Fenster schließen  |  Fenster drucken

Käufern des Telekom-Fernsehkabels geht das Geld aus
Von Thomas Clark und Ulrike Sosalla, Hamburg

Die Chancen der Deutschen Telekom schwinden, ihre TV-Kabelnetze wie geplant zu verkaufen.

Von den ursprünglich sieben Interessenten, die im Sommer 1999 vorläufige Angebote abgaben, sind nur noch drei übrig - und denen geht das Geld aus. Damit dürften bei der Telekom im gerade beginnenden Geschäftsjahr 2001 die Einnahmen aus Kabelverkäufen geringer ausfallen als zunächst angenommen.

Für Internet-Kunden in Deutschland bedeutet das, dass eine der wichtigsten Infrastrukturen für den schnellen Internet-Zugang nur in wenigen Regionen erschlossen wird. Und für Premiere, das heimische Bezahlfernsehen der Kirch-Gruppe, dass die von interessierten Kabelkäufern teilweise großspurig angekündigte Konkurrenz im Pay-TV noch lange auf sich warten lässt.



Stockende Vewhandlungen


Grund für die stockenden Verhandlungen über die noch zum Verkauf stehenden fünf Kabelregionen ist die Schwäche der Kapitalmärkte. Davon sind jene Unternehmen betroffen, mit denen die Telekom verhandelt: Der US-niederländische Kabelanbieter UPC, das US-französische Unternehmen NTL, die US-Kabelfirma Callahan und der Investor Klesch. Die Unternehmen hatten ihre bisherigen Käufe ganz überwiegend durch die Ausgabe hoch verzinslicher Anleihen finanziert. Die aber werden vom Markt kaum noch angenommen. "Für Kabelunternehmen ist es derzeit viel schwerer an Kapital heranzukommen als das vor neun Monaten der Fall war", sagt Martine Hornbuckle, Fachmann für solche Anleihen bei Credit Suisse First Boston (CSFB) in London.


Der Markt für hochverzinsliche Anleihen ist für Telekommunikations- und Kabelfirmen seit Herbst praktisch verschlossen. Das Vertrauen der Investoren sank noch weiter, als der Glasfaseranbieter GTS Mitte Dezember die Zinszahlungen für die Anleihen seiner Tochterfirma Esprit Telecom aussetzte.


Die Zinsen auf Anleihen von Callahan und Klesch, die zur Finanzierung der Kabelnetze in Nordrhein-Westfalen und Hessen dienen, zogen deutlich an. Prekär ist die Lage in Baden-Württemberg: Dort wurde der Kaufvertrag zwar im Mai 2000 unterzeichnet, bezahlt hat Callahan die schätzungsweise drei bis vier Mrd. DM aber noch nicht. Eine Anleihe, die zur Finanzierung des Kaufpreises vorgesehen ist, wurde bis heute nicht begeben. "Das Ganze dauert schon überraschend lange", urteilt Hornbuckle von CSFB. Die Telekom rechnet mit dem Vollzug des Verkaufs im ersten Halbjahr 2001. Ursprünglich sollte er zum 1. Januar erfolgen.


Nahe Null sind die Chancen auf einen Verkauf in den noch verbleibenden Regionen. Offiziell verhandelt die Telekom zwar weiterhin exklusiv mit UPC für Rheinland-Pfalz/Saarland, mit einem Konsortium aus Banken und NTL für Bayern und mit Klesch für den Norden (Hamburg/Schleswig-Holstein/Mecklenburg-Vorpommern) und Osten (Sachsen/Sachsen-Anhalt/Thüringen). Doch unter der Hand geben die Verantwortlichen zu, dass ein Abschluss in keiner der Regionen in Sicht ist. Andere Interessenten machen sich rar. Die Deutsche-Bank-Tochter DB Investor etwa, die noch vor einem Jahr mehrere Regionen kaufen wollte, hat nun keinerlei Interesse mehr.



Knackpunkt: Preis


Knackpunkt ist der Preis. Bewertungen wie jene sechs Mrd. DM, die die Telekom für Nordrhein-Westfalen und Hessen in der Bilanz verbuchte, sind inzwischen nicht mehr zu erzielen. "Derzeit verlangt die Deutsche Telekom für ihre Kabelnetze einfach zu viel Geld. Wenn sie das Kabel tatsächlich verkaufen will, muss sie mit dem Preis runtergehen", sagt Paul Moran, Kabelanalyst bei Credit Suisse First Boston. Denn Investoren blicken nun sehr kritisch auf die Problemzonen des deutschen TV-Kabels. Und davon gibt es einige.


Hohe Umsätze mit dem zum Multimedia-Netz aufgerüsteten Kabel sollen aus zwei Quellen kommen: dem breitbandigen Internet-Zugang und dem Bezahlfernsehen. Letzteres ist in Deutschland jedoch ein dorniges Geschäft, da es an die dreißig frei empfangbare Sender gibt. Der bisher einzige Anbieter, Leo Kirchs Premiere, häuft hohe Verluste an.


Beim breitbandigen Internet-Zugang dagegen bekommt das TV-Kabel Tag für Tag mehr Konkurrenz. Die Telekom investiert von 1999 bis 2001 insgesamt 10 Mrd. DM in den Ausbau ihrer Telefonnetze, um in ganz Deutschland schnellen Internet-Zugang per herkömmlicher Telefonleitung anbieten zu können - mit so genannter DSL-Technologie. Je stärker der Konzern mit diesem Angebot zahlungswillige Nutzer an sich bindet, desto geringer sind die Chancen der Kabelfirmen, hier Fuß zu fassen.



Kein Grund zur Eile


Die Telekom kann daher gelassen an ihren Preisvorstellungen festhalten. Denn während sie auf Verkaufserlöse verzichtet, gewinnt sie auf der anderen Seite DSL-Einnahmen.


Auch sonst gibt es keinen Grund zur Eile. "Anstelle der Deutschen Telekom würde ich so lange wie möglich mit dem Verkauf warten. Bei einem Verkauf nach 2002 gibt es Steuererleichterungen, und die Bewertung der Netze könnte sich dann wieder verbessert haben", so Paul Moran von CSFB.


Die Kartellbehörden sehen zu. "Wettbewerbsrechtlich haben wir natürlich ein großes Interesse an einem Verkauf der Kabelnetze", heißt es im Bundeskartellamt. Doch um einen Verkauf zu erzwingen "reichen unsere Machtmittel nicht aus".



© 2001 Financial Times Deutschland
 
aus der Diskussion: Deutsches Konsortium
Autor (Datum des Eintrages): DerErdnussMann  (08.01.01 09:36:42)
Beitrag: 8 von 115 (ID:2650092)
Alle Angaben ohne Gewähr © wallstreetONLINE