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DERIVATE Nr. 18


Am Anfang hatten wir ja schon festgestellt, daß man unter Derivaten Instrumenten landläufig Termingeschäfte versteht. Es würde natürlich zu weit führen sämtliche Arten von Termingeschäften ausführlich einzugehen.
Wir konzentrieren uns deshalb auf solche die als Underlying für in Deutschland emittierte Warrants
Verwendung finden. Primär fallen darunter Zinsfutures, insbesondere solche, denen sogenannte fiktive Anleihen zugrunde liegen. Bevor wir aber darauf zu sprechen kommen, wollen wir kurz allgemein auf Futures eingehen.

Futures sind unbedingte Termingeschäfte und deshalb zweiseitig bindend – beim Abschluß verpflichten sich also Käufer und Verkäufer gleichermaßen zur Erfüllung. Nun können die Vertragsparteien ein unbedingtes Termingeschäft direkt ganz individuell gestalten. Solche Geschäfte werden allgemein als Forwards bezeichnet. Sie fungieren gemeinhin allerdings nicht als Underlying für Warrants und sind deshalb für uns ohne Bedeutung.
Von größerem Interesse sind dagegen börsengehandelte unbedingte Termingeschäfte, die sogenannten Futures. Sie heben sich von Forwards insbesondere durch ihre genormten (standardisierten) Ausstattungsmerkmale ab, die letztlich für den Handel an einer Terminbörse unabdingbar sind. Trotz einiger Nachteile weist eine Standardisierung und die damit einhergehende „Börsenfähigkeit“ eine Reihe nicht zu übersehender Vorzüge auf. Zum einen ist der Handel ausgesprochen transparent, zum anderen sind die Börsenumsätze vergleichsweise hoch, so daß die dort angebotenen Produkte äußerst fungibel sind. Im Vergleich zu Forwards können Futures also mit hoher Gewißheit stets abgeschlossen und bereits bestehende Positionen jederzeit ohne größere Schwierigkeit wieder aufgelöst - oder, wie der Fachmann sagt : glattgestellt – werden.
Futures lassen sich nach ihren Underlyings einteilen, wobei man zunächst grob Commodity – von Financial – Futures trennen kann. Für uns sind letztere von besonderer Bedeutung, allerdings nicht sämtliche Financial –Futures gleichermaßen, sondern, wie schon gesagt, vor allem Futures auf fiktive Anleihen. Hierzulande sind das gegenwärtig die an der Eurex angeboten werden. Dazu zählen Bund sowie BOBL-Futures. Während der Bund-Future auf einer fiktiven Bundesanleihe basiert, liegt dem BOBL-Future eine fiktive Bundesobligation zu Grunde. Bundesanleihen und Obligationen sind Schuldverschreibungen des Bundes, die sich vornehmlich durch ihre Gesamtlaufzeit voneinander unterscheiden. Während Bundesanleihen zum Emissionszeitpunkt in aller Regel eine Laufzeit von 10 Jahren aufweisen, werden Obligationen bereits nach fünf Jahren vom Bund zurückgezahlt.

Nun basieren die an der Eurex gehandelten Futures nicht auf „echten“ Bundesschuldverschreibungen, sondern auf fikiven Papieren. Entscheidend ist, daß fiktive Anleihen rein gedankliche Gebilde sind, die im Unterschied zu echten Schuldverschreibungen, nicht existieren und damit auch die Nachteile einer tatsächlich existierenden Anleihe nicht beinhalten. Dies gilt vorwiegend für die bis zur Fälligkeit ständig abnehmende Restlaufzeit, was in der Fachsprache trefflich mit Laufzeitabschmelzung umschrieben wird. Eine Bundesanleihe etwa, die heute mit einer Gesamtlaufzeit von 10 Jahren emittiert würde, hätte in genau einem Jahr nur noch eine Restlaufzeit von neun Jahren, in exakt zwei Jahren eine von acht Jahren. Nun soll ein Future stets einen bestimmten Laufzeitbereich abdecken, der BUND-Future etwa den 10 jährigen Bereich. Mit einer echten Anleihe als Underlying läßt sich das allerdings nicht bewerkstelligen, weil sich die Laufzeit des Papiers von Tag zu Tag verkürzt .Um das Underlying nicht ständig durch ein anderes ersetzen zu müssen, wird auf fiktive Schuldverschreibungen zurückgegriffen. Eine Transaktion, beispielsweise mit dem Bund –Future , kann man sich in etwa so vorstellen: Der Käufer verpflichtet sich, am Fälligkeitstag eine zehnjährige Bundesanleihe vom Verkäufer abzunehmen und zwar zum Preis, der gegenwärtig vereinbart wird. Bei Vertragsabschluß kann stets nur zwischen drei Fälligkeitsterminen aus dem Zyklus, März Juni, September, und Dezember gewählt werden. Entscheidet sich ein Marktakteur etwa im April für einen Bund –Future, so ist der Verfallmonat entweder Juni, September oder Dezember. Der Future, welcher als nächster verfällt – in unserem Beispiel der Juni-Kontrakt-, heißt auch Front oder Nearby-Future und ist im Regelfall der umsatzstärkste. Viel wichtiger ist die Frage, warum Warrant-Emittenten beispielsweise den BUND –Future, also ein derivatives Finanzinstrument, als Underlying wählen, anstatt auf ein orginäres Papier Bezug zu nehmen, in diesem Falle etwa eine konkrete Bundesanleihe. Hierfür sind eine Reihe von gründen verantwortlich, die allerdings denselben Ursprung haben. Im Vergleich zum Markt für Bundesanleihen gilt der Futures-Markt als überaus transparent und liquide. Stets können drei unterschiedliche BUND-Futures ge oder verkauft werden, wobei derjenige Kontrakt mit der kürzesten Restlaufzeit für gewöhnlich der von den meisten Marktteilnehmern präferierte Future ist. Im Grunde existiert somit nur ein einziger aktiv gehandelter BUND-Future und demnach auch nur eine einzige bedeutungsvolle Future- Notierung, während vergleichsweise viele Anleihenotierungen vorliegen, was naturgemäß nicht gerade die Transparenz erhöht. Der Kursverlauf des BUND-Futures läßt sich hingegen tagtäglich ohne größere Schwierigkeiten verfolgen, sei es über TV – Sendungen wie NT-V oder Bloomberg sowie über Radio. Dagegen ist eine stetige Beobachtung einzelner Schuldverschreibungen oftmals nicht ohne weiteres möglich. Der Inhaber eines BUND-Future-Warrants kann die Kurse seines Underlyings also besser verfolgen als etwa Käufer von Anleihe –Scheinen. Für Futures spricht weiterhin: Eine Futures-Option läßt sich grundsätzlich einfacher bewerten als herkömmliche Optionen auf Anleihe. Dies liegt daran, daß beispielsweise für den BUND-Future in relativ kurzen zeitlichen Abständen – oft alle paar Sekunden – Preis vorliegen, also häufiger als etwa für konkrete Bundesanleihen. Erleichtert wird die Kalkulation einer Future Option darüber hinaus auch dadurch, daß das Underlying stets eine gleichbleibende Restlaufzeit aufweist, derweil die Laufzeit einer konkreten Schuldverschreibung im Zeitablauf abschmilzt.

Hier ein Beispiel aus der Vergangenheit. Der Schein stammte von der DG Bank Ffm.

BUND – Future – Optionsschein ( Call )

Underlying Bund Future
Strike 95.77
Bezugsverhältnis 1 / 1
Fälligkeit 1.9. 97
Typ amerikanisch
Andienung Cash Settlement

Der Inhaber hat das Recht, von der DG Bank eine Ausgleichszahlung zu verlangen, falls der Kurs des BUND Futures bei Ausübung des Warrants über dem Strike liegt. Weiter oben haben wir schon angedeutet, da stets Bund Futures mit drei voneinander abweichenden Verfallterminen gehandelt werden können. Welcher Future liegt dann dem Warrant der DG zugrunde? Abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen beziehen sich Future – Warrants stets auf den Nearby – Kontrakt, was auch für den Warrant der DG gilt. Das hat – insbesondere zur Folge, daß das Underlying im Zeitablauf ausgetauscht werden muß. Und zwar immer dann, wenn der Nearby –Kontrakt verfällt. Dies zieht wiederum eine Angleichung des Strike nach sich. Verdeutlichen wir das an einem konkreten Beispiel. Angenommen, wir kaufen im Januar 97 einen Bund Future Warrant der DG. Underlying des Scheins ist der nächstfällige Bund Future, also der März – Kontrakt. Am 10.März verfällt dieser Bund Future, sagen wir zu einem Kurs von 96,50. Der Warrant läuft indes noch bis September. Daher bezieht sich der Optionsschein von nun an auf den Juli Kontrakt. Unterstellen wir einmal, der Juli – Future notiert am 10.März zu einem Kurs in Höhe von 96,10. Im Vergleich zum März Kontrakt wäre der Preis also um 0,40 geringer. Der Preisunterschied zweier gleichgearteter Future mit voneinander abweichender Fälligkeit heißt im Fachjargon auch calendar spread oder time spread. (1 )
Während der Warrant von dem Austausch des Bund –Futures einen Inneren Wert in Höhe von
96,50 –96,77 = 0,73
ausweist, liegt er unmittelbar danach bei
96,10 – 95,77 =0,33
Das würde natürlich den Warrant Inhaber benachteiligen. Um derartige Übervorteilungen, die im übrigen auch den Emittenten trefen können, zu vermeiden, findet just im Moment des Underlying –Tausches eine Ausgleichung des Basispreises statt. Fachleute sprechen dabei auch vom Strike Reset. Der Strike wird um den calendar spread bereinigt – oder, wie die Fachleute sagen, „gerollt“. In unserm Beispiel um 0,40 auf 95,37 reduziert, so daß sich der Innere Wert pro Optionsschein wieder auf

96,10 - 95,37 = 0,73

beläuft.
Wir hatten weiter oben schon angedeutet, daß sich Future – Warrants meistens auf Anleihe – Kontrakte beziehen. Allerdings beschränkt sich das Spektrum der in Deutschland emittierten Scheine nicht nur auf Eurex - Futures. Von großer Bedeutung sind ebenso die Produkte an anderen Terminbörsen, etwa der an der LONDON INTERNATIONAL FINANCIAL FUTURES AND OPTIONS EXCHANGE ( LIFFE ) gehandelten BUND –Future, der sozusagen das Konkurrenzstück zu dem an der EUREX angebotenen Produkt darstellt.


ZINSOPTION

Der Terminus gilt mittlerweile als Sammelbegriff für eine Reihe unterschiedlicher Warrents. So gehören nicht nur Zinssatz – Scheine, sondern auch Anleihe – Zinsfuture – Warrants zu dieser Rubrik. Der Begriff „Zinsoption“ soll zum Ausdruck bringen, daß die Werte der Underlyings und damit natürlich auch die Warrantkurse von Veränderungen des Zinsniveaus abhängen.
Bei den Unterschiedsmerkmalen haben wir uns bislang weitgehend auf die einzelnen Underlyings konzentriert, obwohl Optionsscheine auch nach anderweitigen Kriterien klassifiziert werden können. Neben dem Underlying ist die Warrant – Kostruktion ein weiteres bedeutendes Kennzeichen. Danach können wir grundsätzlich zwischen gewöhnlich struktuierten Scheinen ( Standardoptionen ) und sogenannten Exoten unterscheiden.
Fachleute sprechen im übrigen von PLAIN – VANILLA- WARRANTS- auf die bislang beschriebenen Calls und Puts, während man alle davon abweichenden Konstrukionen im Grunde mit der Bezeichnung EXOTISCH versehen können. Da selbst Experten Schwierigkeiten haben, Plain – Vanilla – und Exotische Produkte begrifflich einwandfrei voneinander zu trennen, wollen wir auf ein derartiges Unterfangen verzichten.


Es gibt hierzu noch eine ganze Reihe von weiteren Einzelheiten, die ich nach den Sommerferien weiter ausführen werde sofern dafür Interesse besteht.
Ich werde dann eine Kurze Anfrage im Bord starten, ob dafür wieder genug Interessenten vorhanden sind,
bis dahin Mit freundlichen Grüßen

xx Nr. 19
 
aus der Diskussion: Optionen und Optionsscheine/Teil 2
Autor (Datum des Eintrages): xxfh1  (12.07.99 11:36:14)
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