragetechnik oder gar irgendwelcher rhetorischer Kniffe bedurfte, damit die Leute mit den für ihn wichtigen Informationen heraus rückten. Ganz im Gegenteil, die besten Informationen bekam man meistens einfach durch Zuhören. Dann erzählten die Leute einem Sachen, nach denen man sich nie zu fragen getraut hätte oder zu denen einem selbst im Nachhinein keine passende Frage einfiel.
Zuhören musste man können.
Einfach nur zuhören.
"Ich weiß aber nicht, ob ich es schaffe, mir das gefallen zu lassen", sagte sie seufzend.
Er fragte sich, was der Seufzer bedeutete. Er wusste es nicht. Er wusste nur, was das Beste war, wenn eine solche Frau etwas sagte oder tat, was man nicht verstand. Er wusste es, weil solche Frauen meistens früher oder noch früher etwas sagten oder taten, was keiner verstand.
Also tat er, was er tun musste.
Ein Mann musste immer tun, was ein Mann eben tun musste.
Er zuckte mit den Schultern und machte ein dummes Gesicht.
"Ich bin so gewohnt, dominant zu sein", erklärte sie mit schlecht geheuchelter Bescheidenheit. "Normalerweise kommandiere ich immer herum und alle tun was ich sage und freuen sich sogar noch, wenn ich sie zur Schnecke mache..."
Erneut zuckte er mit den Schultern und machte ein dummes Gesicht. Um nicht uninteressiert zu wirken, kniff er leicht die Augen zusammen und als sie immer noch nicht weiter redete, legte er leicht den Kopf zur Seite.
"Irgendwie bin ich es so Leid, dass alle Leute immer alles tun, was ich will."
Sie schaffte einen noch größeren Seufzer.
Diesmal war sein dummes Gesicht ungespielt, denn in ihm stieg Ungewissheit darüber auf, wer hier wem etwas vorspielte. Andererseits, wenn es hier die Frau war, die den Mann manipulierte, war das auch nicht schlimm. Auf dieser Grundlage hatte die Menschheit bereits seit Tausenden von Jahren großenteils ganz ordentlich überlebt. Das war wenigstens normal.
"Das kann man ändern", schlug er höflich vor, um ihr Gespräch in Gang zu halten.
Sie machte einen niedlichen Augenaufschlag. Eine Geste, die eigentlich keine Berechtigung hatte, außer dass sie dabei unglaublich, also wirklich ganz unheimlich total und durchaus verführerisch aussah.
"Wenn ich mich von dir später zu genau festgelegten Bedingungen, die die Grundlage dafür sind..."
Endlich redete sie weiter.
Er hatte sich schon gefragt, was er tun solte, falls sie nicht weiter redete.
"... dominieren lasse, dann nur, weil mir langweilig damit ist, dass ich immer gewinne und dass ich immer die Beste in allem bin und alle zu mir hochschauen und das kann wirklich langweilig werden, obwohl du das natürlich nicht ahnen kannst..."
Das machte ihn nun aber doch wütend.
Ihn packte der angeborene Jähzorn.
Er beschloss sie auf übelste Weise zu beleidigen, nur um zu sehen, wie sie darauf reagierte und ob sie das wegstecken konnte.
Er gähnte!
:yawn:

Fortsetzung folgt

Vorschau:
Die Zugriffszahlen und Kommentare der Leser werden zeigen, ob die Geschichte sich mit diesem Jubiläums-Kapitel (50!) noch auf der richtigen Schiene bewegt... :confused:
... und das nächste Kapitel liefert sachdienliche Hinweise, wie die Superfrau auf diesen :eek: Affront seitens JP :eek: reagiert ... :rolleyes:
 
aus der Diskussion: Telefon-Agent: Die Abenteuer des
Autor (Datum des Eintrages): Wolfsbane  (21.10.06 12:15:38)
Beitrag: 125 von 352 (ID:24757303)
Alle Angaben ohne Gewähr © wallstreetONLINE