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Spanier bereiten zweite Reconquista in Lateinamerika vor: Unternehmen erhöhen Investitionen in der Region

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BUENOS AIRES, 1. Dezember 2006 - Keine fünf Jahre ist es her, seitdem spanische Konzerne wie Telefónica oder Repsol YPF in Lateinamerika eines ihrer schwärzesten Kapitel schreiben mussten. Trotzdem bereiten die Konzerne neue Investitionspakete in Milliardenhöhe für die Region vor. Simpler Grund: Das beständige Wachstum.


Lateinamerika durchlebt derzeit eine Auferstehung, die dem bekannten Phoenix zur Ehre gereichen würde. Nach der letzten großen Krise Ende der 90er Jahre, Anfang 2000, vermelden die meisten Länder derzeit jährliche Wachstumsraten von bis zu sechs Prozent.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet für das laufende Geschäftsjahr ein durchschnittliches Wachstum von rund 4,5 Prozent. An der Spitze steht auch Argentinien, das 2006 mit einem Plus von über acht Prozent rechnet. In den letzten zwei Jahren waren es jeweils neun Prozent.

Spanische Konzerne gehören spätestens seit der Privatisierungswelle der 90er Jahre zu den versteckten Hausherren der lokalen Volkswirtschaften. Banken wie BBVA und Santander, aber auch Telefónica, Repsol und der derzeit von Eon begehrte Stromkonzern Endesa nutzten den Ausverkauf und investierten massiv. Insgesamt bis zu 100 Milliarden Euro.

Santander-Chef Emilio Botin erklärte seinerzeit den Grund für so viel Kapitalfluss: „Wir alle sahen den Kontinent als eine große emerging region mit dem zugehörigen langfristigen Entwicklungspotential an.“

Doch die nachfolgenden Krisen – Tequila (Mexiko), Sambazo (Brasilien) und Default (Argentinien) – bescherten Milliardenverluste und völlige Planungsunsicherheit. Investoren aus den USA, Frankreich und Italien ließen es nicht darauf ankommen, und zogen aus der Region ab. Auch einige Spanier verließen Lateinamerika.

Denjenigen, die ausharrten, winkt jetzt offenbar die Belohnung für ihre Nervenstärke. Obwohl viele der alten Probleme im sozialen Bereich weiterhin bestehen, durchleben die lateinamerikanischen Volkswirtschaften einen Konjunkturaufschwung wie seit 25 nicht mehr.

Die Bank BBVA gehört zu den Gewinnern. 39,9 Prozent ihres Gewinns in den ersten drei Quartalen des Jahres – rund 1,7 Milliarden Euro – stammen von ihren regionalen Töchtern. Inbegriffen ist auch das Geschäft der US-Filialen. Doch sei dies bisher im Vergleich zum Plus der lateinamerikanischen Töchter kaum ausschlaggebend, heißt es aus der BBVA-Zentrale. Ähnlich das Bild beim Konkurrenten Banco Santander. Spaniens größte Bank erwirtschaftete bis September rund 33 Prozent - oder 1,8 Milliarden Euro - in Lateinamerika, insbesondere in Brasilien, Mexiko und Chile.

Im Telekommunikationssektor glänzt Telefónica mit einem Fünftel seiner Gewinne – von knapp sieben Milliarden Euro aus dem Überseegeschäft mit den ehemaligen Kolonien. Ein Drittel konnte Erdölkonzern Repsol YPF allein in Argentinien, Brasilien und Bolivien erwirtschaften.

Das Plus nährt derzeit zudem neue Investitionspläne in den Zentralen von Madrid, Barcelona und Bilbao. Für die nächsten vier Jahre haben Santander, Telefónica, Repsol und Endesa Kapitalinvestitionen von bis zu 20,7 Milliarden Euro angekündigt. Die Konzerne scheinen jedoch aus den Erfahrungen der jüngsten Vergangenheit ihre Lehren gezogen zu haben. Zudem liegt – obwohl deutlich – das Wachstum der Region nach wie vor hinter dem anderer Regionen wie Asien. Im Vorfeld der jüngsten Iberoamerika-Konferenz in Punta del Este (Uruguay) gestand der Vorsitzende des einflussreichen spanischen Unternehmerverbandes CEOE, José María Lacasa in einem Interview mit der spanischen Tageszeitung El País: „Für die Investitions-Ziele auf dem Dienstleistungssektor, der Infrastruktur und dem Tourismus in Lateinamerika sind institutionelle Reformen notwenig, die unseren Unternehmen eine mittelfristige politische Stabilität und damit Planungssicherheit ermöglichen“.

Das Fazit des Treffens in dem uruguayischen Badeort an dem 50 der größten spanischen Konzerne teilnahmen, war eine Forderung: „Das Bestehen und die Einhaltung klarer Spielregeln, die den Investitionen einen soliden Rahmen gestatten. Inbegriffen muss insbesondere der Kampf gegen die Korruption sein, die noch immer eine der größten Krankheiten der Region darstellt.“ Der Direktor für Internationale Beziehungen des Verbandes spanischer Handelskammern, Fernando Puerto, erklärte ebenfalls: „Die Korruption ist nach wie vor eines der größten Probleme der Region.“

Trotzdem, die Arbeit der großen Konzerne habe einen langfristigen Vorteil bereits gezeigt. Das derzeitige Klima lässt auch Kleine und Mittlere Unternehmen der iberischen Halbinsel über einen Sprung nach Lateinamerika nachdenken. Den größten Anreiz übt Chile aus. Die so genannte „lateinamerikanische Schweiz“ erhält auf allen Foren die besten Noten der Region in den Fächern: Stabilität, Institutionen, Rechtssicherheit und Planungssicherheit.

(© argentinienaktuell.com)
 
aus der Diskussion: Banco Santander ++ Fusionsphantasie bei span. Großbanken + will der Riese weiter wachsen?? +++
Autor (Datum des Eintrages): bossi1  (03.12.06 23:33:56)
Beitrag: 26 von 677 (ID:25914928)
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