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Milliarden-Geschäfte mit Erektions-Pillen

DPA
Ob Mittel gegen Impotenz, für die schlanke Linie oder zum Rauchen abgewöhnen: Solche Medikamente werden für die Pharmaindustrie immer wichtiger. Doch die Krankenkassen rebellieren. Sie wollen Lifestyle-Präparate nicht finanzieren.

Als es ihm mit Tabletten und Aufputschmitteln sowie 60 Zigaretten am Tag zu viel wurde, begab sich Popstar Robbie Williams Mitte Februar freiwillig in die Entzugsklinik „The Meadows“ in der Wüste von Arizona. Er ist nicht der erste Weltstar, der an diesem entlegenen Ort Rettung vor den Drogen des Alltags finden will. Dort wird das Leben strikt geregelt und kontrolliert. Ein Monat Aufenthalt in der Klinik kann 40.000 Dollar kosten.

Billiger will das US-Unternehmen Pfizer, der größte Pharmakonzern der Welt, die Menschen wenigstens von der Sucht nach Nikotin befreien. Für 3,95 Euro pro Tagesdosis, weniger also, als die durchschnittliche Zigarettenpackung kostet, kann der Patient dann in Deutschland das Medikament Champix kaufen. Die neue Anti-Raucher-Pille kommt in dieser Woche in die Apotheken.

Das Anti-Nikotin-Medikament ist das jüngste Beispiel für einen wachsenden Markt für die Pharmaindustrie: dem der Lifestyle-Medikamente. Champix-Hersteller Pfizer hat mit dem Potenzmittel Viagra wahrscheinlich das bekannteste dieser Medikamente auf dem Markt. Zu den Lifestyle-Medikamenten gehören neben den Nikotin-Entzugsmitteln und Potenzpillen auch die Schlankmacher und jene Wundermedizin, die auf kahlen Schädeln Haare wachsen lässt. Im weiteren Sinne können auch leichte Antidepressionsmittel, Aufputschpillen und manche anderen Glückbringer zu den Lifestyle-Medikamenten gerechnet werden.

Welche Umsätze diese Arzneien erreichen werden, ist unklar. Sie werden aber beträchtlich sein. Weltweit werden nach Schätzungen mit Medikamenten gegen die erektile Dysfunktion, zu denen neben Viagra auch Cialis des US-Unternehmens Eli Lilly sowie Levitra von Bayer gehören, rund vier Milliarden Dollar ausgegeben. In Deutschland verkauften die Apotheken im vergangenen Jahr für 120 Millionen Euro Potenzmittel.

Deshalb lohnen sich auch aufwendige Forschungen. Der in der Anti-Raucher-Tablette Champix enthaltene nikotinfreie Wirkstoff Varenicilin etwa reduziere die Entzugssymptome und dämpfe beim Rückfall „das durch Rauchen ausgelöste Belohnungsgefühl“, behauptet Pfizer. In Tests sei der Nikotinentzug mit einer Erfolgsquote von 23 Prozent nach einem Jahr deutlich höher ausgefallen als bei anderen Methoden, den Raucher von der Zigarette zu trennen.

Klar abzugrenzen ist der Markt für Lifestyle-Präparate von jenem für medizinisch erforderliche Medikamente nicht. „Es gibt keine scharfe Trennlinie“, sagt Peter Behner, Pharmaexperte der Unternehmensberatung BoozAllenHamilton. Am Ende entscheidet der Gesetzgeber, was Lifestyle ist und was der Gesundheit dient.

Den Grenzverlauf zwischen Medizin und Lifestyle erfährt gerade besonders schmerzlich der französischen Pharmakonzern Sanofi-Aventis. Dessen neues Medikament Acomplia mit dem Wirkstoff Rimonabant senkt unstreitig die Blutfettwerte, was der Gesundheit und einem längeren Leben zuträglich ist. Das Medikament wirkt aber auch als Schlankheitsmittel, weil es das Hungergefühl im Gehirn dämpft, und gewinnt damit eine Qualität jenseits der reinen Krankheitsbehandlung. Der Wunderdroge werden von Analysten Jahresumsätze von drei bis fünf Milliarden Dollar prophezeit.

Aber wohl nur, wenn die Krankenkassen das Mittel bezahlen. Das ist, jedenfalls in Deutschland, nicht der Fall. Zunächst war Acomplia zur Behandlung von übergewichtigen Patienten zugelassen worden. Dann aber stufte der gemeinsame Bundesausschuss von Medizinern und Krankenkassen (G-BA) das Mittel als Lifestyle-Arzneimittel ein – und nahm es damit aus der Erstattungspflicht heraus. Der Ausschuss ist mächtig. Er legt fest, was die gesetzlichen Krankenkassen bezahlen müssen und was nicht.

Die Gratwanderung zwischen Medizin und behaglicherem Leben, die durch Medikamente mit einer ganzen Palette an Wirkungen schwieriger wird, hat Folgen für die Pharmabranche. So müssen die Firmen versuchen, die Lifestyle-Komponente ihrer Medikamente möglichst eng an medizinische Wirkungen zu knüpfen – und davon auch die Zulassungsinstanzen zu überzeugen. „Die Pharmaunternehmen werden ganz neue Arten des Lobbying entwickeln“, vermutet Unternehmensberater Behner von BoozAllenHamilton.

Wenn aber partout keine Kasse für das Mittel zahlen will, muss der Kunde dazu gebracht werden, selbst in die Tasche zu greifen. Zu diesem Zweck wäre es nach Überzeugung des Unternehmensberaters hilfreich, die Lifestyle-Präparate aus der Verschreibungspflicht durch den Arzt herauszubekommen. Dazu müsste der Wirkstoffanteil in den Pillen verringert werden, um möglicherweise lebensbedrohende Nebenwirkungen zu vermeiden und auch den Preis zu drücken. „Langfristig geht es auf den Konsumentenmarkt“, sagt Unternehmensberater Behner.
 
aus der Diskussion: Pfizer-Pharmawert total unterbewertet! 50% möglich!
Autor (Datum des Eintrages): sadest  (28.02.07 01:31:18)
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