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Paukenschläge aus Peking

Die chinesische Regierung hat die Finanzmärkte am Freitag nach Börsenschluss mit einer ganzen Serie von Maßnahmen überrascht: Zum einen hat sie ihren Leitzins hochgesetzt und das Währungsregime etwas gelockert. Mit Spannung wird erwartet, wie die Märkte darauf am Montag reagieren. Zum anderen hat sie angedeutet, drei Milliarden Dollar aus ihren Währungsreserven in einen Fonds des Beteiligungsunternehmens Blackstone zu investieren. Die Private-Equity-Unternehmen, die mit ihren Übernahmen die Unternehmenslandschaft aufmischen und die Aktienkurse hochtreiben, haben sich damit eine Kapitalquelle erschlossen, die nicht Milliarden, sondern Billionen Dollar zählt.

Pünktlich zum G-8-Treffen der Finanzminister aus den sieben führenden Industrienationen und Russland am Freitag und Samstag in Werder nahe Potsdam hat die chinesische Regierung Maßnahmen zur Dämpfung der überhitzten Konjunktur ergriffen. Sie nahm damit der Kritik seitens der G 8 - vor allem an der künstlich niedrig gehaltenen chinesischen Währung Yuan - die Spitze. Gleichzeitig, und wichtiger, signalisierte sie damit den Amerikanern Entgegenkommen. Finanzminister Henry Paulson wird am Dienstag zu Gesprächen in Peking erwartet.

Aufwertungstempo wird sich wohl beschleunigen

Wie die chinesische Zentralbank mitteilte, wird der Ein-Jahres-Sollzins leicht von 6,39 auf 6,57 Prozent angehoben, der Mindestreservesatz von 11 auf 11,5 Prozent. Beides soll die Kreditvergabe dämpfen - erscheint allerdings als Tropfen auf den heißen Stein. Weiter wurde die Bandbreite, innerhalb derer der Yuan um den Dollar schwanken kann, von 0,3 auf 0,5 Prozent ausgeweitet. Theoretisch könnte der Yuan damit zum Dollar in zehn Handelstagen um 5 Prozent aufwerten.

In der Vergangenheit hat die Zentralbank, die den Yuan-Außenwert durch Devisenankäufe steuert, diesen Rahmen nicht ausgeschöpft. So hat der Yuan zum Dollar seit Auflösung der starren Dollar-Bindung vor knapp zwei Jahren nur 7,4 Prozent an Wert gewonnen. Doch wird sich das Aufwertungstempo nun vermutlich etwas beschleunigen - ansonsten stünde Peking als Papiertiger da. Über verminderte Exporte wirkt dies in der Tendenz ebenfalls konjunkturabkühlend.

Steigende Anleiherenditen

In einer ersten Reaktion haben die Devisenhändler am Freitag japanische Yen gegen Dollar und Euro gekauft. Dahinter steht die Einschätzung, dass viele asiatische Währungen wegen großer Leistungsbilanzüberschüsse im Prinzip Aufwertungspotential haben. Dieses Potential wird mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit der eigenen Exportindustrien aber nur zum Tragen kommen, wenn auch der Yuan aufwertet.

Sollten die asiatischen Währungen künftig tatsächlich kräftiger als bisher an Wert gewinnen, müsste sich dies in den Industrieländern in höheren Importpreisen niederschlagen, stellt Eugen Keller, der Chefanlagestratege beim Bankhaus Metzler, heraus. Das könnte den Preisauftrieb beschleunigen und die Anleiherenditen weiter steigen lassen. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen hatte am Freitag mit 4,3 Prozent den höchsten Stand seit knapp drei Jahren erreicht.

Zustrom „heißen Geldes“ bremsen

Für die Analysten von BNP Paribas hat die chinesische Regierung nun ernsthaft begonnen, Investitionsnachfrage und Aktienhausse abzukühlen. Sollten diese Maßnahmen nicht greifen, dürften weitere folgen, meint man bei der französischen Großbank. In der Folge könnte das Klima an den Finanzmärkten rund um den Globus abkühlen. So sind im vergangenen Jahr laut BNP Paribas mehr als 100 Milliarden Dollar an spekulativem Kapital aus dem Ausland nach China geflossen - was die fulminante Aktienhausse dort befeuert habe.

Das Risiko einer stärkeren Yuan-Aufwertung dürfte den Zustrom „heißen Geldes“ bremsen und könnte damit einen Abschwung auf dem chinesischen Aktienmarkt auslösen. Das wiederum könnte dann den Risikoappetit der Anleger ganz allgemein dämpfen. In die gleiche Richtung dürfte wirken, wenn mit der konjunkturellen Abkühlung die Nachfrage Chinas nach Rohstoffen abflaute. Am Montag werde sich am chinesischen Aktienmarkt zeigen, wie die Investoren diese Aussichten einschätzten, meint BNP Paribas.

Aktienindizes erreichen Rekordhöhen

Indes wird der zweite Paukenschlag der Chinesen, drei Milliarden Dollar in einen Blackstone-Fonds zu investieren, die Finanzmärkte eher stimulieren. Aufgrund der permanenten Devisenankäufe hat das Land inzwischen mehr als 1200 Milliarden Dollar an Währungsreserven angehäuft. Monatlich kommen 20 bis 30 Milliarden Dollar hinzu. Anfang März hatte die Regierung angekündigt, davon „mindestens 200 Milliarden Dollar“ in eine Investmentgesellschaft einzubringen. Nun vertraut die Regierung - die offiziell immer noch dem Kommunismus huldigt - ausgerechnet den Erzkapitalisten der Blackstone Group 3 Milliarden Dollar an.

Der Schritt symbolisiert, dass die Währungsreserven in Zukunft nicht mehr fast ausschließlich an die Geld- und Anleihemärkte, sondern verstärkt in Aktien und andere renditestarke Finanzinstrumente fließen werden. Das Potential ist gewaltig: Schon jetzt halten die exportstarken Länder in Asien sowie die schwerreichen Ölexporteure in solchen Investmentgesellschaften, sogenannten Sovereign Wealth Funds, rund 2,5 Billionen Dollar, schätzt Stephen Jen, ein Währungsstratege bei Morgan Stanley. Bis zum Jahr 2015 könnten es 12 Billionen Dollar sein. Den Aktienmärkten steht damit eine dauerhaft starke Nachfrage ins Haus.

In der vergangenen Woche haben sie ihren Aufschwung fortgesetzt: Rund um den Globus erreichten die Aktienindizes, darunter auch der Deutsche Aktienindex Dax, Höhen wie seit sieben Jahren nicht mehr. Der wichtigste amerikanische Index, der breit gefasste S&P 500, schloss am Freitag mit 1523 Punkten nur hauchdünn unter seinem Rekord von 1527 Punkten aus dem Jahr 2000.

Text: F.A.Z., 21.05.2007, Nr. 116 / Seite 26
 
aus der Diskussion: china will yuan aufwerten- auswirkungen für huaneng power
Autor (Datum des Eintrages): hopy00  (21.05.07 18:37:41)
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