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[posting]30477852[/posting]Hier ein Auszug aus einem der von mir verlinkten Áufsätze. Bitte den Link lesen, dieser Ausdzug gibt aufgrund einer Fehlfunktion meines Browsers keinee Anführungsszeichen wieder. fettungen stammen von mir.



3.1 Integration - Segregation

In der aktuellen Diskussion spielt die Problematik der Integration eine besondere Rolle. Für einen geschmeidigen Modernisten wie Tariq Ramadan ist es wichtig, die fundamentalen Werte des Islams, wie er sie interpretiert, zu europäisieren, für das Muslimsein in Europa[1] einen Weg zu bahnen. Seinem Buch kann man anmerken, wie schwer es ist, aus dem Islam heraus seine Glaubensgenossen vom Wert der Kunst, Bildung und Demokratie zu überzeugen. Auffällig ist, dass er sich kaum mit Koranzitaten aufhält, sondern seine Vision des Zusammenlebens auf andere Texte stützt. Wegen des Gewichts dieser Frage sollen die koranischen Texte hier ausführlich zitiert werden – nicht zuletzt zur Demonstration eines traditionellen Textverständnisses, mit dem sich die Modernisten gerade nicht auseinandersetzen.

Die mildeste Form der Wahrung der Identität ist die der Abgrenzung der Gemeinschaft nach außen. Dabei ist immerhin die Möglichkeit, sich gegenüber Nicht-Muslimen freundlich zu verhalten, nicht ganz ausgeschlossen, auch wenn sie etwas gewunden klingt und an Bedingungen geknüpft ist: „Allah verbietet euch nicht, gegenüber denjenigen, die nicht gegen euch der Religion wegen gekämpft und euch nicht aus euren Wohnstätten vertrieben haben, gütig zu sein und sie gerecht zu behandeln. Gewiss, Allah liebt die Gerechten“ (60:8). Für Juden bzw. Israelis z. B. lässt sich der Vers nicht ins Feld führen, für sie gilt der folgende Vers 60:9, der den Gläubigen die Freundschaft mit ihnen verbietet.

Die im Folgenden angeführten Verse sind eindeutig eine Aufforderung zur Segregation bzw. der generellen Autonomie der Muslime – zu häufig sind Verse, als dass man ihre Gültigkeit historisierend auf eine bestimmte Situation beschränken könnte. Allgemein sollen sich die Gläubigen nur von innerhalb ihrer Glaubensgemeinschaft Vertraute suchen, insbesondere gilt das Verbot, Ungläubige zu Freunden (oder Vertrauten / Schutzherren / Schutzfreunden / Beschützern) zu nehmen und sie den Gläubigen vorzuziehen. Dabei spielt es eine große Rolle, wie man den in allen Fällen verwendeten arabischen Begriff walî pl. awliyâ\\\' interpretieren soll, dessen Übersetzung, die sich in diesem Artikel grundsätzlich dem Medina-Koran anschließt, als Schutzherren bzw. Vertraute erscheint (und der zur besseren Übersicht in diesem Artikel immer unterstrichen ist).

Die nicht-muslimischen Übersetzer verstehen das Wort einfach als friends (so Bell [1937, 1960: dazu in Fußnote Or patrons]; Ullmann/Winter [1959]; Paret [1962, 1971]; Henning/Rudolph [³1974]; Henning/Schimmel [1990]; Zirker [2003: zu Freund und Beistand]), weil dies dem Sprachgebrauch des Korans an anderer Stelle entspricht, denn es heißt z. B., Die gläubigen Männer und Frauen sind einer des anderen Beschützer, vielleicht besser: Vertraute (9:71 f.). Als Freunde übersetzt auch die türkische Version des Korans von Öztürk [1994: …gönül dostlari edinmeyin…], sowie die persische Interlinear-Übersetzung von Mohammad Kâzim Mo`ezzî [nach 1964: nagîrand mo´menân kâferânrâ dôstânî dschoz mo´menân… (3:28)], und so gibt es auch Abdullah Yusuf Ali wieder [1934: … for your friends and protectors.].

Anders dagegen die neueren Übersetzungen, die von Muslimen auch im Hinblick auf Nichtmuslime geschaffen wurden: Offensichtlich wird von ihnen das Verbot, Ungläubige zu Freunden zu nehmen, als integrationsfeindlich empfunden, so dass man hier auf Schutzfreunde (v. Denffer) oder Schutzherren, seltener auf Vertraute (Medina-Koran), oder auf Beschützer (Ibn Rassoul) ausweicht, was durch seinen eher offiziellen, juristischen Klang die persönliche Freundschaft aus dem Verbot ausschließen soll. Viel gewonnen ist freilich damit nicht, denn dann ist mit dem Verbot das Verhältnis zum Schutzherren der Muslime diskreditiert, nämlich zum Staat, in dem sie als Minderheit leben. Nach einer neueren Theorie müssen die Muslime das Land, in dem sie unter nicht-muslimischer Herrschaft leben, nicht verlassen, wenn ihnen gegenüber dieser Staat als Vertragspartner und Garant vielfältiger Rechte die Ausübung ihrer religiösen Pflichten[2] ermöglicht. Doch, ganz gleich ob sich das Verbot auf die persönliche Freundschaft oder das Verhältnis zur Gesellschaft erstreckt: Die anti-integrative Aussage der Verse ist eindeutig und wird von den Muslimen auch so verstanden; im weitesten Sinne dienen sie damit als ein religiöses, vom Koran gefordertes Verbot, bei Nicht-Muslimen Zuflucht zu suchen, also etwa mit der Polizei, den Behörden oder Gerichten zusammen zu arbeiten.

„O die ihr glaubt, nehmt nicht diejenigen, die sich über eure Religion lustig machen und sie zum Gegenstand des Spiels nehmen, von denjenigen, denen vor euch die Schrift gegeben wurde, und die Ungläubigen zu Schutzherren …(5:57)“. – Die Gläubigen sollen nicht die Ungläubigen anstatt der Gläubigen zu Schutzherren nehmen. Wer das tut, hat überhaupt nichts mit Allah (gemeinsam) – es sei denn, daß ihr euch (durch dieses Verhalten) vor ihnen wirklich schützt. … (3:28). – „O die ihr glaubt, nehmt nicht die Ungläubigen anstatt der Gläubigen zu Schutzherren! Wollt ihr denn Allah eine offenkundige Handhabe gegen euch liefern? Gewiß, die Heuchler werden sich auf dem untersten Grund des (Höllen)feuers befinden … (4:144 f.)“. – Du siehst viele von ihnen diejenigen, die ungläubig sind, zu Vertrauten nehmen. Fürwahr, wie schlimm ist, was sie sich selbst vorausgeschickt[3] haben; (es ist,) daß Allah ihnen gegenüber Sein Mißfallen zeigt; und ewig werden sie in der Strafe bleiben. Wenn sie an Allah und den Propheten und das, was zu ihm (als Offenbarung) herabgesandt worden ist, glauben würden, hätten sie sie [die Ungläubigen] nicht zu Schutzherren genommen. Aber viele von ihnen sind Frevler (5:80 f.). – O die ihr glaubt, nehmt nicht Leute zu Schutzherren, denen Allah zürnt. Sie haben ja die Hoffnung auf das Jenseits aufgegeben … (60:13). – Verkünde den Heuchlern, dass es für sie schmerzhafte Strafe geben wird, (sie,) die die Ungläubigen statt der Gläubigen zu Schutzherren nehmen. Begehren sie (etwa) Macht bei ihnen (zu finden)? Gewiß, alle Macht gehört Allah (4:138 f.). – Sie [die von Allah in die Irre geleiteten] möchten gern, dass ihr ungläubig werdet, so daß ihr (alle) gleich seiet. Nehmt euch daher von ihnen keine Vertrauten, bevor sie nicht auf Allahs Weg auswandern! Kehren sie sich jedoch ab, dann ergreift sie und tötet sie, wo immer ihr sie findet, und nehmt euch von ihnen weder Schutzherrn noch Helfer, … (4:89).

O die ihr glaubt, nehmt keine Vertrauten außer von euch. Sie scheuen keine Mühe, euch zu verwirren, und möchten gern, dass ihr in Bedrängnis geratet. Schon wurde aus ihren Mündern Haß offenkundig, aber was ihre Brüste verborgen halten, ist (noch) schwerwiegender … (3:118). – O die ihr glaubt, nehmt nicht Leute zu Schutzherren, denen Allah zürnt. Sie haben ja die Hoffnung auf das Jenseits aufgegeben, so wie die Ungläubigen die Hoffnung (auf Wiederauferstehung) der (Toten) in den Gräbern aufgegeben haben. (60:13) – Euer Schutzherr ist (allein) Allah und (auch) Sein Gesandter und diejenigen, die glauben, das Gebet [salâh] verrichten, die [zakâh-] Abgabe entrichten und zu den sich Verbeugenden gehören. Wer sich Allah zum Schutzherrn nimmt und (auch) Seinen Gesandten und diejenige, die glauben, - gewiß, die Anhängerschaft Allahs[4] wird der Sieger sein (5:55 f.). Ähnlich sind die Stellen 4:123, 173; 26:100 f.; 32:4; 40:18 und 42:31. – Das Kriterium der Gläubigkeit kann sogar die Familien zerreißen, denn auch von den ungläubigen Vätern oder Brüdern soll man Abstand halten (4:135; 6:152; 9:23, 113 f., 123; 29:8; 31:14 f.; 58:22).

O die ihr glaubt, nehmt nicht Meine Feinde und eure Feinde zu Schutzherren, indem ihr ihnen Zuneigung entgegenbringt, wo sie doch das verleugnen, was von der Wahrheit zu euch gekommen ist, und den Gesandten und euch selbst vertreiben, weil ihr an Allah, euren Herrn, glaubt. (Nehmt sie nicht zu Schutzherren), wenn ihr wirklich ausgezogen seid zum Abmühen auf meinem Weg und im Trachten nach Meiner Zufriedenheit[5] . (Tut das nicht, indem) ihr ihnen heimlich Zuneigung zeigt, wo Ich doch besser weiß, was ihr verbergt und was ihr offenlegt. … Und wenn sie auf euch treffen, sind sie euch feind und strecken gegen euch ihre Hände und ihre Zungen zum Bösen aus. Sie möchten gern, ihr würdet ungläubig. (60:1 f).

3.2 Die Diskriminierung der Gläubigen

In der europäischen Diaspora des Islams entspricht es einem Bedürfnis, die Lage dieser Religion als unterdrückt und missachtet darzustellen, was dann voller Empörung in alle Winkel der Welt verbreitet werden kann. Die reflexartige Reaktion der Muslime ist der Vorwurf der Beleidigung des Islams oder Mohammeds oder eines einzelnen Muslims. Das Argument ist geeignet, einerseits die Proteste in den islamischen Staaten zu fördern, denn welches islamische Regime könnte wohl einer Verteidigung der Religion in den Arm fallen! Und auf der anderen Seite löst es in Europa ein schlechtes Gewissen aus und appelliert an die Gewährung von Schutzrechten für ihre religiösen Bedürfnisse.
 
aus der Diskussion: Ein mutiger Kommentar zu islamistischem Terror in der 'Welt'
Autor (Datum des Eintrages): derbewunderer  (03.07.07 23:02:15)
Beitrag: 8 von 62 (ID:30478046)
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