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Montag, 29. Januar 2007
Verluste noch höher
Interessenten für Alitalia

Der italienische Staat hat erste Interessenten für die angeschlagene Fluggesellschaft Alitalia gefunden. Die Finanzinvestorengruppe Management & Capitali erklärte am Montagabend nach Ablauf der Bieterfrist, sie habe Interesse. Auch der bislang kaum in Erscheinung getretene Investor Paolo Alazraki ist nach eigenem Bekunden mit im Rennen. Er arbeitet mit 16 weiteren Investoren an einem Übernahmeangebot und will Garantien über 100 Millionen Euro von einem US-Fonds sicher haben. Weitere Interessenten waren zunächst nicht bekannt. Die als potenzieller Bieter gehandelte Air France KLM teilte mit, kein Gebot abgegeben zu haben. Dafür hätten die Bedingungen nicht gestimmt, hieß es.

Wenige Stunden vor Ablauf der Bieterfrist hatte Alitalia eine weitere Hiobsbotschaft für Investoren parat: Für das abgelaufene Jahr schätzt der italienische Konzern den Verlust nun auf etwa 380 Millionen Euro und damit deutlich höher als die zuletzt erwarteten 221 Millionen Euro. Jeden Tag rutschte die Gesellschaft 2006 somit um eine weitere Million Euro in die roten Zahlen. An der Börse wurde die Nachricht am Montag indes gelassen aufgenommen: Die Aktie ging kaum verändert mit 1,0930 Euro aus dem Handel. Vom nachbörslichen Handel wurden die Titel ausgesetzt, da um 20.00 Uhr eine Mitteilung des Finanzministeriums zur Zahl der Interessenten erwartet wurde.

Der italienische Staat will angesichts der anhaltenden Verluste einen Großteil seines Anteils an der nationalen Gesellschaft verkaufen. Derzeit hält Italien noch 49,9 Prozent, mindestens 30,1 Prozent an Alitalia sollen nun abgegeben werden. Ein Käufer für diesen Anteil müsste auch ein Gebot für den Gesamtkonzern vorlegen. Ministerpräsident Romano Prodi sagte bei einem Besuch im äthiopischen Addis Abeba, er hoffe, dass sich aus den Interessenbekundungen auch konkrete Angebote ergäben.


Veraltete Flotte

Bislang meldeten vor allem Finanzinvestoren ihr Interesse an. So sollen neben Management & Capitali Kreisen zufolge auch Texas Pacific Group zu den Kaufinteressenten gehören. Italienische Zeitungen berichteten zudem, die kleinere italienische Fluggesellschaft Air One könnte ebenfalls ein Gebot abgeben und dabei von der Bank Intesa Sanpaolo unterstützt werden. Branchenexperten haben indes erklärt, wegen der veralteten Flotte Alitalias, der immensen Kosten und arbeitsrechtlicher Streitigkeiten könnten Interessenten vor einem konkreten Angebot auf einen Zusammenbruch Alitalias warten.

Die Fluggesellschaft hatte zuletzt 2002 einen Gewinn erwirtschaftet. Für den jüngsten Verlust macht Alitalia entgangene Erlöse in Folge von Streiks und die scharfe Konkurrenz von Billig-Fliegern verantwortlich. Zudem verwies das Unternehmen auf gestiegene Treibstoffkosten. Auch sei es nicht gelungen, die Arbeitskosten zu reduzieren. Gewerkschafts-Chef Raffaele Bonanni wies gegenüber der Zeitung "La Repubblica" die Vorwürfe an die Arbeitnehmer zurück. Die Verantwortung für den Verlust liege allein beim Management und der Regierung, sagte er. "Die Arbeiter werden nicht für die Fehler der vergangenen Jahre bezahlen."

Angesichts der anhaltenden Schwierigkeiten muss Alitalia seine Geschäftszahlen monatlich der Börsenaufsicht Consob vorlegen -allerdings kommt das Unternehmen dieser Pflicht nicht immer nach. Consob hatte daher jüngst bis Sonntag die Bekanntgabe der aktuellen Prognose gefordert. Alitalia erklärte dabei, über genügend Bargeld zu verfügen, um die Geschäfte noch deutlich länger als zwölf Monate fortzuführen. Per Ende 2006 lag die Netto-Verschuldung demnach bei 1,026 Milliarden Euro.
Adresse:
http://www.n-tv.de/759359.html
 
aus der Diskussion: Alitalia
Autor (Datum des Eintrages): paulvandyk  (29.01.07 19:59:59)
Beitrag: 35 von 200 (ID:27280510)
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