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Hallo pestw,

das mit der Deiner Abschätzung haut pi mal Daumen hin. Nur die Schlussfolgerung kann ich aus meiner Erfahrung nicht bestätigen und auch Deine Erfahrung scheint Dir da den richtigen Hinweis zu geben:

"Natürlich ist es auch umso schwerer, das einmal abdriftende Luftschiff wieder zu stoppen, aber
ich kann ja jederzeit den Wind messen und schon rechtzeitig gegensteuern. "

Woran das liegt lässt sich auch mit nüchterner Analyse herleiten: Im Wesentlichen ist es das Verhältnis von Antriebskräften zu Trägheitskräften, das die Bedingungen diktiert.
Ausserdem wächst mit zunehmender Grösse der Antriebe auch deren Trägheit in zweierlei Hinsicht: Massenträgheit durch das reine Gewicht und Regelträgheit.

Nun zur Trägheit, denn von der sind im Wesentlichen zwei relevant:

Massenträgheit hast Du schon angesprochen. Je grösser die Masse des Luftschiffs wird, desto träger wird`s.

Regelträgheit mit grossen Totzeiten bei den Aggregaten ist ein weiterer Faktor. Dazu muss man wissen, dass es systembedingt nicht möglich ist ein Turbotriebwerk in sehr kurzer Zeit zu beschleunigen oder abzubremsen - allgemein geht man (pi mal Daumen) von ca 5 bis 10 Sekunden aus, die solch ein Triebwerk benötigt, um vom einen stationären Betriebszustand auf den anderen zu gelangen.

Um die Totzeiten klein zu halten müsste man deswegen - bildlich gesprochen um ca 7 Sekunden vorausdenken.
Tatsächlich kann man aber nur die momentanen Werte ermitteln und hoffen, dass sich in der Zwischenzeit nichts an den berechneten Einflussgrössen ändert.
Meistens ändert sich aber was.

Für ein Triebwerk die Regelung zu optimieren ist deswegen schon nicht ohne - aber man hat derer 16, was die Sache eher verkompliziert...

Auch die luftschiffspezifischen Schwächen erzeugen zusätzliche Probleme:

Die grosse Angriffsfläche gegenüber dem Wind erzeugt den Bedarf für hohe Leistungen in den Manövertriebwerken.
Die grosse Massenträgheit benötigt für ausreichende Momente um alle Achsen zusätzlich grosse Hebelarme der Antriebe, die sich in extrem ungünstigen Trägheitsmomenten äussern (vereinfacht: Je näher die Massen am Schwerpunkt sind, desto agiler das Gerät).
Die Windeinflüsse im stationären Schwebeflug erstrecken sich nicht nur auf Seitenwindkomponenten und Böen (je träger, desto schlimmer sind "niederfrequente" Störungen), sondern auch auf vertikale Windbewegungen.
Erschwert wird das durch die Nähe zum Boden (100m sind genannt) und die Limits durch Windenfahrzeuge (max. zulässige Seilkräfte) und Auftriebsdifferenz (Auftriebsüberschuss durch Ablassen von Zusatzballastwasser zum Vorspannen des Systems).

Ablesbar wie schwierig diese Einflüsse schon jetzt - vor Baubeginn - abgeschätzt werden, ist solches an der Auslegung des CL160:

Die Manövertriebwerke zur Steuerung um die Hochachse sind weit ausserhalb des Schwerpunkts an Bug und Schwanz.
Diese jeweils mit der gleichen Leistung insgesamt bestückt wie die Marschtriebwerke.
Analoges gilt für die Triebwerke zum Ausgleich der vertikalen Bewegungen: Nicht weniger als 8 - also das Doppelte der Vortriebsleistung wird für die Vertikale bereitgehalten, um innerhalb der Limits bleiben zu können.

Das alles noch vor Ende der Designphase, wo für den weitern Verlauf mit deutlichen Massenzuwächsen während der Erprobung zu rechnen ist.

Für die Regelung an sich bleibt abzuwarten, inwieweit sich ein Konzept mit derart vielen Triebwerken als zuverlässig erweisen wird.
In meinen Augen wären weniger Antriebe dem Projekt sehr förderlich: Nur vier grosse Marschaggregate mit Schubvektorsteuerung und nur ein (evtl redundant ausgelegtes Manövertriebwerk) am Heck, das dann an starren Stukturen des Leitwerks Anbindung findet wären sowohl dem Ansehen des Konstrukteurs, als auch der Flugerprobung zuträglich.

Um hier den Kreis zu schliessen:
Auch ich behaupte nicht, dass es unmöglich ist dies alles zu bauen, zu erproben und zuzulassen.
Aber ich behaupte, dass dazu erstens mindestens 2 bis 5 Mrd. DM notwendig sind und das Doppelte der avisierten Zeit.
Genauso behaupte ich, dass es nicht möglich sein wird einen Stundenpreis von knapp über 4000DM zu halten - oder bei solchem Preis kostendeckend zu fliegen.
Auch dort gehen meine Schätzungen von ca. 250.000DM/Tag aus, also mindestens 10.000DM pro Stunde.

Wem das Preisgefühl für Luftfahrt fehlt kann sich im Übrigen sehr gut im Internet bedienen - hier eine kleine Auswahl:

http://www.aircraft.com/
http://www.bellaviation.com/
http://www.jetplane.com/
http://www.trade-a-plane.com/
http://www.businessaircraft.bombardier.com/cgi-bin/stagearea…
Hier unter ownership einfach verschiedene Flugzeuge vergleichen und bedenken, dass diese mit nur 2 bis maximal 3 Triebwerken betrieben werden...

Gruss,
p2b
 
aus der Diskussion: Der sachlich geführte Cargolifter-Machbarkeitsthread
Autor (Datum des Eintrages): para2bellum  (08.12.00 17:19:37)
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