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Der zweite Internetboom - Wer wirklich profitiert!
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Samstag, 18. November 2006

Der zweite Internetboom - Wer wirklich profitiert!


Armin Brack, Chefredakteur

Lieber Geldanleger,

als aktiver Trader am US- Markt fühle ich mich derzeit fast ein bisschen in die Jahre 1998 bis 2000 zurückversetzt.

Seit das erfolgreichste Internetunternehmen der Welt, Google, in einem sensationellen Deal vor Monatsfrist 1,6 Milliarden US-Dollar für YouTube bezahlt hat, ist die Branche wieder "on fire". Fieberhaft suchen Trader nach Aktien, die in irgendeiner Form etwas mit videoähnlichen Unternehmen zu tun haben.

Wie immer wenn Euphorie vorherrscht, wird dabei nicht zwischen Qualitäts- und Hype-Aktien unterschieden. Lesen Sie heute, welche US-Aktie dank des Internetbooms 2.0 Verdopplungspotenzial hat und wo Sie vorsichtig sein sollten.

*Plus 300% an einem Tag

Die Aktien von Handheld Entertainment (US-Kürzel ZVUE; WKN A0KEZM), das eine Art "iPOD für Arme" vertreibt und seit dem Börsengang im März nur enttäuscht hat, schnellten am Mittwoch bei explodierenden Handelsumsätzen um über 300 (!!) Prozent in die Höhe. Die Aktie eröffnete bei 1,67 US-Dollar und schloss bei 6,10 US-Dollar.

• Handheld Entertainment
• US-Kürzel/ WKN ZVUE / A0KEZM

• Börsenwert 52 Millionen US-Dollar
• KGV 06e -
• Div.-Rend. 06e -
• Akt. Kurs 3,13 Euro


Der Grund für den Anstieg: Es wurde die Übernahme der Website Dorks.com bekannt gegeben, wo Benutzer lustige Videos online stellen können. Die Seite ist nett gemacht und spricht eine jugendliche Zielgruppe an. 1,5 Millionen US-Dollar hat Handheld dafür bezahlt und durch den Kursanstieg seinen Börsenwert (Marktkapitalisierung) an einem Tag um über 50 Millionen US-Dollar gesteigert.

Sie meinen, da stimmt die Verhältnismäßigkeit nicht? Sie haben vollkommen Recht! Ich glaube sogar, dass hier von interessierter Seite beim Kursanstieg ein bisschen nachgeholfen wurde. Denn am Donnerstag, nur einen Tag nach dem fulminanten Anstieg, meldete Handheld, dass die im Rahmen einer Privatplatzierung im Februar verkauften Aktien ab sofort frei handelbar seien - früher als dies ursprünglich vertraglich festgelegt worden war.

Das heißt im Klartext: Private Investoren können ihre zum Vorzugspreis erworbenen Stücke am freien Markt verkaufen. Es handelt sich dabei um nicht weniger als 3.238.558 Aktien. Damit wird die Zahl der frei handelbaren Aktien auf einen Schlag mehr als verdoppelt.

Wer glaubt, dass die zeitliche Nähe zwischen der Übernahme-Meldung und die Aufhebung der Mindesthaltefrist zufällig ist, der glaubt wohl auch an den Osterhasen. Vielmehr soll hier allem Anschein nach bewusst den damaligen Investoren die Chance gegeben werden, zum jetzigen hohen Kurs aus der Aktie raus zu kommen.

Wer "die Zeche bezahlt" liegt ebenfalls auf der Hand. Euphorisierte Kleinanleger und Spekulanten, die den neuen "Megatrend" nicht verpassen wollen, kaufen den Großaktionären die Stücke zu völlig überhöhten Preisen ab.

Dass das Unternehmen momentan vom Handelsauschluss (Delisting) an der NASDAQ bedroht ist, weil die erforderlichen Geschäftsberichte nicht rechtzeitig eingereicht werden konnten, interessiert die Spekulanten nicht. Dass das Produkt nur über einen einzigen Großhändler (Wal-Mart) vertrieben wird und sich dadurch beträchtliche Risiken ergeben auch nicht.

*Warum Euphorie fehl am Platz ist

Dorks.com kommt momentan auf monatliche Seitenzugriffe von bis zu einer Million Unique Visitors (= eine Million unterschiedliche User) pro Monat. Das hört sich zwar nach viel an ist aber im Vergleich zu den Marktführern im Online-Video-Segment eher wenig. Im Vergleich zum Rekordwert aus dem Mai waren die Zugriffszahlen zuletzt sogar leicht rückläufig (im Oktober 850.000).

Die nachfolgende Tabelle zeigt die Entwicklung bei den Großen:




YouTube hat mehr als 20mal so viele Zugriffe und scheint sich mehr und mehr als Marktführer zu etablieren. Mehr als 100 Millionen Videos werden dort inzwischen
pro Tag herunter geladen.

Brancheninsider sind sich sicher: Fast wie bei eBay werden die User dorthin gehen, wo sie das größte Angebot und die meisten User vorfinden. Denn nur dann, wenn viele andere User das eigene Video anschauen, winken "Ruhm und Ehre" wie beispielsweise Einladungen zu Fernseh-Talkshows (auf dem YouTube-Blog werden regelmäßig solche Erfolgsstorys präsentiert). Und nur wenn jeden Tag genug interessante neue Videos vorhanden sind, kommen die Besucher auf die Seite zurück.

*Schwierige Situation für kleinere Anbieter

Das macht die Situation für kleinere Anbieter schwierig. Neben YouTube marschieren die "üblichen Verdächtigen" vorneweg. Neben Google sind das keine geringeren als Yahoo, Microsoft und MySpace. Letztere ist eine so genannte Social Networking-Site und wurde von der Newscorp, dem Konzern des australischen Medienmoguls Rupert Murdoch, aufgekauft.

Kleinere Anbieter müssen darauf hoffen übernommen zu werden. Das ist aber keine seriöse Basis für eine Anlage. Besonders vorsichtig sollten Sie - wie immer - bei Unternehmen sein, die massiv gepusht werden. Aktuell wird beispielsweise ein Unternehmen namens GoFish.com bei deutschen Anlegern wie Sauerbier zum Kauf angepriesen. Wie üblich hat das Unternehmen aber außer großen Plänen und "einem vor zündenden Ideen sprühenden" CEO nicht viel zu bieten.

Eine einfache Überprüfung der der täglichen Reichweite (über die Traffic-Ranking-Seite Alexa) zeigt, dass GoFish eine durchschnittliche Reichweite von knapp 0,2 Prozent hat. Diese ist damit nur rund doppelt so hoch wie die knapp 0,1 Prozent von dorks.com. Zum Vergleich: Die tägliche Reichweite von YouTube liegt zwischen 7 und 8 Prozent, als 35- bis 40mal höher.

GoFish mag zwar bezüglich der optischen Gestaltung der Seite YouTube ähneln, ist aber von den Besucherzahlen eher mit dorks vergleichbar. Und für dorks hat Handheld ja nur 1,5 Millionen US-Dollar bezahlt. Und nun rechnen Sie mal, wo die aktuelle Marktkapitalisierung von GoFish liegt: Bei 22 Millionen ausstehenden Aktien und einem aktuellen Kurs von rund 3 Euro beträgt diese stattliche 66 Millionen Euro oder 84 Millionen US-Dollar. Das ist 56mal mehr als Handheld für dorks bezahlt hat.

• GoFish
• WKN A0LBT6

• Börsenwert 66 Millionen Euro
• KGV 06e -
• Div.-Rend. 06e -
• Akt. Kurs 3,13 Euro


*Geistige Umnachtung bei King Dork?

Entweder hat also dorks-Gründer John Kowal (Pseudonym: King Dork) in einem Anfall geistiger Umnachtung sein Unternehmen zu einem Spottpreis verschleudert oder GoFish ist dramatisch überbewertet.

Was ist wohl wahrscheinlicher? Ich denke, die richtige Antwort ist ungefähr so schwierig zu finden, wie die bei den Quizshows auf dem Fernsehsender 9Live.

Das Ergebnis dürfte letztendlich auch das Gleiche sein: Wahrscheinlich werden Sie am Ende weniger Geld in der Tasche haben als vorher. Nur dass die Verluste beim Kauf der Aktie wesentlich schwerwiegender ausfallen könnten.

:eek::eek::eek: Ich glaube , das geht in die Hose...
Meine Meinung !!!
 
aus der Diskussion: Gofish A0LBT6 - Zukunftsbranche Videoplattformen
Autor (Datum des Eintrages): Silverstarmann111  (18.11.06 13:36:31)
Beitrag: 45 von 193 (ID:25504546)
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