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[posting]25777996[/posting]Imageschaden befürchtet
NPD-Sympathisant baut Duisburger Großmoschee
Der beauftragte Bauunternehmer ist als Förderer der rechten Szene bekannt. Die Muslime in der Ruhrgebiet-Stadt fürchten einen Imageschaden.
Von Kristian Frigelj

Duisburg - Als vor einem Monat das Richtfest der bundesweit größten Moschee zelebriert wurde, kannte ein kleiner Personenkreis schon lange ein brisantes Problem. Die Geheimnisträger, zu denen der Vorsitzende der DITIB-Merkez-Moscheegemeinde, Mehmet Özay, gehört, wurden daran erinnert, sobald sie die Baustelle in Duisburg-Marxloh besichtigten. Denn auf dem Baugerüst hängt das Transparent der Kissel Rapid GmbH.

Das traditionsreiche Unternehmen aus Solingen ist für den Rohbau mit Minarett zuständig, und einer ihrer Mitgesellschafter, der 89-jährige Günther Kissel, ist dem nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz seit Jahren als Förderer der rechten Szene geläufig. Seitdem bekannt ist, dass das Unternehmen eines bekennenden Sympathisanten der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) ein politisch gelobtes Integrationsobjekt mitbaut und daran verdient, ist eine Kontroverse, auch in türkischen Medien, ausgebrochen. Es geht um Moral und öffentliche Vergaberichtlinien.

Die muslimische Gemeinde und der Beirat für den Moscheebau mitsamt Begegnungsstätte luden Journalisten am Mittwochabend zum Informationsgespräch. "Der Vorwurf, der Bau hätte einen braunen Fleck, ist absolut unverständlich", sagte der Vorsitzende der Gemeinde, Özay. "Wir haben uns an die geltenden Gesetze und Bestimmungen gehalten. Mit Bauchschmerzen haben wir die Arbeiten weiter gewähren lassen."

Der Beirat, dem auch Vertreter der evangelischen Kirche und der Kommunalpolitik angehören, wurde vor einem Jahr von Freunden über diese Problematik informiert und vereinbarte Stillschweigen - bis die Lokalpresse berichtete.

Man sei schockiert über Kissels politischen Hintergrund gewesen, sagte Özay. Dies habe man bei der öffentlichen Auftragsvergabe nicht berücksichtigen können. "Gesinnungsprüfung ist kein Bestandteil der Vergaberichtlinien", sagte Architekt Hans-Georg Brückmann.

Die Moscheegemeinde steckt in einem Dilemma, das die Stadt Solingen gut kennt. Kissel ist dort umstritten, hat viele Aufträge ergattert, fördert soziale Anliegen und privat rechtes Gedankengut. Der Verfassungsschutz hatt Kissel-Spenden "zugunsten rechtsextremistischer Parteien und Organisationen", auch der NPD, vermerkt. Der Staatsschutz der Polizei Wuppertal stuft ihn als "rechten Organisationen nahestehend" ein.

Im Jahre 1979 hatte Kissel den Holocaust-Leugner David Irving auf seinem Bauhof zu einem Vortrag eingeladen. Kissel setzte sich auch für einen wegen Mordes verurteilten Aufseher im Konzentrationslager Auschwitz ein. In rechten Publikationen kritisierte Kriegsveteran Kissel in den 80er-Jahren die "Lüge von der Alleinkriegsschuld Deutschlands" und forderte eine Rückführung islamischer Einwanderer. Kissel bezeichnet sich selbst als "national-konservativ".

Die politische Haltung Kissels belastet das gleichnamige Unternehmen. Einer der Geschäftsführer der Kissel-Gruppe, Norbert Zimmermann, betonte, Kissel habe sich aus dem operativen Geschäft zurückgezogen. Zimmermann ist bemüht, das braune Image des Firmeninhabers vom Betrieb zu trennen, und betonte, auch Ausländer gehörten zur Belegschaft. Kissel habe schon 2001 in Düsseldorf an einem Moscheebau mitgewirkt.

Für die Duisburger DITIB-Merkez-Gemeinde ist dies kein Trost. Bei einer freihändigen Vergabe hätte Kissel nicht den Zuschlag bekommen, sagte Gemeindesprecher Mustafa Kücük. Da aber der 7,7 Millionen Euro teure Bau zur Hälfte von der EU und dem Land NRW gefördert wird, war eine öffentliche Ausschreibung notwendig. Kissel lieferte das günstigste Angebot für den Rohbau ab. "Ein Rücktritt vom Vertrag war rechtlich nicht möglich", sagte Kücük. Bei Vertragsbruch hätte eine hohe Geldstrafe gedroht, die das gesamte Projekt gefährdet hätte. Kissel-Rapid wird seine Arbeiten wohl zum Monatsende abschließen.

Artikel erschienen am 13.10.2006

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aus der Diskussion: Neues aus Multikultistan
Autor (Datum des Eintrages): redbulll  (29.11.06 20:30:27)
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