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ALLGEMEINE INFOS zur Zulassung neuer Arzneien


22.06.2007 - 09:28 Uhr

FTD: Das kann ja heiter werden


Die Zulassung neuer Arzneien ist für die Pharmabranche längst keine Kleinigkeit mehr. Regelmäßig lassen die Behörden Hoffnungsträger durchfallen und Börsenträume platzen. Künftig kommt es noch dicker.


Sanofi-Aventis ist fassungslos über die Ablehnung seiner Diätpille Acomplia bei der US-Behörde FDA. Begründung: psychische Nebenwirkungen.

GlaxoSmithKline fürchtet das Aus für das umsatzstarke Diabetesmittel Avandia. Risiko: Herzinfarkt.

Das neue Krebsmittel Vectibix vom weltgrößten Biotechkonzern Amgen findet nicht den Zuspruch der Kontrolleure bei der EU-Behörde Emea. Erklärung: Wirksamkeit zweifelhaft.

Drei Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit - eine gemeinsame Wirkung: Aufruhr an der Börse. Die Aktienkurse der betreffenden Konzerne sackten nacheinander auf ein Zweijahrestief. Allen Beteiligten, den Managern, Analysten und Kontrolleuren steckt noch der Skandal um das Schmerzmittel Vioxx in den Knochen. Die Folge für den Hersteller Merck & Co. sowie die Branche waren Tausende Schadensersatzklagen, Imagekrisen und Milliardenverluste. Das mahnte zur Vorsicht. Im Jahr drei nach Vioxx zieht die Politik auf beiden Seiten des Atlantiks die Zügel nun noch fester an.

So feilten am Donnerstag in Washington US-Senatoren an letzten Details für ein Gesetz, das der FDA mehr Einfluss und Geld für zusätzliche Sicherheitskontrollen von Medikamenten gibt. Dazu zahlt die Industrie an die FDA Gebühren von rund 400 Mio. $ jährlich, weitere 225 Mio. $ bringt sie in den kommenden fünf Jahren für die FDA-Observierung von Neueinführungen auf. "Die Nation hat aus den Sicherheitsproblemen mit dem Diabetesmedikament Avandia gelernt", sagte der Vorsitzende des Kongressausschusses, John Dingell, vor wenigen Tagen. Zudem können Verstöße gegen Marketing- und Sicherheitsauflagen mit bis zu 100 Mio. $
Strafe geahndet werden.


Und auch die Emea kann nun härter durchgreifen. Die EU-Kommission hat am 15. Juni eine Verordnung in Kraft gesetzt die Verstöße gegen Emea-Regeln mit hohen Geldbußen ahndet - etwa, wenn Firmen Vorgaben ihrer Arzneimittelzulassungen nicht einhalten, Informationen zur Risikobewertung ihrer Produkte zurückhalten oder deren Nebenwirkungen gar nicht oder erst sehr spät melden.

"Sehr harte Sanktionen"

Die Höchstgrenze der Geldbußen liegt bei fünf Prozent des Jahresumsatzes des betroffenen Zulassungsinhabers. Zulassungsinhaber kann auch eine Konzerntochter sein. "Das dürfte zu ungerechten Bestrafungen führen", sagte Unternehmensanwalt Uwe Fröhlich vom Pharmakonzern Baxter. "Zufälligerweise oder sogar absichtlich kann ein besonders umsatzstarker oder umsatzschwacher Teil eines Konzerns Inhaber der Zulassung sein. Ein Schlupfloch könnten auch Vermarktungspartnerschaften unabhängiger Unternehmen bieten, von denen nur eines die Zulassung hält." Gerechter sei es, die Buße am EU-weiten Umsatz der Arznei festzumachen. "Das sind alles in allem sehr harte Sanktionen", sagt Anwalt Jörg Schickert von der Kanzlei Lovells in München. Er findet manches an der Verordnung unausgereift. "Es gibt noch Schwachstellen, darunter die Frage, wie die Abgrenzung zwischen einzelstaatlichen Strafmaßnahmen und EU-weiten Sanktionen geregelt werden soll."

Das für Zulassungen zuständige Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) habe in der jüngeren Vergangenheit einige Straf- und Bußgeldverfahren eingeleitet, mit unterschiedlichem Ausgang entsprechend der Beweislage, heißt es auf Anfrage. "Ob es in Zukunft wichtiger sein wird, derartige Instrumentarien zur Verfügung zu haben, lässt sich nur schwer einschätzen", so das BfArM. Die im Arzneimittelgesetz für Ordnungswidrigkeiten vorgesehenen Bußgelder von maximal 25.000 Euro seien vergleichsweise gering.

Die Verordnung (EG) 658/2007 zur Auferlegung von Geldbußen durch die Kommission ist ein neuartiges Sanktionsmittel, das es für von der Emea zugelassene Arzneimittel bislang noch nicht gab. "Die Industrie sollte schnellstmöglich alle Schwachstellen abklopfen und Verfahren aufsetzen, die zukünftig Verstöße vermeiden. Dies sollte auch dokumentiert werden", sagte der Anwalt Schickert.

Emea-Chef Thomas Lönngren zumindest will nie mehr einen Tag wie den 30. September 2004 erleben: Weder der Vioxx-Hersteller Merck & Co. noch die FDA-Kollegen hatten ihn frühzeitig über den geplanten Rückruf der Schmerzpille informiert. Die Börse wusste früher Bescheid als er. "Wir wollen von Konzernen so schnell wie möglich informiert werden", sagte er.



Autor/Autoren: Peter Kuchenbuch

http://www.finanztreff.de/ftreff/news.htm?sektion=topthemen&…
 
aus der Diskussion: CLINUVEL PHARMACEUTICALS LTD
Autor (Datum des Eintrages): bernie55  (22.06.07 11:49:56)
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