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[posting]25111594[/posting]Jugendgewalt

„Spring doch endlich“

Von Rüdiger Soldt

Großeinsatz vor dem Rathaus: Lörracher Polizei
07. November 2006
In der südbadischen Stadt Lörrach haben am Montag jugendliche Randalierer versucht, eine junge Frau, die sich von einer etwa 70 Meter hohen Terrasse im 16. Stock des Rathauses stürzen wollte, in ihrer Absicht zu bestärken. Während Polizei, Feuerwehr, Ärzte, Rettungskräfte und Psychologen die Frau seit 11 Uhr mit allen Mitteln zu überzeugen versucht hatten, nicht Selbstmord zu begehen, forderten einige junge Männer die 21 Jahre alte Frau auf, vom Dach zu springen. Sie riefen mehrfach und laut: „Spring doch endlich!“ Und: „Es wird langweilig.“

Als einige Obdachlose auf dem Lörracher Rathausplatz dann für die selbstmordgefährdete Frau Partei ergriffen und den Jugendlichen „Haltet die Schnauze“ zuriefen, sie aber auch mit ausländerfeindlichen Sätzen attackierten, kam es zu einer Schlägerei. Die Randalierer hatten sich auf dem an den Rathausplatz grenzenden Bahnhofsvorplatz versammelt und konnten nur mit großer Mühe von der Polizei zurückgedrängt werden. Ein vergleichbarer Fall, bei dem eine vor dem Selbstmord stehende Person öffentlich von Passanten hierzu aufgefordert wurde, ist zumindest der baden-württembergischen Polizei nicht bekannt.

Brutale Schlägerei in Musikkneipe

Die jugendlichen Randalierer sind der Polizei seit Jahren bekannt, weil einige zur Gewalt neigen und auch schon straffällig geworden waren. Nach Auskunft der Polizei stammen sie gebürtig aus dem Kosovo, Albanien und aus der Türkei, die meisten von ihnen sind aber deutsche Staatsbürger. Einige der Jugendlichen, die zwischen 16 und 20 Jahre alt sind, waren auch an der brutalen Schlägerei in einer Lörracher Musikkneipe in der Grabenstraße im Oktober 2004 beteiligt, bei der einige Polizisten verletzt wurden. Bei der Schlägerei vor dem Rathaus am Montag wurden von etwa 35 Polizisten sechs verletzt. Nur mit Hilfe der Bundespolizei und zehn zusätzlicher Bereitschaftspolizisten gelang es überhaupt, die Situation zu entschärfen.

Zur Aufklärung des Zwischenfalls setzte die Polizei eine Ermittlungsgruppe ein. Gegen zwölf Jugendliche wird wegen Körperverletzung, Beleidigung und wegen des Widerstands gegen Vollzugsbeamte ermittelt. Acht Jugendliche nahm die Polizei vorübergehend fest. Seit den Krawallen in der Grabenstraße im Oktober 2004 hat die Polizei ein Programm zur repressiven Bekämpfung der Jugendkriminalität aufgelegt. Straftaten Jugendlicher sollen schneller und konsequenter verfolgt werden; die Polizei ist bei Veranstaltungen von Jugendlichen mit mehr Beamten vertreten als normalerweise üblich.

Die große Kreisstadt Lörrach, die nur wenige Kilometer von der Schweizer Grenze entfernt liegt, hat 47.000 Einwohner und ist die größte und wichtigste Stadt im Markgräflerland. Nennenswerte wirtschaftliche und soziale Probleme hat Lörrach nicht - die Arbeitslosenquote liegt bei fünf Prozent. Oberbürgermeisterin Gudrun Heute-Bluhm (CDU) sagte, sie sei entsetzt, die „Rufe der bekannten gewaltbereiten Jugendlichen“ seien nicht nachvollziehbar und ließen jede Anteilnahme vermissen. Die Obdachlosen dagegen hätten „Verantwortungsbewußtsein“ gezeigt, indem sie die Jugendlichen kritisiert hätten. Etwa um 16 Uhr konnten Psychologen der Polizei die junge Frau auf der Rathausterrasse dann endlich davon überzeugen, nicht in die Tiefe zu springen.
Text: rso., F.A.Z., 08.11.2006, Nr. 260 / Seite 11
Bildmaterial: picture-alliance/ dpa/dpaweb
 
aus der Diskussion: Neues aus Multikultistan
Autor (Datum des Eintrages): redbulll  (08.11.06 12:39:27)
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